Das Problem: Panikattacken als Beifahrer im Auto, wenn die Geschwindigkeit schneller als 80 km/h war
Das Problem tauchte spontan während meiner Fahrstunde auf als ich auf einer Landstrasse fuhr. Ich fuhr als Fahrschülerin gerade so 70 km/h als mich mein Fahrlehrer fragte ob es mir gut gehe. Ging es nicht. Starrer Blick, totale Angst, Tunnelblick. Der Fahrlehrer bat mich bei der nächsten Abfahrt links abzubiegen damit wir von der Landstraße runterkommen. Ich habe die Ausfahrt nicht gesehen und wie gelähmt nur noch geradeaus gefahren. (Tunnelblick) Stammelte vor mich hin: ich habe Angst. Mit Mühe habe ich noch einen Parkplatz gefunden und bin wie benommen drauf gefahren. Habe Schlaglöcher nicht gesehen, konnte nicht richtig wenden. War nach der Fahrt völlig fertig, schweiß gebadet und panisch. Ganz zitterig bin ich aus dem Auto gestiegen.
Nach dieser Aktion gab es ein längeres Gespräch mit meinem Fahrlehrer, der mir nahelegte mit dem Problem umzugehen, sonst könnte er mich nicht zur Fahrprüfung zulassen, geschweige denn eine Trainingsfahrt auf der Autobahn durchführen. Ca. 3 Wochen hatte ich Zeit, denn meine theoretische Prüfung hatte ich bestanden und ein Termin für die praktische Prüfung stand auch schon einigermaßen fest.
Problemanalyse:
Nach dieser Fahrstunde sind mir wieder die Geschichten eingefallen wie ich mich als Beifahrer verhalten habe und wie oft ich schon diese Panikattacken habe.
Die ersten bewussten Attacken hatte ich so mit 28. In dieser Zeit war ich sehr oft im Auto unterwegs als Beifahrer. Ich machte mir zur Angewohnheit, nachdem ich schon mehrfach zusammen geschissen wurde, nicht dauernd aufzuschreien in Panik, vorher mir eine Valium zu verpassen. Mein damaliger Freund hätte beinahe bei meiner ersten Attacke den Wagen vor Schreck verrissen.
Später habe ich dann gelernt, mich abzulenken mit Lesen oder Schlafen. Dank iPod kamen dann Hörbücher per Kopfhörer hinzu. Eigentlich war ich ein völlig unbrauchbarer Beifahrer wenn ich nicht beschäftigt war. Daher wurde ich angelernt, Straßenkarten zu lesen.
Rückführung zum Beginn des Problems:
Mit Hilfe von geführten Reisen - bzw. einer Art Rückführung habe ich dann herausgefunden, wann die negative Programmierung begann. Als Hilfsmittel bediente ich mich mit dem Selbstheilungsprogramm von Rüdiger Dahlke "Angstfrei leben". Vor dem Einschlafen hörte ich diese CD.
Damit schaffte ich es, Szenen zu durchleben, erst richtig angstbesetzt und später als Beobachter.
Es fing an, da war ich so ungefähr 8 Jahre alt. Meine Mutter hatte das schnelle Autofahren nie gemocht und sagte zu meinem Vater: "Hugo fahr nicht so schnell - mein Herz bleibt stehen!" Mein Vater war Berufsfahrer und sehr erfahren - 40 Jahre unfallfrei.
Eines Tages fuhr meine Mutter wieder mit mir und meinem Vater auf der Autobahn - ich sass auf dem Beifahrersitz (nicht angeschnallt, 70er Jahre), mein Vater hinter mir.
Er bat meine Mutter, zügiger zu fahren. Tat sie aber nicht und er meinte, sie könne die nächste Abfahrt nehmen, so bringe das ja nichts, dann könne man ja auch Landstraße fahren. Plötzlich sagte mein Vater "Hee, du bist gerade an der Ausfahrt vorbei, du musst doch rechts raus!". Meine Mutter bremst, zieht den Wagen nach rechts über den Grünstreifen und fährt zur Ausfahrt. Während des Bremsvorgangs falle ich in den Fußraum und mein Vater hängt quasi über mir. Danach gab es ein ziemliches Geschrei von meinem Vater. Meine Mutter meidete danach erst recht die Autobahn und mein Vater musste halt das Gejammer meiner Mutter ertragen, ich natürlich auch.
Somit wurde ich negativ konditioniert.
Problemlösung:
In den 3 Wochen hörte ich die 1. Woche regelmäßig das Selbstheilungsprogramm und lebte bewusst die Ängste aus. Ich stellte mir Szenen vor, wo ich richtig schnell auf der Autobahn fahre und Angst bekomme. Dann sage ich zu der Angst: "Du kommst nicht von mir, das ist die Angst meiner Mutter, nicht meine Angst - ich brauche dich nicht."
In den letzten 2 Wochen habe ich es dann mit Klartraum versucht. Es hat nicht jeden Abend geklappt, aber bestimmt so 3 x die Woche. Ich bin immer wieder in die Szene gegangen wo ich über die Autobahn jage, immer schneller und wenn es mir mulmig wurde, bin ich einfach hoch gefahren, oder habe alle anderen überholt, sodass ich allein auf der Autobahn war.
Problemerprobung:
Meine 1. Landstraßenfahrt verlief ohne Panik. Ich hatte ein Zeichen mit meinem Fahrlehrer ausgemacht, er beobachtete mich auch ständig und fragte ab und zu nach meinem Befinden. Wir steigerten langsam das Tempo und jedesmal fragte er mich, wie ich mich fühle. Ich war unglaublich glücklich, dass ich mich bei Tempo 100 km/h noch sicher fühlte.
Dann der große Tag auf der Autobahn:
Wie es so kommen musste blieb mir nichts erspart: Kaum auf der Autobahn - Platzregen, viele LKW, ich fuhr erstmal so 100 km/h, dann Überholen von LKW, nicht viel gesehen durch Spritzwasser. Immer noch ruhig. Dann hörte der Regen auf und die Sicht wurde besser, Tempo 130 km/h. Auf den Rastplatz gefahren, kurze Pause, Lagebesprechung und dann ging es weiter. Bin an dem 1. Tag 140 km/h gefahren. Keine Panik.
Ich glaube, mein Fahrlehrer war mehr erleichtert als ich.
Nächster Tag. Wieder Autobahn. Diesmal trockenes Wetter! Autobahnauffahrt alles ok. Mein Fahrlehrer: "Fahr mal so schnell wie du es dir zutraust, wie so dein Gefühl ist". Ich gab Gas, war ganz ruhig, den Tag bin ich das 1. Mal 170 km/h gefahren. Wow. Zwar nur kurz, er meinte dann 130 km/h langt, schneller brauch ich nicht zu fahren.
Fazit: Fahrprüfung sofort bestanden und nie wieder Panik bekommen, auch nicht mehr als Beifahrer
Habe seit 8/2007 meinen Führerschein, fahre bestimmt im Moment 2x die Woche Autobahn, bin auch schon längere Strecken allein gefahren, auch unbekannte Strecken. Ein Intensiv-Sicherheitstraining mit dem PKW hatte ich im Februar - da durfte ich richtig Gefahrensituationen erleben, so wie Schleudern auf nasser Fahrbahn, geplatzter Reifen bei Tempo 100. Es hat richtig Spaß gemacht.
Ich hatte 40 Jahre lang ein Trauma und jetzt ist es endlich weg.
Allerdings habe ich dann erst nach 6 Wochen die Fahrprüfung gemacht, weil ich 100% sicher gehen wollte.