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das nichts oder die grenzen der sprache

das nichts oder die grenzen der sprache
#1
28.04.2009, 20:50 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.05.2009, 16:14 von spell bound.)
hinweis: die folgenden beiträge stammen ursprünglich aus diesem thread: http://www.klartraumforum.de/forum/showt...p?tid=1037 (siehe betreff der jeweiligen postings). - spell]




(28.04.2009, 14:25)ricky_ho schrieb: Ich habe ja schon viel umfassender die Frage gestellt, die eben auch der Materialismus nicht beantwortet: Warum gibt es überhaupt etwas und nicht einfach nichts? Oder wie es irgendein Physiker (glaube ich) formulierte: Warum um alles in der Welt macht sich das Universum die Mühe, zu existieren?
Das Zitat klingt so als wäre die Existenz eine Alternative zur Nichtexistenz. Aber vielleicht ist die Existenz ja notwendig? Vielleicht ist das "Nichts" gar keine Alternative, sondern lediglich eine Erfindung des Menschen. Die Definition des Nichts schließt ja eine Definition aus, weil es nichts zu definieren gibt... big Also ist das "Nichts" nach meinem Verständnis unmöglich, das es sich logisch nicht begünden(?) lässt. Im Gegensatz zur Existenz, die aus meiner Erfahrung heraus sehr wohl notwendig ist.
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RE: der sinn des lebens...
#2
29.04.2009, 15:20
(28.04.2009, 20:50)Gorthaur schrieb: Das Zitat klingt so als wäre die Existenz eine Alternative zur Nichtexistenz. Aber vielleicht ist die Existenz ja notwendig? Vielleicht ist das "Nichts" gar keine Alternative, sondern lediglich eine Erfindung des Menschen. Die Definition des Nichts schließt ja eine Definition aus, weil es nichts zu definieren gibt... big Also ist das "Nichts" nach meinem Verständnis unmöglich, das es sich logisch nicht begünden(?) lässt. Im Gegensatz zur Existenz, die aus meiner Erfahrung heraus sehr wohl notwendig ist.

Ja, zu ungefähr diesen Gedanken komme ich auch, wenn ich drüber nachdenke. Aber irgendwie beantwortet das nicht wirklich die Frage. Und woher wollen wir eigentlich wissen, dass Existenz notwendig ist? Klar, damit wir drüber nachdenken können und so. Aber wieso sollte das so sein?

Irgendwann komme ich dann zu dem Schluss, dass es unser begrenzter Verstand ist, der uns bei dieser Frage im Kreis drehen lässt. Es ist so, wie es ist und wie es sein muss. Was wir Menschen sehen und uns vorstellen, ist eine ganz andere Frage und kann durchaus in sich völlig widersprüchlich sein.

Aber dann kommt sofort wieder die Frage: Ja, aber wie ist es denn dann wirklich? Was gibt es denn? Irgendwas ist ja da, sonst würde ich ja nichts sehen und könnte über nichts nachdenken, frei nach Descartes. Also was ist das, was da ist, und warum ist das überhaupt da, warum gibts nicht einfach nichts? Warum sollte sich das Universum daran stören, dass das Nichts vielleicht logisch nicht definiert sein kann, und dann darum existieren?

Also ich denke, alles wäre viel einfacher, wenn es einfach nichts gäbe. Keine Fragen, keine Antworten. Keine physikalischen Gesetze, keine Zahlen, kein Bewusstsein, keine Materie - einfach nichts. Keine Widersprüche, keine Fragen danach, was vor dem Anfang war oder hinter der Grenze ist. Nichts.

Aber es ist nicht nichts. Da ist was. Und das was da ist stellt uns vor unlösbare Fragen. Wer sind wir überhaupt? Also ich komme immer mehr zu der Überzeugung, das diese Fragen sehr eng zusammenhängen, also die Frage danach, warum es eigentlich ein Universum gibt und wer wir eigentlich sind. Die Vorstellung, dass der Mensch als sinnloses Nebenprodukt einfach so in einem sinnlosen Universum entstanden ist, erscheint mir immer absurder.

Und ich schliesse immer weniger aus, dass diejenigen, die nicht nur den Verstand und die Logik benutzen sondern andere Bewusstseinszustände verwenden und andere Arten der Erkenntnisgewinnung möglicherweise wirklich irgendwann die Antwort bekommen können und dann erleuchtet sind. Wie Buddha, der die Dinge gesehen hat, wie sie sind, und erwacht ist.
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RE: der sinn des lebens...
#3
29.04.2009, 19:27
(29.04.2009, 15:20)ricky_ho schrieb: Irgendwann komme ich dann zu dem Schluss, dass es unser begrenzter Verstand ist, der uns bei dieser Frage im Kreis drehen lässt.
vielleicht ist auch einfach die frage schon unsinnig, weshalb wir uns im kreis drehen.


Zitat:Also ich denke, alles wäre viel einfacher, wenn es einfach nichts gäbe.
was soll das eigentlich sein, "nichts"?
man kann sich vorstellen, dass in einer schachtel "nichts" drin ist, man kann sich vorstellen, dass sich an einem ort "nichts" bewegt, aber das sind alles relative bezeichnungen, die erst sinn dadurch ergeben dass sie in der tat eine alternative kennen, und dass man in gewisser hinsicht sogar noch sagen könnte "doch, da ist schon etwas: luft", "doch, da bewegt sich etwas, die atome", etc.
aber ein absoluter begriff des nichts? genauso unsinnig wie ein absoluter begriff von existenz.


Zitat:Und ich schliesse immer weniger aus, dass diejenigen, die nicht nur den Verstand und die Logik benutzen sondern andere Bewusstseinszustände verwenden und andere Arten der Erkenntnisgewinnung möglicherweise wirklich irgendwann die Antwort bekommen können und dann erleuchtet sind. Wie Buddha, der die Dinge gesehen hat, wie sie sind, und erwacht ist.
oder wie wäre es mit jesus, der bald kommt und uns alle heimsucht und die erkenntnis gottes einpflanzt? augenroll
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: der sinn des lebens...
#4
29.04.2009, 21:44
Ich frage mich wie man überhaupt darauf kommt, dass es nichts geben könnte. Diese Frage scheint mir mindestens so berrechtigt, wie die Frage, warum es etwas gibt. Bloss kenn ich auf letzteres eine Antwort. Cogito ergo sum, bzw anthropisches Prinzip, es ist so, es existiert, weil ich/wir bin/sind.
Die Antwort ist so einfach und reicht doch vollkomen aus, um zu erklären, dass es die Existenz gibt. Aber irgendwelche Anhaltspunkte für die Nichtexistenz, für das Nichts, gibt es die?

Selbst das, was man so als das große Drumherum, das Danach oder Davor beschreibt, ist ja irgendwas, wenn auch nur ein Gedanke. Aber doch mehr als Nichts.

Könnte es nicht sein, dass Bewusstsein Nichtexistenz vollkommen auschließt? Stellt euch ein Universum vor und niemand geht hin. big Existiert es dann? Ist dass dann Nichts? Oder gibt es dass, weil ich es mir gerade vorstelle.

Zitat:Irgendwann komme ich dann zu dem Schluss, dass es unser begrenzter Verstand ist, der uns bei dieser Frage im Kreis drehen lässt.
Es ist nicht der begrenzte Verstand, sondern der Verstand selbst. Denn wie will ich denn etwas begreifen, was nicht begreifbar ist, weil es vorraussetzt, dass kein Verstand existiert? Das Nichts muss letztlich unbegreifbar sein, um wirklich nichts zu sein.
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RE: der sinn des lebens...
#5
30.04.2009, 10:22
(29.04.2009, 19:27)spell bound schrieb:
(29.04.2009, 15:20)ricky_ho schrieb: Irgendwann komme ich dann zu dem Schluss, dass es unser begrenzter Verstand ist, der uns bei dieser Frage im Kreis drehen lässt.
vielleicht ist auch einfach die frage schon unsinnig, weshalb wir uns im kreis drehen.

Ist das nicht im Grunde dasselbe? Es ist doch der Verstand, der diese Frage erschafft und sich dann mit ihr beschäftigt.

Zitat:was soll das eigentlich sein, "nichts"?

Einfach nichts. Natürlich kann man sich das genausowenig vorstellen wie die Unendlichkeit, da das nichts in unserer Erfahrung nicht vorkommt. Denn wenn nichts ist, ist keine Erfahrung, und wenn Erfahrung ist, ist nicht nichts.

Zitat:man kann sich vorstellen, dass in einer schachtel "nichts" drin ist,

Also das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn da eine Schachtel ist, dann ist da nicht mehr "nichts". Nichts kann auch nicht "in" etwas sein, denn wenn etwas "in" etwas ist, dann ist das eine räumliche Beziehung und dann ist da Raum.

Zitat: man kann sich vorstellen, dass sich an einem ort "nichts" bewegt, aber das sind alles relative bezeichnungen,

Eben, relativ. Das Nichts kann nicht relativ zu etwas sein.

Zitat:die erst sinn dadurch ergeben dass sie in der tat eine alternative kennen, und dass man in gewisser hinsicht sogar noch sagen könnte "doch, da ist schon etwas: luft", "doch, da bewegt sich etwas, die atome", etc.

Genau. Aus all dem schliessen wir, dass nicht "Nichts" ist, sondern etwas.

Zitat:aber ein absoluter begriff des nichts? genauso unsinnig wie ein absoluter begriff von existenz.

Natürlich ist ein absoluter Begriff vom "Nichts" unsinnig, denn das einzige, was wir wissen, ist ja, dass es das "Nichts" nicht gibt, denn da ist ja was. Trotzdem kann man sich die Frage stellen, warum denn da überhaupt was ist. Meiner Meinung nach ist das die eine zentrale philosophische Frage (die sich den meisten Menschen übrigens gar nicht stellt, weil sie gar nicht verstehen, was das für eine Frage sein soll).

Zitat:oder wie wäre es mit jesus, der bald kommt und uns alle heimsucht und die erkenntnis gottes einpflanzt? augenroll

Dass Jesus ein Erleuchteter war (oder zumindest ein Mystiker, der auf nichtrationale Erkenntnisweisen zurückgegriffen hat), schliesse ich auch nicht aus. Viele seiner Aussprüche haben starke Ähnlichkeiten mit denen anderer Mystiker.

(29.04.2009, 21:44)Gorthaur schrieb: Ich frage mich wie man überhaupt darauf kommt, dass es nichts geben könnte. Diese Frage scheint mir mindestens so berrechtigt, wie die Frage, warum es etwas gibt.

Natürlich, es ist ja im Grunde dieselbe Frage, nur anders formuliert.

Zitat:Bloss kenn ich auf letzteres eine Antwort. Cogito ergo sum, bzw anthropisches Prinzip, es ist so, es existiert, weil ich/wir bin/sind.
Die Antwort ist so einfach und reicht doch vollkomen aus, um zu erklären, dass es die Existenz gibt.

Nein, überhaupt nicht. Denn das verschiebt nur den Fokus der Frage. Jetzt ist die Frage: Warum existiere ich? Warum gibts mich eigentlich und nicht nichts? Ungefähr das meinte ich ja auch mit:
ricky_ho schrieb:All diese Dinge sind zumindest nötig, damit es uns Menschen geben kann. Damit reduziert sich all das letztlich auf die Frage, ob das menschliche Leben einen Sinn hat.

Zitat:Aber irgendwelche Anhaltspunkte für die Nichtexistenz, für das Nichts, gibt es die?

Nein, es ist sogar nicht krasser, wir wissen, dass es das Nichts nicht gibt. Aber die Frage ist: warum?

Zitat:Könnte es nicht sein, dass Bewusstsein Nichtexistenz vollkommen auschließt? Stellt euch ein Universum vor und niemand geht hin. big Existiert es dann? Ist dass dann Nichts? Oder gibt es dass, weil ich es mir gerade vorstelle.

Wenn du es dir grade vorstellst, gibt es ja dich, also nicht Nichts.


Zitat: Es ist nicht der begrenzte Verstand, sondern der Verstand selbst. Denn wie will ich denn etwas begreifen, was nicht begreifbar ist, weil es vorraussetzt, dass kein Verstand existiert? Das Nichts muss letztlich unbegreifbar sein, um wirklich nichts zu sein.

Ja, aber das ist eigentlich nicht die Frage. Es geht nicht darum, ob wir uns das Nichts wirklich vorstellen oder es begreifen können. Die Frage ist auch nicht, ob es vielleicht in Wirklichkeit gar nichts gibt. Dass das nicht der Fall ist, wissen wir, denn wenn nichts wäre, würden wir uns jetzt keine Gedanken machen.

Die Frage ist: Warum ist nicht Nichts? Warum gibt es überhaupt irgendetwas?
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RE: der sinn des lebens...
#6
30.04.2009, 15:23 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.04.2009, 15:27 von spell bound.)
(30.04.2009, 10:22)ricky_ho schrieb:
(29.04.2009, 19:27)spell bound schrieb:
(29.04.2009, 15:20)ricky_ho schrieb: Irgendwann komme ich dann zu dem Schluss, dass es unser begrenzter Verstand ist, der uns bei dieser Frage im Kreis drehen lässt.
vielleicht ist auch einfach die frage schon unsinnig, weshalb wir uns im kreis drehen.
Ist das nicht im Grunde dasselbe? Es ist doch der Verstand, der diese Frage erschafft und sich dann mit ihr beschäftigt.
wenn der verstand eine sinnlose frage erschafft, kann man aber nicht sagen, der verstand wäre einfach zu unausgereift, um die frage zu beantworten; wie wenn ein wesen mit einem übermäßigen verstand (oder dein idealtyp des erleuchteten) dann doch in der lage wäre, sie zu beantworten.
ich vielmehr sage: der einzig sinnvolle akt, mit dieser frage umzugehen ist, sie zurückzuweisen. (vielleicht würden "erleuchtete" auch gerade das tun)


Zitat:
Zitat:was soll das eigentlich sein, "nichts"?
Einfach nichts.
du erklärst den begriff mit sich selbst. super! wie würdest du es denn einem kind beibringen?


Zitat:
Zitat:man kann sich vorstellen, dass in einer schachtel "nichts" drin ist,
Also das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn da eine Schachtel ist, dann ist da nicht mehr "nichts". Nichts kann auch nicht "in" etwas sein, denn wenn etwas "in" etwas ist, dann ist das eine räumliche Beziehung und dann ist da Raum.
du willst mir sagen, du könntest dir nicht vorstellen, dass jemand z.b. auf die frage, was er da in seiner schachtel hätte, antwortete mit: "nichts"? würdest du nicht selber manchmal sowas sagen?
du magst einwenden, das wäre keine exakte verwendung von dem begriff; aber wärest du in jeder einer solchen situation geneigt, zu sagen: "stimmt ja garnicht! da ist ja luft drin!"?
aber machen wirs noch eindeutiger: stell dir vor, es gibt in einem spiel schachteln und einen gegenstand, den man unter einer dieser schachteln versteckt. die andern sind leer. nun muss ein anderer erraten, was in jeder einzelnen schachtel drin ist und gewinnt, wenn er alles richtig errät. würde es nicht vollkommen exakt und legitim sein, wenn er rät, in einer schachtel wäre "nichts drin"?

und so ähnliche verwendungsweisen des wortes sind üblich. von "dem nichts an sich" zu reden hingegen kommt nur bei philosophen vor, die der seltsamen krankheit erliegen, alles zu verabsolutieren.

Zitat:
Zitat: man kann sich vorstellen, dass sich an einem ort "nichts" bewegt, aber das sind alles relative bezeichnungen,
Eben, relativ. Das Nichts kann nicht relativ zu etwas sein.
ich sage: die einzige sinnvolle verwendungsweise für "nichts" ist eine, in der es eine relative ist. selbiges gilt im übrigen für jeden begriff, also auch für "existenz" oder "unendlichkeit".


Zitat:Natürlich ist ein absoluter Begriff vom "Nichts" unsinnig, denn das einzige, was wir wissen, ist ja, dass es das "Nichts" nicht gibt, denn da ist ja was.
gerade hier redest du davon, ein absoluter begriff davon wäre unsinnig, und im gleichen zug verwendest du diesen unsinnigen begriff.
deshalb ist es auch legitim dir weiter zu widersprechen: nein, wir "wissen" nicht, dass es nichts nicht gibt. genausowenig wie wir "wissen", dass es "etwas" gibt. zu sagen, man wisse etwas, setzt voraus, dass etwas in zweifel stehen kann. aber wie sähe ein sinnvoller zweifel daran aus, dass es nichts nicht gibt? ich kann zweifeln ob etwas in der schachtel drin ist, weil ich diesen zweifel prinzipiell auch wieder gut machen kann, indem ich es überprüfe, ob da was drin ist. aber wie überprüft man, ob es "etwas" oder "nichts" ohne kontext gibt? wie vergewissert man sich dessen? gibt es dafür kriterien?


Zitat:Trotzdem kann man sich die Frage stellen, warum denn da überhaupt was ist. Meiner Meinung nach ist das die eine zentrale philosophische Frage (die sich den meisten Menschen übrigens gar nicht stellt, weil sie gar nicht verstehen, was das für eine Frage sein soll).
auch hier: man kann sich wundern über die existenz von etwas bestimmtem; das passiert normalerweise dann, wenn man nicht damit gerechnet hätte, dass es da ist, auftaucht, bestehen bleibt oder dergleichen. und der grund warum man damit nicht rechnet liegt darin, dass man bestimmte alternativen für selbstverständlicher hielt. wie aber willst du dich über "alles" wundern? es gibt ja keine alternativen zu "allem", die man für wahrscheinlicher, oder für selbstverständlich hielte (ausser wenn man z.b. gerade aus einem traum erwacht, der einem eben noch als die ganz normale existenzweise der welt vorkam. aber dann wundert man sich auch nicht über existenz an sich, sondern nur darüber, dass der traum doch nicht die realität hatte, die er beanspruchte.)
metaphysiker kommen über die verabsolutierung der begriffe dann in der tat zu so seltsamen zuständen, in denen sie sich etwas vorstellen, das sie "nichts" nennen (z.b. einen dunklen raum), zugleich aber sagen, dass diese vorstellung nicht das beschreibe, was sie sich vorstellen, und sich dann wundern, wie das eigentlich möglich sei, was da vor sich gehe, und wieso dieser seltsame leere raum, der kein leerer raum ist, nicht anstelle all dessen da sein könnte, was man sonst so kennt.

die seltsame charakteristik solcher philosophen ist, jede neue vorstellung, die man vom "nichts" hat, wieder zu verwerfen, weil "das ja nicht nichts" sei. so wundert man sich über eine spezielle welt (die, die man kennt), und hat dabei ein als evident erscheinendes bild im kopf, das die grundlage des wunderns darstellt (der leere raum, der "viel einfacher" wäre), von dem man aber sagt, es wäre eine falsche, oder unbeholfene vorstellung, und daher auch nicht die grundlage des wunderns. man baut sich ein absolutum, das man gut versteckt: es ist und ist zugleich nicht, in seltsamer weise.
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RE: der sinn des lebens...
#7
30.04.2009, 17:15
(30.04.2009, 15:23)spell bound schrieb: wenn der verstand eine sinnlose frage erschafft, kann man aber nicht sagen, der verstand wäre einfach zu unausgereift, um die frage zu beantworten;

Ich hab auch nicht "unausgereift" gesagt.

Es geht um die Gesamtsituation. Die Frage, die Tatsache, dass wir uns ständig mit ihr beschäftigen, dabei wohl nie zu einem Ende kommen werden. Dies insgesamt ist eine Sache des Verstandes. Und dass das ganze nicht zu einem Ende kommt, sondern ein endloses im Kreise drehen ist, liegt in der Natur des Verstandes, nämlich insofern, dass dieser nicht das gesamte Universum beschreiben kann.

Zitat:wie wenn ein wesen mit einem übermäßigen verstand (oder dein idealtyp des erleuchteten) dann doch in der lage wäre, sie zu beantworten.

Nein, ich denke nicht an einen übermässigen Verstand. Der Verstand ist aufgrund seiner Natur, seiner Wesensart nicht in der Lage, alles zu erklären. Ob der eine etwas mehr Verstand hat als der andere, spielt dabei keine Rolle.

Ein Erleuchteter hat nicht einen übermächtigen Verstand, sondern er verwendet (vielleicht zusätzlich) alternative Erkenntnisweisen, er löst sich vielleicht von Begriffen und logischen Schlüssen, die die Grundlage des Verstandes sind, sieht die Dinge, wie sie sind, bevor sich die Begriffe bilden.

Zitat:ich vielmehr sage: der einzig sinnvolle akt, mit dieser frage umzugehen ist, sie zurückzuweisen. (vielleicht würden "erleuchtete" auch gerade das tun)

Manche Erleuchtete machen sich aber auch einen "Spass" daraus, gerade solche sinnlosen Fragen zu stellen und nenne das dann "Zen-Koan". Sie scheinen gar nicht der Meinung zu sein, dass es total verschwendete Zeit ist, wenn sich ihre Schüler mit solchen Koans beschäftigen.

Zitat:
Zitat:
Zitat:was soll das eigentlich sein, "nichts"?
Einfach nichts.
du erklärst den begriff mit sich selbst. super!

Du sagst doch selber, dass der Begriff vom "Nichts" sinnlos ist. Also ist doch auch klar, dass es für ihn keine sinnvolle Definition geben kann. Obwohl du selber doch sagst, dass der Begriff sinnlos ist, stürzt du dich auf ihn und willst ihn definiert haben.

Wir haben irgendwie wieder das alte Problem: es lässt sich eben nicht alles in Begriffe packen, aber wir haben hier eben nichts anderes zur Verfügung, um zu kommunizieren.

Zitat:würde es nicht vollkommen exakt und legitim sein, wenn er rät, in einer schachtel wäre "nichts drin"?

Was soll das sein, "vollkommen exakt und legitim"? Diese Formulierung musst du relativieren und in einen Kontext setzen. Dann kannst du auch entscheiden, ob irgendwas exakt und legitim ist. Und was dabei für die Bedeutung von "nichts" rauskommt, hat sicher nichts mit dem "Nichts" zu tun, dass dafür stehen soll, dass nichts existiert. Dieses "nichts" im Sinne von "da ist nichts in der Schachtel" ist nichts anderes als ein logischer Operator, nämlich die Verneinung, die jede Aussage in ihr Gegenteil verkehrt. "Da ist nichts in der Schachtel" bedeutet dann nichts anderes als "Da ist nicht X in der Schachtel". Ob irgendwas anderes in der Schachtel ist, ist dafür irrelevant. Aber es ist immer irgendwas anderes in der Schachtel, und wenn es nur leerer Raum ist.

Zitat:und so ähnliche verwendungsweisen des wortes sind üblich. von "dem nichts an sich" zu reden hingegen kommt nur bei philosophen vor, die der seltsamen krankheit erliegen, alles zu verabsolutieren.

Ja, das mag schon sein. Aber ich fühle mich da nicht angesprochen. Die Frage "Warum gibt es überhaupt irgendwas?" ist sehr subtil. Wenn man sich die Frage stellt, ist das eigentlich mehr eine Art Gefühl, weniger eine Sache des Verstandes. Zu sagen: "Die Frage ist sinnlos, denn Nichts ist ein sinnloser Begriff und somit hat die Frage, warum es nicht Nichts gibt, keine Bedeutung." - das ist der reine Verstand. Das ist genau die Logik, die um ihre Begriffe tanzt und sich im Kreise dreht. Und dann zum Schluss kommt, dass eben einfach mit der Frage was nicht stimmt, und sie zurückgewiesen werden muss. Du machst viele Worte und streitest um Bedeutung und Begriffe, all das ist der pure Verstand in Aktion. Wir können ewig so weitermachen. Die Bedeutung der Frage "Warum existiert überhaupt irgendwas?" spürt man, oder man spürt sie nicht.

Zitat:nein, wir "wissen" nicht, dass es nichts nicht gibt. genausowenig wie wir "wissen", dass es "etwas" gibt.

Du hast also keine Ahnung, was ich meine? Jetzt mal unabhängig davon, was exakt irgendwelche Begriffe bedeuten?

Ich denke schon, dass du weisst, was ich meine. Ich glaube nicht, dass du sagen würdest, dass es möglich wäre, dass nichts existiert. Du weisst, dass du existierst. Möglicherweise kannst du das nicht begrifflich beweisen, weil es kein vollständiges und widerspruchfreies Begriffssystem gibt, das aber nötig wäre, um den vollständigen Beweis zu führen.

Trotzdem weisst du es. Du weisst ganz genau, dass nicht Nichts ist.

Komm, gibs zu big

Zitat:zu sagen, man wisse etwas, setzt voraus, dass etwas in zweifel stehen kann. aber wie sähe ein sinnvoller zweifel daran aus, dass es nichts nicht gibt? ich kann zweifeln ob etwas in der schachtel drin ist, weil ich diesen zweifel prinzipiell auch wieder gut machen kann, indem ich es überprüfe, ob da was drin ist. aber wie überprüft man, ob es "etwas" oder "nichts" ohne kontext gibt? wie vergewissert man sich dessen? gibt es dafür kriterien?

Wenns nichts gäbe, könnten wir jetzt nicht drüber diskutieren. Das ist für mich unbestreitbar. Und diese Überzeugung mache ich nicht von irgendwelchen Begriffen abhängig. Das ist eine existentielle Erfahrung, für die ich keine Begriffe benötige und die sich mit Begriffen nicht begründen oder beweisen lässt, eben weil die existentielle Ebene die begriffliche transzendiert. Aber wenn nichts existieren würde, gäbe es auch keine Begriffe.

Zitat:metaphysiker kommen über die verabsolutierung der begriffe dann in der tat zu so seltsamen zuständen, in denen sie sich etwas vorstellen, das sie "nichts" nennen (z.b. einen dunklen raum), zugleich aber sagen, dass diese vorstellung nicht das beschreibe, was sie sich vorstellen, und sich dann wundern, wie das eigentlich möglich sei, was da vor sich gehe, und wieso dieser seltsame leere raum, der kein leerer raum ist, nicht anstelle all dessen da sein könnte, was man sonst so kennt.

Das beschreibt zumindest nicht meine Vorstellung. Ich stelle mir das Nichts nicht vor. Ich stelle mir auch nichts vor, was anstelle von dem sein sollte, was ist. Ich wundere mich einfach darüber, dass überhaupt irgendwas ist.

Das heisst nicht, dass ich es für wahrscheinlicher halten würde, dass nichts ist. Darum gehts gar nicht.

Wenn dich die Existenz nicht vor Fragen stellt und wundert und erstaunt, weil du dir das irgendwie mit den Begriffen klarmachen kannst ("Nichts" ist bedeutungslos, und darum muss halt das alles da sein, fertig), dann ist das ja ok für dich. Für mich ist alles ein einziges Rätsel.
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RE: der sinn des lebens...
#8
30.04.2009, 18:03 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.04.2009, 18:07 von spell bound.)
(30.04.2009, 17:15)ricky_ho schrieb:
(30.04.2009, 15:23)spell bound schrieb: wenn der verstand eine sinnlose frage erschafft, kann man aber nicht sagen, der verstand wäre einfach zu unausgereift, um die frage zu beantworten;

Ich hab auch nicht "unausgereift" gesagt.

Es geht um die Gesamtsituation. Die Frage, die Tatsache, dass wir uns ständig mit ihr beschäftigen, dabei wohl nie zu einem Ende kommen werden. Dies insgesamt ist eine Sache des Verstandes. Und dass das ganze nicht zu einem Ende kommt, sondern ein endloses im Kreise drehen ist, liegt in der Natur des Verstandes, nämlich insofern, dass dieser nicht das gesamte Universum beschreiben kann.
du lebst scheinbar in einer ganz anderen welt als ich, wenn du davon redest, dass es den verstand gibt und dann vllt noch was anderes. ich sage nicht, dass der verstand alles wäre, aber ich kann hier nirgends eine trennung machen z.b. zum gefühl. überhaupt: ich hab garnicht anfangen wollen, vom verstand zu reden.

wenn ich jedenfalls eine sinnvolle frage stelle, dann werde ich sie auch prinzipiell beantworten können (abgesehn von der faktischen lage).

erzähl du mir aber mal, was es für "alternative erkenntnisweisen" geben soll. wahrscheinlich redest du von sowas mystischem wie einer "geistigen schau" oder introspektion oder sowas. aber ich versteh nicht, wieso hier keine begriffe vorhanden sein sollen. wie soll erkenntnis ohne begriffe, ohne unterscheidungen funktionieren??


Zitat:Manche Erleuchtete machen sich aber auch einen "Spass" daraus, gerade solche sinnlosen Fragen zu stellen und nenne das dann "Zen-Koan". Sie scheinen gar nicht der Meinung zu sein, dass es total verschwendete Zeit ist, wenn sich ihre Schüler mit solchen Koans beschäftigen.
ja aber das ist ein ganz anderer kontext mit einem ganz anderen sinn der frage: der witz an den koans ist ja gerade, dass sie unsinnig sind, dass man das aber erst erkennen muss.


Zitat:Du sagst doch selber, dass der Begriff vom "Nichts" sinnlos ist. Also ist doch auch klar, dass es für ihn keine sinnvolle Definition geben kann. Obwohl du selber doch sagst, dass der Begriff sinnlos ist, stürzt du dich auf ihn und willst ihn definiert haben.
ich sage sogar: es ist gar kein begriff. (begriffe können nicht sinnlos sein).
eine definition will ich hingegen von dir, weil du anscheinend glaubst, es wäre ein begriff. diese forderung geht nicht davon aus, dass es eine sinnige definition geben wird. vielmehr verlange ich das von dir, damit ich dir zeigen kann, dass es sinnlos ist. bigwink

Zitat:Wir haben irgendwie wieder das alte Problem: es lässt sich eben nicht alles in Begriffe packen, aber wir haben hier eben nichts anderes zur Verfügung, um zu kommunizieren.
was lässt sich denn nicht in begriffe "packen"? wieder: du lebst in einer sonderbaren welt. wie wenn die begriffe gegenstände bezeichnen würden, die einfach so in der welt existieren, gleichsam im leeren raum aufgehängt rumschweben und nur noch bezeichnet werden müssten, was nicht bei allen funktioniert oder so. wie wäre es mal mit etwas spätwittgenstein: die bedeutung eines begriffes ist nicht ein gegenstand, sondern sein wie auch immer gearteter gebrauch in der sprache (und das kann manchmal die benennung von gegenständen beinhalten, aber dazu braucht es bereits einen verständnis von dem, was "gegenstände" sein sollen.)


Zitat:Was soll das sein, "vollkommen exakt und legitim"? Diese Formulierung musst du relativieren und in einen Kontext setzen.
genau, das tat ich ja auch. ich sage ja: es hängt immer vom kontext ab. daher bin ich misstrauisch gegen jegliches kontextloses philosophisches spekuliere.


Zitat:"Da ist nichts in der Schachtel" bedeutet dann nichts anderes als "Da ist nicht X in der Schachtel". Ob irgendwas anderes in der Schachtel ist, ist dafür irrelevant. Aber es ist immer irgendwas anderes in der Schachtel, und wenn es nur leerer Raum ist.
aber darauf würdest du in einer solchen situation nicht insistieren, dass trotzdem noch "leerer raum" in der schachtel wäre. gerade weil es irrelevant ist. es hängt immer davon ab, was einen gerade interessiert, was als "gegenstand in der schachtel" zählen soll.


Zitat:Ja, das mag schon sein. Aber ich fühle mich da nicht angesprochen. Die Frage "Warum gibt es überhaupt irgendwas?" ist sehr subtil. Wenn man sich die Frage stellt, ist das eigentlich mehr eine Art Gefühl, weniger eine Sache des Verstandes.

es mag dahinter ein gefühl stehen; es mag sogar ein echtes gefühl des wunderns dafür verantwortlich sein, dass man die frage überhaupt erst stellt. doch die frage verfälscht dieses gefühl, indem sie es verabsolutiert.


Zitat:Die Bedeutung der Frage "Warum existiert überhaupt irgendwas?" spürt man, oder man spürt sie nicht.
nun werd mal bitte nicht so esoterisch bigwink was ist denn "die bedeutung der frage.. "? wieso soll man gefühle nicht beschreiben und darüber reden können?



Zitat:Ich denke schon, dass du weisst, was ich meine. Ich glaube nicht, dass du sagen würdest, dass es möglich wäre, dass nichts existiert. Du weisst, dass du existierst.
nein, ich "weiss" es nicht. ich existiere einfach nur. mehr nicht. da gibt es nichts zu wissen, ausser wenn es eine möglichkeit gibt, daran zu zweifeln. ich kann z.b. daran zweifeln, dass ich tatsächlich diejenige bin, die ich zu sein meine, und dann anhand bestimmter kriteren herausfinden, dass ich es tatsächlich bin. dann kann ich sagen: ich weiss dass ich DIESE person bin, und ich kann es ausdrücken mit "ich weiss, dass ich ich bin." aber das funktioniert eben nur in solchen kontexten, wo der zweifel möglich ist, und wo es kriterien gibt dafür, etwas zu "wissen".
aber eigentlich hab ich das alles bereits gesagt. d.h. wenn du es nochmal ignorieren wirst, hab ich auch keine lust mehr, mich zu wiederholen.



Zitat:Das beschreibt zumindest nicht meine Vorstellung. Ich stelle mir das Nichts nicht vor. Ich stelle mir auch nichts vor, was anstelle von dem sein sollte, was ist. Ich wundere mich einfach darüber, dass überhaupt irgendwas ist.
kannst du dein wundern nicht erklären? was ist so seltsam an der existenz? was wundert dich daran? du hast es bereits beschrieben: es wäre "einfacher", wenn nichts da wäre. aber inwiefern einfacher? wie soll etwas einfacher als die existenz an sich sein? - ich schließe daraus seltsame, sicherlich auch unbewusste bilder, wie z.b.: "das universum muss ständig dafür sorgen, dass die existenz aufrecht erhalten wird. das wäre anstrengend, es könnte stattdessen auch einfach alles fallen lassen." eine solche vorstellung ist jedenfalls angelehnt an tatsächlich verständliche bilder wie, dass jemand eine pyramide bauen lässt, und man sich nun wundert, wieso er all den aufwand auf sich nimmt, weil man ja auch ein kriterium dafür hat zu sagen, dass das ein aufwand wäre. und weil man sich vorstellen kann, dass derjenige es auch sein lassen könnte.
aber von etwas, wo man garnicht von anstrengung oder erleichterung reden kann, ist man dann doch versucht, das zu personifizieren. wie z.b. bei der gravitation: das wasser macht es sich eben "einfach", es lässt sich immer fallen. aber es ist seltsam, so zu reden, weil man ja auch nicht sagen kann, dass das wasser anstrengungen mache (ausser im metaphorischen sinn). oder dass es aufhören würde, sich anzustrengen.


Zitat:Wenn dich die Existenz nicht vor Fragen stellt und wundert und erstaunt, weil du dir das irgendwie mit den Begriffen klarmachen kannst ("Nichts" ist bedeutungslos, und darum muss halt das alles da sein, fertig), dann ist das ja ok für dich. Für mich ist alles ein einziges Rätsel.
du hast anscheinend auch eine andere vorstellung von "begriffen" wie ich. begriffe sind für mich nicht bloß worte oder mathematische operatoren, begriffe sind teile von aktivitäten, die man durchführt, auch von erkenntnisprozessen. insofern kann man sich "in begriffen" etwas klar machen, allerdings wäre das eine etwas sinnlose aussage, weil man sich "ausserhalb von begriffen" ja nichts klar machen kann. sich etwas klar zu machen ist ja schon eine aktivität mit begriffen.
aber das heisst nicht, dass mir alles klar wäre oder dass ich nicht auch manchmal ein übergreifendes gefühl der verwunderung hätte. nur ich glaube nicht, dass ich mich da über "die existenz an sich" wundere, sondern z.b. darüber, wieso die welt genau so ist wie sie ist, weil ich mir gut vorstellen könnte, wie sie anders wäre. oder ich bin erstaunt über die ganze farbenpracht und detailliertheit der welt, weil ich das zuvor nicht wahrgenommen hab oder weil es mir aus anderen gründen neu vorkommt.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: der sinn des lebens...
#9
04.05.2009, 12:53
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: du lebst scheinbar in einer ganz anderen welt als ich, wenn du davon redest, dass es den verstand gibt und dann vllt noch was anderes. ich sage nicht, dass der verstand alles wäre,

Aber sind diese beiden Aussagen nicht im Grunde fast äquivalent?

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: aber ich kann hier nirgends eine trennung machen z.b. zum gefühl.

Trennungen zu machen ist die Arbeitsweise des Verstandes. Du wirst auf diese Weise nicht das finden können, was nicht Verstand ist.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: erzähl du mir aber mal, was es für "alternative erkenntnisweisen" geben soll. wahrscheinlich redest du von sowas mystischem wie einer "geistigen schau" oder introspektion oder sowas. aber ich versteh nicht, wieso hier keine begriffe vorhanden sein sollen. wie soll erkenntnis ohne begriffe, ohne unterscheidungen funktionieren??

Ja, ich meine sowas. Das ist doch auch eine der wesentlichen Aussagen mystischer Texte. Und sicher sind es auch vor allem solche Texte, die mich zu diesen Gedanken bringen. Ich würde nicht sagen, dass ich das verstehe, wie das funktionieren soll. Ich kanns mir auch nicht vorstellen.

Ein wichtiger Punkt scheinen mir Bewusstseinszustände zu sein. Ich verstehe es so, dass das Denken in Begriffen (was ich mehr oder weniger mit "Verstand" meine) nur die Arbeitsweise bestimmter Bewusstseinszustände ist und es andere Bewusstseinszustände gibt, die völlig anders arbeiten und in denen wir dann auch ein völlig anderes Universum wahrnehmen.

Befindet man sich dann wieder im normalen Bewusstseinszustand, ist es nicht möglich, die gemachte Erfahrung verlustfrei in die begrifflichen Denkmuster zu übertragen. Beim Träumen ist es ja ganz ähnlich, jeder kennt die Schwierigkeit, manche Träume, an die man sich eigentlich recht gut zu erinnern glaubt, aufzuschreiben. Es fällt dann schwer, diese vagen Erinnerungseindrücke, die man hat, in begriffliche Strukturen umzuwandeln.

Von mystischen Erlebnissen oder auch Erfahrungen mit psychedelischen Drogen werden ähnliche Dinge berichtet. Insbesondere wird oft gesagt, dass die Trennungen und Begrenzungen, die man im begrifflichen Modus als Teil der Welt erfährt, aufgelöst werden und man beginnt, die ursprüngliche Verbundenheit zu erkennen, die durch das begriffliche Denken erst zerstört wurde.


(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: ja aber das ist ein ganz anderer kontext mit einem ganz anderen sinn der frage: der witz an den koans ist ja gerade, dass sie unsinnig sind, dass man das aber erst erkennen muss.

Für mich hat die Beschäftigung mit so Fragen wie der nach dem Sinn des Lebens eine ganz ähnliche Bedeutung. Weshalb ich sie nicht strikt zurückweisen würde.

Wenn wir uns zwei Kisten vorstellen, und in der einen befinden sich Zen-Koans, in der anderen dagegen Fragen wie "Was ist die Hauptstadt von Belgien?", dann gehört die Frage nach dem Sinn des Lebens oder der Existenz für mich in die Kiste mit den Koans.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: eine definition will ich hingegen von dir, weil du anscheinend glaubst, es wäre ein begriff. diese forderung geht nicht davon aus, dass es eine sinnige definition geben wird. vielmehr verlange ich das von dir, damit ich dir zeigen kann, dass es sinnlos ist. bigwink

Ja ok, da hast du wahrscheinlich schon recht. Überhaupt will ich das alles, was du so über Begriffe und so sagst, gar nicht abstreiten, ich denke das ist schon alles richtig.

Ich glaube der Hauptunterschied ist, dass du in gewisser Weise die Begriffe mit der Realität gleichsetzt (vielleicht nicht onthologisch, sondern mehr in einem positivistischen Sinn?) während ich davon ausgehe, dass es eine tiefergehende Ebene gibt, aus der die Begriffe hervorgehen und dass diese Ebene darum nicht auf Begriffe reduziert werden kann. Und ich gehe davon aus, dass wir durchaus Zugriff auf diese tiefergehende Ebene haben können, und zwar durch Bewusstseinsveränderung im weitesten Sinne.

Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du jetzt, dass es dann aber trotz allem keinen Sinn macht, in Begriffen über diese tieferen Ebenen zu sprechen oder nachzudenken. Und da hast du wohl auch irgendwo völlig recht. Da muss ich im Zweifelsfall dann mit leben, dass das in diesem Sinne eine sinnlose Beschäftigung ist, aber was solls, ob ich mir jetzt mystische Text reinziehe und darüber nachgrüble oder vor der Playstation hänge... big

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb:
Zitat:Wir haben irgendwie wieder das alte Problem: es lässt sich eben nicht alles in Begriffe packen, aber wir haben hier eben nichts anderes zur Verfügung, um zu kommunizieren.
was lässt sich denn nicht in begriffe "packen"?

Das, was vor den Begriffen ist. Ich seh es so: irgendwo gibts "die Realität". Sagen wir mal, dass ist eine Art Prozess, weniger ein Ding. An der Stelle würde ich dir sofort recht geben, darüber jetzt weiter zu reden, was die Realität ist, macht keinen Sinn. Aber irgendwo muss es ja etwas nicht weiter reduzierbares geben, das einfach ist.

Jetzt kommt ein anderer Prozess dazu, ein Mensch im normalen Wachbewusstsein. Die Prozesse berührern und vermischen sich, es entstehen Teilprozesse, das sind die Begriffe, z.B. getrennte Objekte, die der Menschprozess wahrnimmt (in irgendeiner Form in sein phänomenales Universum einbaut) und für die Realität hält.

In dieser Situation lässt sich das, was einfach ist, bevor die Begriffe entstanden, nicht in Begriffen ausdrücken. Das wäre ein Widerspruch in sich.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: wieder: du lebst in einer sonderbaren welt. wie wenn die begriffe gegenstände bezeichnen
würden, die einfach so in der welt existieren, gleichsam im leeren raum aufgehängt rumschweben und nur noch bezeichnet werden müssten, was nicht bei allen funktioniert oder so.

So seh ichs eigentlich nicht. Ich denke, dass wir die Begriffe, genau wie die Objekte unserer Wahrnehmung, aktiv erschaffen. Aber wir erschaffen sie doch nicht aus dem - oh je, jetzt wirds ganz haarig - "Nichts". Irgendwas bildet die Grundlage, und wir sind irgendwie nicht in der Lage, dieses irgendwas näher zu beschreiben. Was aber doch auch kein Wunder ist, wenn wir hierfür die begrifflichen Sprach- und Denkmuster verwenden wollen, die ja erst auf einer höheren Ebene entstehen und Formen und Abgrenzungen bilden.

Der Grund, dass ich überhaupt etwas hierzu geschrieben habe, war ja, dass Entdecker der Meinung war, diese Grundlage wären die Atome und andere physikalische - ja, Begriffe. Für mich ist klar, dass egal was man jetzt unter dem Sinn des Lebens versteht, dies etwas ist, was mit der grundlegenen Ebene zu tun hat und auf der begrifflichen nicht zu verstehen ist. Darum wundert es mich nicht, wenn jemand, der physikalische Begriffe mit dem letzten Urgrund gleichsetzt, zu dem Schluss kommt, dass es da nichts weiter (also keinen Sinn) gibt. Das ist für mich ein klarer Fehlschluss, worauf ich nur hinweisen wollte, ohne dass ich behaupte, ich wüsste, was der Sinn des Lebens ist oder dass es einen gibt. Ich fand nur diese spezielle Argumentation dafür, dass es keinen Sinn gibt, falsch.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: genau, das tat ich ja auch. ich sage ja: es hängt immer vom kontext ab. daher bin ich misstrauisch gegen jegliches kontextloses philosophisches spekuliere.

Das heisst also, du glaubst nicht an das Absolute? Aber macht es irgendeinen grossen Unterschied, ob ich sage, ich glaube an das Absolute oder ich glaube nicht an das Absolute? Ist das nicht beides Sprachverwirrung? Und soll man deshalb dann am besten gar nichts sagen? Vielleicht stimmt das ja sogar, ich weiss es nicht.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb:
Zitat:Ja, das mag schon sein. Aber ich fühle mich da nicht angesprochen. Die Frage "Warum gibt es überhaupt irgendwas?" ist sehr subtil. Wenn man sich die Frage stellt, ist das eigentlich mehr eine Art Gefühl, weniger eine Sache des Verstandes.
es mag dahinter ein gefühl stehen; es mag sogar ein echtes gefühl des wunderns dafür verantwortlich sein, dass man die frage überhaupt erst stellt. doch die frage verfälscht dieses gefühl, indem sie es verabsolutiert.

Und wenn ich jetzt sage, dass diese Verabsolutierung eine Folge der Übertragung in Begriffe ist, die ja nötig ist, um die Frage zu kommunizieren? Bin ich dann nicht fein raus?


(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb:
Zitat:Die Bedeutung der Frage "Warum existiert überhaupt irgendwas?" spürt man, oder man spürt sie nicht.
nun werd mal bitte nicht so esoterisch bigwink was ist denn "die bedeutung der frage.. "?

Ich meinte jetzt mehr sowas wie "Wichtigkeit", nicht Bedeutung im Sinne von Referenz und so. Also du sagst ja zum Beispiel, die Frage ist irrelevant, eine sinnlose Folge von Buchstaben. Damit beziehst du dich aber auf die schon begrifflich formulierte Form der Frage. Ich sage, die Frage ist sehr wichtig und bedeutsam, meine aber eher die vorbegriffliche Form, das Wundern über die Existenz. Eigentlich ist es auch keine Frage, und ich will keine Antwort. Dass sich dieses Wundern in Form einer Frage darstellt ist auch eine Folge des begrifflichen Denkens.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: wieso soll man gefühle nicht beschreiben und darüber reden können?

Sicher kann man das, aber die Beschreibung eines Gefühls ist eben nicht das Gefühl, und sie funktioniert in der Kommunikation nur dann, wenn der Empfänger das Gefühl selber kennt und die Beschreibung ihn veranlasst, die Erfahrung des Gefühls aus der eigenen Erinnerung hervorzurufen.

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: nein, ich "weiss" es nicht. ich existiere einfach nur. mehr nicht. da gibt es nichts zu wissen, ausser wenn es eine möglichkeit gibt, daran zu zweifeln. ich kann z.b. daran zweifeln, dass ich tatsächlich diejenige bin, die ich zu sein meine, und dann anhand bestimmter kriteren herausfinden, dass ich es tatsächlich bin. dann kann ich sagen: ich weiss dass ich DIESE person bin, und ich kann es
ausdrücken mit "ich weiss, dass ich ich bin." aber das funktioniert eben nur in solchen kontexten, wo der zweifel möglich ist, und wo es kriterien gibt dafür, etwas zu "wissen". aber eigentlich hab ich das alles bereits gesagt. d.h. wenn du es nochmal ignorieren wirst, hab ich auch keine lust mehr, mich zu wiederholen.

Wieso ignorieren, ich will nichts ignorieren. Vielleicht versteh ichs ja einfach nicht.

Gehts jetzt darum, dass "wissen" hier der falsche Begriff ist? Mag ja sein. Du verlangst jetzt, dass ich das, was ich meine, in korrekten Begriffen formuliere. Schaffe ich das nicht, folgerst du, dass meine Meinung eben falsch ist. Aber meiner Meinung nach ist es nicht möglich, "alles" in "korrekten Begriffen" zu formulieren. Du scheinst dagegen davon auszugehen, dass es möglich ist, oder, dass alles, was man nicht begrifflich formulieren kann, irrelevant ist. Diese beiden Grundpositionen schliessen sich irgendwo aus, wenn es so ist, dass das unsere Grundhaltungen sind, können wir uns niemals endgültig einig werden (obwohl ich eigentlich gar nicht denke, dass wir so weit auseinanderliegen).

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb:
Zitat:Das beschreibt zumindest nicht meine Vorstellung. Ich stelle mir das Nichts nicht vor. Ich stelle mir auch nichts vor, was anstelle von dem sein sollte, was ist. Ich wundere mich einfach darüber, dass überhaupt irgendwas ist.
kannst du dein wundern nicht erklären? was ist so seltsam an der existenz? was wundert dich daran? du hast es bereits beschrieben: es wäre "einfacher", wenn nichts da wäre. aber inwiefern einfacher?

Naja, wenn nichts da wäre, gäbs auch nichts kompliziertes, keine Komplexität...

Wir können ja immer "Warum"-Fragen stellen. Aber jede Antwort bringt direkt wieder neue Fragen. So geht es immer weiter, der endlose Regress. Für den einen stoppt es bei den Atomen und Naturgesetzen, und er ist damit zufrieden und reduziert sein gesamtes Weltbild auf diese grundlegenden Bausteine. Andere aber fragen weiter, auch in ganz anderer Richtungen. Es gibt offenbar kein Ende. Die Komplexität scheint sogar noch zuzunehmen, je mehr Fragen man stellt. Gibt es überhaupt eine letzte Antwort? Wahrscheinlich nicht. Was ist mit den ganzen Teilantworten, die man gefunden hat? Keine Ahnung. Das wundert mich. Ich komme immer wieder zu dem Punkt: Warum überhaupt das alles?

Zitat:wie soll etwas einfacher als die existenz an sich sein?

Keine Ahnung. Vielleicht hast du ja Recht. Ich habe trotzdem damit so meine Probleme. Vielleicht bin ich verwirrt.

Es gibt z.B. in der Physik eine Theorie zu dieser Frage, die auf der Unschärferelation basiert. Da heisst es ungefähr, dass man von Quantensystem bestimmte Informationen nie gleichzeitig bekannt sind. Das ganze wird dann irgendwie auf bestimmte Feldzustände in einem Vakuum bezogen. Nun kann der Raum im Vakuum nach der Unschärferelation nicht leer sein, weil das Feld dann in bestimmten Eigenschaften vollständig definiert wäre (nämlich 0), die laut Unschärferelation nicht gleichzeitig definiert sein können. Und daraus folgern die Physiker dann, dass der Raum eben nicht leer ist, sondern von fluktuierendem Quantenschaum gefüllt, in dem ständig Teilchen entstehen und vergehen. Das ist so eine Sache, die mir ein Rätsel ist, seit ich davon gehört habe. Sollte sich die gesamte Existenz etwa eines solchen physikalischen Prinzips verdanken? Aber kann das die letzte Antwort sein? Wenn es einfach nichts gäbe, dann gäbe es auch keine Unschärferelation, die eingehalten werden müsste. Woher soll in diesem Nichts, was die Physiker annehmen, der Zwang kommen, dass irgendeine Unschärferelation eingehalten werden muss, so dass dann aus dem Nichts Teilchen entstehen?



(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: du hast anscheinend auch eine andere vorstellung von "begriffen" wie ich. begriffe sind für mich nicht bloß worte oder mathematische operatoren, begriffe sind teile von aktivitäten, die man durchführt, auch von erkenntnisprozessen.

Das seh ich ja eigentlich auch so, hab ich ja oben beschrieben. Oder meinst du es anders?

(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: insofern kann man sich "in begriffen" etwas klar machen, allerdings wäre das eine etwas sinnlose aussage, weil man sich "ausserhalb von begriffen" ja nichts klar machen kann.

Aber heisst das, dass es da nichts gibt? Und ist das so sicher, dass die einzige Möglichkeit, etwas über die Welt zu erfahren, ist, es sich mit Begriffe klar zu machen?
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das nichts oder die grenzen der sprache
#10
05.05.2009, 20:17 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.05.2009, 20:27 von spell bound.)
(04.05.2009, 12:53)ricky_ho schrieb:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: du lebst scheinbar in einer ganz anderen welt als ich, wenn du davon redest, dass es den verstand gibt und dann vllt noch was anderes. ich sage nicht, dass der verstand alles wäre,

Aber sind diese beiden Aussagen nicht im Grunde fast äquivalent?
ich meine, der unterschied bei uns ist, dass du sagst, es gibt etwas, das sei dem verstand völlig fremd und gänzlich jenseits davon. aber später, wenn du von bewusstseinszuständen sprichst, wird es vielleicht leichter, anzuknüpfen.

Zitat:Trennungen zu machen ist die Arbeitsweise des Verstandes. Du wirst auf diese Weise nicht das finden können, was nicht Verstand ist.
wieso denn nicht? wenn ich den verstand von irgendetwas anderem unterschiede (z.b. gefühl meinetwegen), dann hab ich doch etwas gefunden, das nicht verstand ist. oder meinst du hier mit "finden" sowas wie "erfahren"? aber ich würde garnicht sagen, dass verstehen und erfahren so verschiedene sachen sind. ich würde eher sagen, man kann etwas oberflächlicher und tiefgreifender verstehen. das oberflächlichere kann dann z.b. darin bestehen, mit worten eine art mathematik zu betreiben, aber nicht die letzten konsequenzen, die in ihrem begriffsumfang enthalten liegen, nachzuspüren. du unterscheidest diese beiden verstehensweisen anscheinend strikt, und nennst das erste "verstand", das zweite "veränderte bewusstseinszustände". ich kann dieser unterscheidung nicht folgen, denn ich finde in beiden dieser verstehensweisen einige ähnlichkeiten. und man kann auch in beiden z.b. sinnvolle sätze formulieren (die deshalb natürlich noch nicht alle verstehen), die das beschreiben, was man erlebt.

Zitat:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: erzähl du mir aber mal, was es für "alternative erkenntnisweisen" geben soll. wahrscheinlich redest du von sowas mystischem wie einer "geistigen schau" oder introspektion oder sowas. aber ich versteh nicht, wieso hier keine begriffe vorhanden sein sollen. wie soll erkenntnis ohne begriffe, ohne unterscheidungen funktionieren??

Ja, ich meine sowas. Das ist doch auch eine der wesentlichen Aussagen mystischer Texte. Und sicher sind es auch vor allem solche Texte, die mich zu diesen Gedanken bringen. Ich würde nicht sagen, dass ich das verstehe, wie das funktionieren soll. Ich kanns mir auch nicht vorstellen.
ich bin mir nicht so sicher, ob ich da wem unrecht tue, aber ich glaube, mystische texte leiden sehr stark unter sprachverwirrungen. oder man könnte auch sagen: sie leben von metaphern und einer ganz eigentümlichen sprache, die allerdings schnell falsch verstanden wird. sehr seltsam finde ich daran auch: es heisst immer, man könne nicht darüber reden, und dann redet man doch so viel darüber, und sei es nur über die unsagbarkeit all "dessen".


Zitat:Ein wichtiger Punkt scheinen mir Bewusstseinszustände zu sein. Ich verstehe es so, dass das Denken in Begriffen (was ich mehr oder weniger mit "Verstand" meine) nur die Arbeitsweise bestimmter Bewusstseinszustände ist und es andere Bewusstseinszustände gibt, die völlig anders arbeiten und in denen wir dann auch ein völlig anderes Universum wahrnehmen.

Befindet man sich dann wieder im normalen Bewusstseinszustand, ist es nicht möglich, die gemachte Erfahrung verlustfrei in die begrifflichen Denkmuster zu übertragen.
ich glaube, hier sind wir uns wirklich garnicht so fern, allein in einem bestimmten, aber sehr bedeutsamen akzent: ich stimme dir z.b. zu, dass es verschiedene bewusstseinszustände gibt, und dass da das denken ganz anders abläuft, und man die dinge in der normalen sprache oft nur unbeholfen oder garnicht ausdrücken kann. allerdings, so legen meine jetzt verwendeten begriffe wie "normale sprache" und "anderes denken" ja schon nahe: ich glaube, dass es sich hier immernoch um denkweisen, um begriffe, etc. handelt. sie sind nur manchmal so sehr verschieden von dem normalen, dass eine direkte übersetzung unmöglich wird. und dennoch gibt es möglichkeiten, diese andersartige denkweise zu verstehen. nämlich, indem man sie sich selbst aneignet, indem man diese sprachspiele wie eine erste sprache erlernt. ich denke wir gehen hier sogar konform. mein entscheidender zusatz ist bloß: das ganze passiert nicht jenseits der sprache im allgemeinen, sondern nur jenseits bestimmter, als normal geltender sprachspiele. man könnte sich z.b. gemeinschaften denken, in denen leute ständig solche veränderten bewusstseinszustände haben, und zwar etwa die gleichen, und dann kann ich mir vorstellen, dass sie dann auch eine sprache haben, in der sie sich darüber austauschen können, die aber fremde leute nicht verstehen.
ich weiss nicht recht. kannst du damit was anfangen?



Zitat:Von mystischen Erlebnissen oder auch Erfahrungen mit psychedelischen Drogen werden ähnliche Dinge berichtet. Insbesondere wird oft gesagt, dass die Trennungen und Begrenzungen, die man im begrifflichen Modus als Teil der Welt erfährt, aufgelöst werden und man beginnt, die ursprüngliche Verbundenheit zu erkennen, die durch das begriffliche Denken erst zerstört wurde.
ja, alte begriffe mögen sich auflösen und an deren stelle mag es sogar sein, dass gar keine neuen begriffe auftreten. aber solange man noch irgend etwas wahrnimmt, erlebt, versteht, begreift, bleibt noch ein teil begrifflichen denkens übrig, wennauch es völlig andere begriffe sein mögen. und im übrigen: ideen von ursprung und verbundenheit sind auch begriffsweisen, die man auch mehr oder weniger nachvollziehen kann, unter umständen. (allerdings gucke ich sehr skeptisch auf diese formulierung eines "absoluten ursprunges". ich weiss noch nicht genau, was das bedeuten soll, oder ob es überhaupt irgendetwas bedeuten kann.)


Zitat:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: der witz an den koans ist ja gerade, dass sie unsinnig sind, dass man das aber erst erkennen muss.
Für mich hat die Beschäftigung mit so Fragen wie der nach dem Sinn des Lebens eine ganz ähnliche Bedeutung. Weshalb ich sie nicht strikt zurückweisen würde.
sicher, man sollte sie nicht einfach so zurückweisen. sondern darum, weil man ihre unsinnigkeit entlarvt hat. im etwas softeren falle formuliert man die unsinnigen fragen einfach um in sinnvollere varianten. man geht einen schritt zurück und schaut, was einem, nebst sprachverwirrung, dazu getrieben hat, diese fragen überhaupt zu stellen. und es kann manchmal sein, dass da garnichts mehr übrig bleibt.


Zitat:Ich glaube der Hauptunterschied ist, dass du in gewisser Weise die Begriffe mit der Realität gleichsetzt (vielleicht nicht onthologisch, sondern mehr in einem positivistischen Sinn?) während ich davon ausgehe, dass es eine tiefergehende Ebene gibt, aus der die Begriffe hervorgehen und dass diese Ebene darum nicht auf Begriffe reduziert werden kann. Und ich gehe davon aus, dass wir durchaus Zugriff auf diese tiefergehende Ebene haben können, und zwar durch Bewusstseinsveränderung im weitesten Sinne.
ich weiss nicht genau, was du damit meinst, dass ich die begriffe mit der realität gleichsetze (positivitisch? äh.. huh ). was ist denn diese tiefere ebene? kants ding an sich? die bedingungen der möglichkeit von erkenntnis? ich sage nicht, dass es keine solchen bedingungen gebe. allerdings bin ich mir nicht so ganz sicher, ob ich sagen soll, dass sie "tiefere ebenen" oder auf sonstige weise völlig transzendent wären.
ich kann sagen, dass man begriffe erlernt, indem man ihre verwendungsweise einübt (antrainiert bekommt). aber um das zu können, bedarf es ja auch schon bestimmter voraussetzungen. sind diese "vorsprachlichen" bedingungen, z.b. dass man sprachen lernen kann, vor einer sprachlichkeit im allgemeinen, oder bloß vor diesen bestimmten sprachen? gibt es ein jenseits von sprache im allgemeinen, oder immer nur ein jenseits von bestimmten sprachen? ich glaube, letzteres. d.h. ich stimme dir teilweise zu. (aber dieses "teilweise" wiegt hier sehr schwer.)


Zitat:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: was lässt sich denn nicht in begriffe "packen"?

Das, was vor den Begriffen ist. Ich seh es so: irgendwo gibts "die Realität". Sagen wir mal, dass ist eine Art Prozess, weniger ein Ding. An der Stelle würde ich dir sofort recht geben, darüber jetzt weiter zu reden, was die Realität ist, macht keinen Sinn. Aber irgendwo muss es ja etwas nicht weiter reduzierbares geben, das einfach ist.
muss es das? ich meine: es gibt immer eine grenze, von der aus man nicht weiter geht, aber ist es immer die gleiche? prinzipiell aber kann man immer weiter gehen, sofern man die nötigen mittel (begriffe) dazu hat. aber es macht nicht immer sinn, weiter zu gehen. und wo es sinn macht und wo nicht, hängt vom zweck der tätigkeit (untersuchung) ab.

aber es gibt hier auch noch einen weiteren punkt: das problem der "privatsprache": sicher gibt es viele dinge, die niemand erkennt oder in bestimmten situationen auch garnicht erkennen kann, genauso wie man viele dinge nicht sagt oder in bestimmten situationen garnicht sagen kann. dass solche sachen dennoch existieren, stellt sich u.a. dadurch heraus, dass sie indirekte einflüsse haben auf irgendwas anderes. man kann sie prinzipiell, von irgend einer perspektive und situation heraus, erkennen, verstehen, formulieren.
aber es ist unsinnig zu sagen, etwas würde prinzipiell nicht erkennbar oder nicht sagbar sein, denn dann wäre es auch kein "etwas" mehr. und wenn man nun sagt, man könnte es zwar wahrnehmen, aber nur höchst privat, sozusagen jeder für sich, und man könnte nie darüber miteinander reden, ist das nur eine ähnliche form dieses problems: denn was ich sagen kann, macht erst dadurch sinn, dass es öffentlich zugängliche kriterien gibt, anhand deren man es überhaupt erst feststellen kann. es kann nicht sein, dass ich sage: wir wissen alle bloß aus der eigenen erfahrung, was ein begriff bedeutet, und dadurch auch, was andere damit meinen. denn dann hätten wir noch gar kein kriterium dafür, herauszustellen, dass jemand anderes überhaupt von dem gleichen redet wie ich.
wenn ich eine sprache habe, die nur ich verstehe, dann ist es dennoch eine sprache, die auch prinzipiell aufgeschrieben und anderen beigebracht werden kann. ansonsten weiss ich selbst nichtmal, was ich mit meinen begriffen bezeichne.


Zitat:Das heisst also, du glaubst nicht an das Absolute? Aber macht es irgendeinen grossen Unterschied, ob ich sage, ich glaube an das Absolute oder ich glaube nicht an das Absolute? Ist das nicht beides Sprachverwirrung? Und soll man deshalb dann am besten gar nichts sagen? Vielleicht stimmt das ja sogar, ich weiss es nicht.
nein, ich sage nicht, dass ich nicht an das absolute glaube. sondern ich verwende diesen scheinbegriff am besten garnicht. ausser, um seine unsinnigkeit klar zu machen. ausserdem heisst es nicht, dass man stattdessen garnichts sagen soll. sondern man verwendet eben begriffe, die sinn machen bigwink
(im übrigen gibt es auch fälle, in denen "absolut" sinn macht. eben in einem anderen sinne, wenn man z.b. sagt: "absolut geil!", oder sowas. es spricht nichts dagegen, das wort so zu verwenden, solange einen das noch nicht verwirrt. alltagsfremde philosophen kommen aber dann sicher schnell daher und sagen "warte mal, das ist garnicht wirklich absolut, was du da "absolut" nennst"....)



Zitat:Und wenn ich jetzt sage, dass diese Verabsolutierung eine Folge der Übertragung in Begriffe ist, die ja nötig ist, um die Frage zu kommunizieren? Bin ich dann nicht fein raus?
leider nicht. verabsolutierung ist eine folge der falscher begriffsverwendung. es ist nötig, begriffe zur kommunikation zu verwenden. allerdings sind kategorienfehler nicht notwendig, sondern vielmehr störend. ausserdem bin ich dagegen, zu sagen, man würde eine frage in begriffe übertragen. sie findet nämlich schon immer in begriffen statt. genauso das wundern; es ist bereits ein zug in unserem sprachspiel. freilich heisst das nicht, dass man dazu worte verwenden oder sich die frage im kopf vorsagen müsste.


Zitat:...aber die Beschreibung eines Gefühls ist eben nicht das Gefühl, und sie funktioniert in der Kommunikation nur dann, wenn der Empfänger das Gefühl selber kennt und die Beschreibung ihn veranlasst, die Erfahrung des Gefühls aus der eigenen Erinnerung hervorzurufen.
das hatte ich ja schon in der privatsprachproblematik angesprochen. nur noch soviel: wie kann man sich sicher sein, dass die erinnerung an das gefühl richtig ist? und sag nicht: man würde raten oder von einer prästabilisierten harmonie (leibniz) gelenkt. biggrin (und wie erkennt man, dass man richtig rät? - und sage nicht, man würde es nie sicher wissen können und am ende wäre jeder mit sich allein (solipsismus). wäre das nicht arg esoterisch und ausserdem kontrafaktisch?)


Zitat:Gehts jetzt darum, dass "wissen" hier der falsche Begriff ist? Mag ja sein. Du verlangst jetzt, dass ich das, was ich meine, in korrekten Begriffen formuliere. Schaffe ich das nicht, folgerst du, dass meine Meinung eben falsch ist. Aber meiner Meinung nach ist es nicht möglich, "alles" in "korrekten Begriffen" zu formulieren. Du scheinst dagegen davon auszugehen, dass es möglich ist, oder, dass alles, was man nicht begrifflich formulieren kann, irrelevant ist. Diese beiden Grundpositionen schliessen sich irgendwo aus, wenn es so ist, dass das unsere Grundhaltungen sind, können wir uns niemals endgültig einig werden (obwohl ich eigentlich gar nicht denke, dass wir so weit auseinanderliegen).
ich folgerte nicht, dass deine meinung falsch wäre, sondern, dass es gar keine sinnvolle meinung ist. was ich zur sagbarkeit und unsagbarkeit sage (äh..), steht ja schon weiter oben. ich hoffe darauf gehst du noch weiter ein, ansonsten wäre es ziemlich öde, sich einfach auf verschiedene grundhaltungen zu "einigen".



Zitat:Naja, wenn nichts da wäre, gäbs auch nichts kompliziertes, keine Komplexität...
aber es gibt doch auch einfaches. wo ist das problem?

(zu der "endlosen" reihe des warum-fragens steht ja von mir auch schon oben was)



Zitat:Woher soll in diesem Nichts, was die Physiker annehmen, der Zwang kommen, dass irgendeine Unschärferelation eingehalten werden muss, so dass dann aus dem Nichts Teilchen entstehen?
wie das mit diesen teilchen passiert, weiss ich auch nicht. aber sagen die physiker, dass "das nichts" vorher da war, und dann die teilchen auftauchen? naja. hm, vielleicht solltest du mit jemandem drüber reden der ahnung davon hat , nicht mit mirbiggrin



Zitat:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: insofern kann man sich "in begriffen" etwas klar machen, allerdings wäre das eine etwas sinnlose aussage, weil man sich "ausserhalb von begriffen" ja nichts klar machen kann.

Aber heisst das, dass es da nichts gibt? Und ist das so sicher, dass die einzige Möglichkeit, etwas über die Welt zu erfahren, ist, es sich mit Begriffe klar zu machen?
ich sags mal so: sich etwas klar zu machen bedeutet immer, etwas zu begreifen. cool (ich glaub, ich hab auch einfach einen weiteren begriff von "begriff" ( biggrin )als du). ich sage nicht, dass es prinzipiell nichts "ausserhalb" von begriffen gäbe. aber man muss sich erstmal klar machen, was diese formulierung eigentlich bedeuten soll.
z.b. kann ich ja sagen, dass der "tisch" schon etwas ausserhalb vom begriff des tisches ist, wenn ich damit meine, dass er ja nicht bloß aus dem wort oder dem, was ich dabei assoziiere, etc. besteht, sondern aus materie etc.
aber erst, wenn ich das als tisch begreife, wahrnehme, behandle, wird es auch zum tisch. also wenn jemand eine sprache hat, in der es z.b. diesen begriff nicht gibt, weil derjenige z.b. alles, was tisch, stuhl, lampe etc. ist, unter einem einzigen begriff subsumiert, und damit auch garnicht etwas meint, worauf man z.b. sitzen könnte oder etwas abstellen etc, sondern einfach nur etwas, womit man z.b. gut musik machen kann, dann kannst du auch nicht sagen "aber eigentlich redet er von dem gleichen gegenstand wie wir."

man mag vielleicht einwenden, dass er das ding ja trotzdem als gegenstand wahrnimmt und auch behandelt, dass dem ganzen ja schon etwas gemeinsames zugrunde liege, nämlich der gegenstand. aber es war natürlich gar kein beispiel, in dem es um diesen begriff ging. um das auszuweiten: vielleicht ist es sogar eine anthropologische grundbegrifflichkeit, gegenstände wahrzunehmen, und insofern täuscht das vielleicht sogar eine objektive realität, die dem zugrunde liegt, vor. aber man kann sich auch vorstellen, dass ein wesen anderer art (oder ein mensch unter drogen *g*) sogar gegenstände nicht mehr als solche wahrnimmt, sondern z.b. als energieformen oder als fließende prozesse, etc. und wieso nun sagen, das eine wäre wahrer als das andere?
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
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RE: das nichts oder die grenzen der sprache
#11
09.05.2009, 14:03 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.05.2009, 14:25 von ricky_ho.)
(05.05.2009, 20:17)spell bound schrieb: ich meine, der unterschied bei uns ist, dass du sagst, es gibt etwas, das sei dem verstand völlig fremd und gänzlich jenseits davon. aber später, wenn du von bewusstseinszuständen sprichst, wird es vielleicht leichter, anzuknüpfen.

Also "völlig fremd" in einem dualistischen Sinne, dass es da zwei völlig voneinander getrennter Dinge gäbe, meine ich nicht. Ich meine, dass es etwas gibt, dass dem Verstand zugrundeliegt (Bewusstsein in seiner allgemeinsten Form?) und in gewisser Weise vor ihm kommt. Man könnte auch sagen, dass der Verstand ein Teilbereich dieses Etwas ist, aber nicht umgekehrt. Oder anders: du kannst den Verstand wegnehmen, und das Etwas bleibt. Umgekehrt geht das nicht.

Zitat:
Zitat:Trennungen zu machen ist die Arbeitsweise des Verstandes. Du wirst auf diese Weise nicht das finden können, was nicht Verstand ist.
wieso denn nicht? wenn ich den verstand von irgendetwas anderem unterschiede (z.b. gefühl meinetwegen), dann hab ich doch etwas gefunden, das nicht verstand ist.

Nein, weil eben so, wie ich das sehe, das Einteilen der Erfahrung in getrennte Dinge oder Objekte eine Vorgehensweise des Verstandes ist. Ich behaupte also, dass die Dinge "vorher" gar nicht in dieser strikt voneinander getrennten Form existieren. Wenn du nun trennst und unterscheidest dann ist das, was du erhälst, Ergebnis der Verstandestätigkeit und wäre darum ohne den Verstand so überhaupt nicht da.

Das, was nicht Verstand ist, ist das, was da ist, ohne dass es durch den Verstand geordnet, sortiert, unterteilt, getrennt wurde. Darum kann das, was du durch das verstandesmässige Analysieren erhälst, nicht das sein, was nicht der Verstand ist.

Ich glaube, dass das im Grunde verwandt ist mit dem Tao, von dem du sprechen kannst, und das genau darum nicht das Tao ist. Und weil ich das so sehe, macht dieser Spruch vom Tao auch Sinn für mich, während er vielen eher nichtssagend vorkommt.

Zitat:oder meinst du hier mit "finden" sowas wie "erfahren"? aber ich würde garnicht sagen, dass verstehen und erfahren so verschiedene sachen sind. ich würde eher sagen, man kann etwas oberflächlicher und tiefgreifender verstehen. das oberflächlichere kann dann z.b. darin bestehen, mit worten eine art mathematik zu betreiben, aber nicht die letzten konsequenzen, die in ihrem begriffsumfang enthalten liegen, nachzuspüren. du unterscheidest diese beiden verstehensweisen anscheinend strikt, und nennst das erste "verstand", das zweite "veränderte bewusstseinszustände".

Ja, ich glaube das entspricht zumindest so ungefähr bzw. teilweise meiner Vorstellug. Ich gehe davon aus, dass die Begriffe, Objekte, Trennungen usw..., also die Gegenstände des Verstandes, vom Verstand erst konstruiert werden. Die werden also nicht einfach so vorgefunden in der Welt, das hattest du ja auch schon gesagt, sondern aktiv geschaffen. Dann wird mit diesen Konstrukten operiert, auf irgendeine "logische" Art und Weise. Alle Schlüsse die man dabei zieht, alle Erkenntnisse, die man erhält, bleiben gezwungenermassen auf der Ebene dieser Konstrukte und können diese nicht transzendieren.

Genau das ist aber - möglicherweise - in veränderten oder alternativen Bewusstseinszuständen wie dem Träumen möglich (wobei natürlich beim Erinnern im Wachzustand sofort wieder die Verstandestätigkeit einsetzt und alles in Begriffe packt, das macht es ja so schwer, diese Ideen zu überprüfen, wenn man sich im normalen Bewusstseinszustand befindet). Ich gehe davon aus, dass unsere Bewusstsein in diesen Zuständen anders(!) arbeitet und möglicherweise(!) sogar einen direkteren (auf jeden Fall aber völlig anderen) Zugang zu den Ebenen "hinter" den Begriffen hat. Ein Zugang, der dem Verstand per definitionem nicht möglich ist.

Zitat:ich kann dieser unterscheidung nicht folgen, denn ich finde in beiden dieser verstehensweisen einige ähnlichkeiten. und man kann auch in beiden z.b. sinnvolle sätze formulieren (die deshalb natürlich noch nicht alle verstehen), die das beschreiben, was man erlebt.

Wenn ich richtig verstehe, hast du ein Problem damit, dass ich Verstand und "das Andere" so strikt trenne, obwohl du den Verstand und die Erkenntnisweisen in alternativen Bewusstseinszustände eher als etwas ähnliches betrachtest. Für dich sind das wohl eher unterschiedliche Arten von Verstand (ja, weiter unten schreibst du es auch so).

In gewisser Weise seh ich das auch so. Mit dem oben genannten "das, was nicht der Verstand ist", meine ich auch nicht nur die alternativen Bewusstseinszustände. Die Tatsache, dass es verschiedene Bewusstseinszustände gibt, in denen man die Welt teilweise völlig anders erfährt (das geht so weit, dass sich Raum, Zeit, Kausalität usw... auflösen können und keine Rolle mehr spielen), ist für mich ein deutlicher Hinweis darauf, dass es da etwas darunter liegendes gibt, dass je nach Bewusstseinszustand anders interpretiert wird.

Ich nenne diese Interpretationstätigkeit im normalen Bewusstseinszustand "Verstand" und meine Behauptung ist, dass wir hier eben nur einen Teilbereich der Wirklichkeit betrachten. Und das ist auch der Teilbereich der Sprache, die aus der Verstandestätigkeit entstanden ist und die Konstrukte des Verstandes als Grundlage hat.

Wenn wir auch manche alternative Bewusstseinszustände noch als besondere Arten oder Arbeitsweisen des Verstandes bezeichnen wollen, hab ich damit gar kein Problem. Man muss aber "Verstand" irgendwie definieren, und wenn wir darunter die Sache mit Begriffen und so verstehen, nehme ich an, dass es auch Bewusstseinszustände geben könnte, auf die diese Definition nicht mehr passt.

Zitat:ich bin mir nicht so sicher, ob ich da wem unrecht tue, aber ich glaube, mystische texte leiden sehr stark unter sprachverwirrungen. oder man könnte auch sagen: sie leben von metaphern und einer ganz eigentümlichen sprache, die allerdings schnell falsch verstanden wird. sehr seltsam finde ich daran auch: es heisst immer, man könne nicht darüber reden, und dann redet man doch so viel darüber, und sei es nur über die unsagbarkeit all "dessen".

Da hast du glaube ich völlig recht, was die Sprachverwirrungen und den Gebrauch von Metaphern in mystischen Texten angeht. Aber es wird nicht nur über die Unsagbarkeit geredet. Gemeint ist, dass mystische Erfahrungen sich eben nicht in die Sprache übersetzen lassen. Das heisst, es ist nicht möglich, diese "direkt" auszudrücken wie gewöhnliche Erfahrungen, für die diese Sprache eben "gemacht" ist (wobei das "direkt" auch in diesem Fall schon aus gutem Grund in Anführungszeichen steht). Das ist einfach so und das weiss der Mystiker auch. Nun möchte er diese Erfahrungen aber trotzdem seinen Mitmenschen irgendwie mitteilen, was kann man also tun?

Man greift auf sprachliche Mittel wie Metaphern, Mythen, Analogien zurück, die eben nie das meinen, was oberflächlich in den Worten steht, sondern die indirekt auf etwas verweisen. Es bleibt einem nichts anders übrig, und für die meisten Leute sind solche Text dann einfach nur unsinnig, widersprüchlich, wirr. Das liegt dann aber auch oft daran, dass sie wörtlich genommen werden und/oder daran, dass beim Leser ein bestimmter Erfahrungshintergrund nicht vorhanden ist, der durch bestimmte Metaphern angesprochen werden soll.

Ich hab zu dem Thema mal diese Textstelle aus Ken Wilbers "Spektrum des Bewusstseins" eingescannt, Seite 57-62.

Zitat:ich glaube, hier sind wir uns wirklich garnicht so fern, allein in einem bestimmten, aber sehr bedeutsamen akzent: ich stimme dir z.b. zu, dass es verschiedene bewusstseinszustände gibt, und dass da das denken ganz anders abläuft, und man die dinge in der normalen sprache oft nur unbeholfen oder garnicht ausdrücken kann. allerdings, so legen meine jetzt verwendeten begriffe wie "normale sprache" und "anderes denken" ja schon nahe: ich glaube, dass es sich hier immernoch um denkweisen, um begriffe, etc. handelt. sie sind nur manchmal so sehr verschieden von dem normalen, dass eine direkte übersetzung unmöglich wird. und dennoch gibt es möglichkeiten, diese andersartige denkweise zu verstehen. nämlich, indem man sie sich selbst aneignet, indem man diese sprachspiele wie eine erste sprache erlernt. ich denke wir gehen hier sogar konform. mein entscheidender zusatz ist bloß: das ganze passiert nicht jenseits der sprache im allgemeinen, sondern nur jenseits bestimmter, als normal geltender sprachspiele. man könnte sich z.b. gemeinschaften denken, in denen leute ständig solche veränderten bewusstseinszustände haben, und zwar etwa die gleichen, und dann kann ich mir vorstellen, dass sie dann auch eine sprache haben, in der sie sich darüber austauschen können, die aber fremde leute nicht verstehen.
ich weiss nicht recht. kannst du damit was anfangen?

Ja, also da würde ich auf jeden Fall zustimmen, das seh ich eigentlich genauso. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass die Aborigines mit ihrer Traumzeit so ein Fall sind. Eine Kultur, die Zugang zu anderen Bewusstseinszuständen hat und für die das völlig normal ist.

Es ist dann eine Definitionsfrage. Ich meine mit Verstand eben wirklich die Denktätigkeit im "normalen" Bewusstseinszustand (bzw. in bestimmten Bewusstseinszuständen). Du verstehst den Begriff offenbar etwas weiter und vielleicht ist das ja auch richtig. Ich könnte jetzt gegen diesen Gebrauch des Begriffes argumentativ nichts einwenden, was du oben sagst macht für mich auch Sinn.

Allerdings gehe ich jetzt davon aus, dass wenn es verschiedene Arten gibt, die Welt zu interpretieren oder zu erfahren, dies doch ein starker Hinweis darauf ist, dass da etwas ist, dass interpretiert wird und dass nicht identisch ist mit der Interpretation und das vor allem auch nicht auf die Interpretation reduziert werden kann. Möglicherweise wenn man alle verschiedenen Interpretationen zusammennimmt, vielleicht ist das, was man dann erhält, die Realität.

In dem Fall hättest du mit deinem Verständnis von "Verstand" recht, wenn du sagst, dass doch alles dem Verstand zugänglich ist, und ich mit meinem Verständnis auch, wenn ich sage, dass dem Verstand nicht alles zugänglich ist. Wenn ich deinem Begriff von Verstand als folge, würde ich dir auch recht geben, wenn du sagst, dass wir nichts erfahren können, was jenseits des Verstandes wäre.

Vielleicht ergeben alle Interpretationen zusammengenommen ja auch noch nicht die Realität, vielleicht gibt es da doch noch ein "Ding an sich", aber da würde ich dann fast auch sagen: etwas, dass wir in keinem (!) Bewusstseinszustand erfahren können, dürfen wir wohl vernachlässigen.

Zitat:
Zitat:Von mystischen Erlebnissen oder auch Erfahrungen mit psychedelischen Drogen werden ähnliche Dinge berichtet. Insbesondere wird oft gesagt, dass die Trennungen und Begrenzungen, die man im begrifflichen Modus als Teil der Welt erfährt, aufgelöst werden und man beginnt, die ursprüngliche Verbundenheit zu erkennen, die durch das begriffliche Denken erst zerstört wurde.
ja, alte begriffe mögen sich auflösen und an deren stelle mag es sogar sein, dass gar keine neuen begriffe auftreten. aber solange man noch irgend etwas wahrnimmt, erlebt, versteht, begreift, bleibt noch ein teil begrifflichen denkens übrig, wennauch es völlig andere begriffe sein mögen.

Da bin ich mir nicht so sicher. Wir kennen nichts anderes als diese "indirekte" Wahrnehmung und sicherlich ist auch in den meisten alternativen Bewusstseinszuständen die Wahrnehmung indirekt, d.h. in irgendeiner Weise begrifflich. Aber ich sehe keinen Grund, völlig auszuschliessen, dass es auch möglich ist, direkt wahrzunehmen, was dann aber bedeutet, dass, was man wahrnimmt, zu sein. Das bedeutet, dass alle Trennungen nicht mehr vorhanden sind, d.h. insbesondere auch die zwischen Subjekt und Objekt, das Subjekt nimmt das Objekt nicht mehr wahr, sondern es verschmilzt mit ihm.

So ungefähr steht es in mystischen Texten, und eine derartige Erfahrung habe ich auch mal gemacht, da hab ich das Sofa nicht mehr gesehen, sondern ich war das Sofa. Beweisen tut das nix, auch mir nicht, aber ich kann eben nicht ausschliessen, dass an solchen eigentlich unsinnigen Aussagen wie ich sie grade geschrieben habe doch mehr dran ist als man sich, solange man im begrifflichen Denken verharrt, vorstellen kann.

Zitat:und im übrigen: ideen von ursprung und verbundenheit sind auch begriffsweisen, die man auch mehr oder weniger nachvollziehen kann, unter umständen. (allerdings gucke ich sehr skeptisch auf diese formulierung eines "absoluten ursprunges". ich weiss noch nicht genau, was das bedeuten soll, oder ob es überhaupt irgendetwas bedeuten kann.)


Ja, an der Stelle beisst sich die Schlange eben immer in den Schwanz: Alles, worüber wir hier schreiben oder reden, sind Begriffsweisen. Es ist nicht möglich, etwas nicht in Begriffen zu formulieren. Sobald wir es versuchen, basteln wir widersprüchliche und unsinnige Sätze oder Begriffe zusammen, die so für sich eigentlich nichts mehr bedeuten, z.B. sowas wie "absoluter Ursprung".

Zitat:
Zitat:
(30.04.2009, 18:03)spell bound schrieb: der witz an den koans ist ja gerade, dass sie unsinnig sind, dass man das aber erst erkennen muss.
Für mich hat die Beschäftigung mit so Fragen wie der nach dem Sinn des Lebens eine ganz ähnliche Bedeutung. Weshalb ich sie nicht strikt zurückweisen würde.

sicher, man sollte sie nicht einfach so zurückweisen. sondern darum, weil man ihre unsinnigkeit entlarvt hat. im etwas softeren falle formuliert man die unsinnigen fragen einfach um in sinnvollere varianten. man geht einen schritt zurück und schaut, was einem, nebst sprachverwirrung, dazu getrieben hat, diese fragen überhaupt zu stellen. und es kann manchmal sein, dass da garnichts mehr übrig bleibt.

Aber es ist dann immer noch die Frage: Bleibt da wirklich "nichts" mehr übrig - oder bleibt nichts mehr übrig, dass sich begrifflich fassen liesse? Lässt sich diese Frage durch begriffliches oder logisches Denken entscheiden? Bedeutet die Tatsache, dass da nichts mehr übrig bleibt, dass da nichts ist oder dass man die Grenzen der Sprache erreicht hat?

Ich tendiere eben zu letzterem, ohne mir da jetzt total sicher zu sein. Das ist halt eine Frage, mit der ich mich beschäftige und ein Grund für mich, mich mit alternativen Bewusstseinszuständen zu beschäftigen, wie zum Beispiel dem Klarträumen. Das Denken in Begriffen führt mich irgendwie nicht weiter, zum Beispiel eben das Grübeln über diese Fragen, wahrscheinlich genau aus den Gründen die du nennst, und nun schau ich mal, obs dazu Alternativen gibt.

Zitat:ich weiss nicht genau, was du damit meinst, dass ich die begriffe mit der realität gleichsetze (positivitisch? äh.. huh ).

Also unter "Positivismus" verstehe ich die Haltung, dass für uns nur das "real" ist, was wir erfahren können, und Dinge, die wir niemals erfahren können, mögen zwar irgendwie existieren (onthologisch gesehen), sind aber für uns ohne Belang (also nicht wirlich, nicht Teil der Wirklichkeit). So sagen Leute z.B., dass Kantsche "Ding an sich" mag onthologisch gesehen existieren, aber da wir es nie direkt erfahren können, ist diese Frage bedeutungslos und nicht entscheidbar für uns. Das heisst: wir haben eben nur die Begriffe und sonst nichts.

So scheinst du es auch zu sehen, wir können nur in Begriffen die Welt erfahren (ob jetzt unsere "gewöhnlichen" Begriffe oder irgendwelche anderen in alternativen Bewusstseinszuständen oder sonstwie, auf jeden Fall dualistisch, Subjekt erfährt Objekt) und darum ist eben die Welt der Begriffe unsere Realität und ob und was dahinter liegen mag, ist ein Bereich der völlig willkürlichen Spekulation bzw. Metaphysik.

Ich gehe dagegen davon aus, dass die begriffliche Wahrnehmung der Welt nur ein bestimmter Modus des Bewusstseins ist und wir durchaus Alternativen haben, bis zum Extremfall der direkten Wahrnehmung der Dinge, wie sie sind, was bedeutet, dass wir selbst die Dinge dann sind, mit allem verschmelzen, und das ist, was in mystischen Texten als Erleuchtung beschrieben wird (ich denke aber, dass es durchaus noch "Zwischenstufen" zwischen dem begrifflichen Denken und der Erleuchtung gibt).

Zitat:was ist denn diese tiefere ebene? kants ding an sich?

Da bin ich mir nicht ganz sicher, einfach weil ich jetzt nicht so der Kant-Kenner bin. Wie ich es verstehe, ist Kants "Ding an sich" einfach das, was wirklich onthologisch existiert, im Gegensatz zum Phänomen, unserer Wahrnehmung. Die Formulierung "Ding an sich" hört sich ein bischen so an, als gäbe es eben für jedes Objekt unserer Wahrnehmung ein entsprechendes "Ding an sich", was ich eher nicht glaube; wenn Kant dagegen sagt, dass Raum, Zeit und Kausalität Kategorien der Wahrnehmung und nicht Eigenschaften des Universums sind, kann das eigentlich nicht der Fall sein, denn ohne Raum, Zeit und Kausalität müssten eigentlich auch die klar voneinander unterschiedenen Objekte (der Wahrnehmung) verschwinden.

Also ich weiss es nicht genau, was Kant mit seinem "Ding an sich" meint, aber ich glaube schon, dass das in die Richtung einer Realitätsebene jenseits der begrifflichen Wahrnehmung geht. Ich jedenfalls sehe Kants Darstellungen durchaus als eine Bestätigung der mystischen Aussagen an, aber ich habe schon oft gelesen, dass man Kant auch genau andersherum interpretieren kann... dazu kann ich nicht wirklich etwas sagen.


Zitat:die bedingungen der möglichkeit von erkenntnis? ich sage nicht, dass es keine solchen bedingungen gebe. allerdings bin ich mir nicht so ganz sicher, ob ich sagen soll, dass sie "tiefere ebenen" oder auf sonstige weise völlig transzendent wären.
ich kann sagen, dass man begriffe erlernt, indem man ihre verwendungsweise einübt (antrainiert bekommt). aber um das zu können, bedarf es ja auch schon bestimmter voraussetzungen. sind diese "vorsprachlichen" bedingungen, z.b. dass man sprachen lernen kann, vor einer sprachlichkeit im allgemeinen, oder bloß vor diesen bestimmten sprachen? gibt es ein jenseits von sprache im allgemeinen, oder immer nur ein jenseits von bestimmten sprachen? ich glaube, letzteres. d.h. ich stimme dir teilweise zu. (aber dieses "teilweise" wiegt hier sehr schwer.)


Hm, vielleicht kann man das ganze mal von einer ganz anderen Seite her aufrollen: Wie stellst du dir denn das Universum vor, als es noch keine Menschen oder noch gar kein Leben gab? Ist das für dich überhaupt eine sinnvolle Formulierung? Oder anders gefragt, ist der Mond auch am Himmel, wenn keiner hinguckt? Was ist das, der Mond, den keiner beobachtet? Äh, oder drifte ich jetzt grade ab ins Offtopic?

Zitat:
Zitat:Aber irgendwo muss es ja etwas nicht weiter reduzierbares geben, das einfach ist.

muss es das? ich meine: es gibt immer eine grenze, von der aus man nicht weiter geht, aber ist es immer die gleiche? prinzipiell aber kann man immer weiter gehen, sofern man die nötigen mittel (begriffe) dazu hat. aber es macht nicht immer sinn, weiter zu gehen. und wo es sinn macht und wo nicht, hängt vom zweck der tätigkeit (untersuchung) ab.

Ja, und vor allem schaffen wir uns die Begriffe, mit denen wir immer weiter gehen, ja selbst. Ich glaube nicht, dass es in der Hinsicht eine Grenze gibt, wir werden uns immer neue Begriffe schaffen können. Die Frage ist, inwiefern die noch was mit der "Realität" zu tun haben und inwiefern sie eher willkürliche Konstruktionen sind.

Wenn ein Physiker tausende Aufnahmen von subatomaren Teilchen analysiert auf der Suche nach einem bestimmten, von der Theorie vorhergesagten Teilchen und dann auf zweien davon einen Punkt findet, woher wissen wir eigentlich, ob dieser Punkt jetzt wirklich das gesuchte Teilchen darstellt oder ob es sich um eine telekinetische Projektion des Physikers auf das Photopapier handelt? Woher wissen wir, was wahrscheinlicher ist? Woran liegt es, welche Interpretation bevorzugt wird?

Zitat:aber es gibt hier auch noch einen weiteren punkt: das problem der "privatsprache": sicher gibt es viele dinge, die niemand erkennt oder in bestimmten situationen auch garnicht erkennen kann, genauso wie man viele dinge nicht sagt oder in bestimmten situationen garnicht sagen kann. dass solche sachen dennoch existieren, stellt sich u.a. dadurch heraus, dass sie indirekte einflüsse haben auf irgendwas anderes. man kann sie prinzipiell, von irgend einer perspektive und situation heraus, erkennen, verstehen, formulieren.
aber es ist unsinnig zu sagen, etwas würde prinzipiell nicht erkennbar oder nicht sagbar sein, denn dann wäre es auch kein "etwas" mehr.

Ja klar, da geb ich dir recht, aber ich sag ja auch nur, dass dieses Etwas vom begrifflichen Denken nicht erkannt werden kann. Und ich behaupte halt, dass es Alternativen zum begrifflichen Denken gibt, mit denen es erkannt werden kann. Aber ich denke dazu haben wir oben schon einiges geschrieben.

Zitat:und wenn man nun sagt, man könnte es zwar wahrnehmen, aber nur höchst privat, sozusagen jeder für sich, und man könnte nie darüber miteinander reden, ist das nur eine ähnliche form dieses problems: denn was ich sagen kann, macht erst dadurch sinn, dass es öffentlich zugängliche kriterien gibt, anhand deren man es überhaupt erst feststellen kann. es kann nicht sein, dass ich sage: wir wissen alle bloß aus der eigenen erfahrung, was ein begriff bedeutet, und dadurch auch, was andere damit meinen. denn dann hätten wir noch gar kein kriterium dafür, herauszustellen, dass jemand anderes überhaupt von dem gleichen redet wie ich.

Ja, aber an der Stelle helfen z.B. sprachliche Hilfsmittel (oder wenn man so will von mir aus auch sprachliche Krücken) wie Analogien. Ich mache die subjektive Erfahrung X, die ich sprachlich nicht beschreiben kann. Ich spüre aber gewisse Analogien zu einer Erfahrung Y, die objektiv zugänglich ist. Dann sage ich "das X ist wie Y". Jemand anders, der auch die subjektive Erfahrung X gemacht hat, hat die Analogie zu Y möglicherweise auch festgestellt und denkt dann: "Ja genau, so hat er es gut ausgedrückt, es ist echt wie Y", oder aber, die Analogie wird ihm in dem Moment bewusst, in dem der andere sie äussert. Natürlich ist das eine höchst subtile und fehleranfällige Sache, und letztlich können zwei Mystiker wohl nie so genau wissen, ob sie von demselben sprechen. Ich denke aber, je tiefer die mystische Erfahrung auf beiden Seiten war und je besser die Analogien und Metapher gewählt werden, desto eher kann eine Kommunikation dann doch funktionieren.

Ausserdem kommt hinzu, dass es ja gar nicht so sicher ist, dass man über die mystischen Erfahrungen gar nicht sprechen kann, dass sie rein privat sind. Du hast ja beschrieben, dass es möglicherweise auch in alternativen Bewusstseinszuständen sowas wie Sprache gibt, und für mich sind Phänomene wie Shared Dreams z.B. keineswegs völlig ausgeschlossen. So privat sind mystische Erfahrungen vielleicht gar nicht, zumindest nicht prinzipiell. Das Problem ist eher, dass wir im gewöhnlichen Bewusstseinszustand eben nur die begriffliche Sprache zur Verfügung haben und beide Kommunikationspartner ihre Erfahrungen eben nicht in diese Sprache übersetzen können, selbst wenn sie dieselben Erfahrungen gemacht haben. Und da hilft dann eben, wie gesagt, der Umweg über Analogien, Metaphern und noch andere sprachliche Hilfsmitteln. Das Resultat sind dann Texte die für viele Leute völlig unverständlich sind.

Hierzu passt wieder der Wilber-Text den ich oben verlinkt hab.

Zitat:wenn ich eine sprache habe, die nur ich verstehe, dann ist es dennoch eine sprache, die auch prinzipiell aufgeschrieben und anderen beigebracht werden kann. ansonsten weiss ich selbst nichtmal, was ich mit meinen begriffen bezeichne.

Sofern sich beide im selben Bewusstseinszustand befinden, ja big

Das Problem ist weniger die Übersetzung von Person A zu Person B, sondern die Übersetzung von Bewusstseinszustand X in Bewusstseinszustand Y (ob bei derselben oder verschiedenen Personen ist egal).

Zitat:nein, ich sage nicht, dass ich nicht an das absolute glaube. sondern ich verwende diesen scheinbegriff am besten garnicht. ausser, um seine unsinnigkeit klar zu machen. ausserdem heisst es nicht, dass man stattdessen garnichts sagen soll. sondern man verwendet eben begriffe, die sinn machen bigwink

Jaaaa... aber damit setzt du doch deine Behauptung einfach als gegeben voraus, nämlich dass man alles, was existiert, auch in sinnvolle Begriffe packen kann.

Zitat:(im übrigen gibt es auch fälle, in denen "absolut" sinn macht. eben in einem anderen sinne, wenn man z.b. sagt: "absolut geil!", oder sowas. es spricht nichts dagegen, das wort so zu verwenden, solange einen das noch nicht verwirrt. alltagsfremde philosophen kommen aber dann sicher schnell daher und sagen "warte mal, das ist garnicht wirklich absolut, was du da "absolut" nennst"....)

Natürlich ist es ok, das Wort so zu verwenden, trotzdem ist es auch richtig, dass es dann eine andere (umgangssprachliche) Bedeutung hat. Also ich würde dir Recht geben, dass dieser Philosoph alltagsfremd ist, aber trotzdem hat er in gewisser Weise ja recht. Es ist nur in so einer Situation etwas daneben, das ausdiskutieren zu müssen, denn der Begriff wurde hier eben in einer anderen Bedeutung verwendet, die durch Konvention genauso gültig ist (bzw. in dieser Situation ist es auch die passendere oder von mir aus einzig passende Bedeutung). Man könnte auch annehmen, der Philosoph hält seine Interpretation für die absolut richtige, ohne den relativen Kontext zu bedenken. Und er scheint nicht fähig zu sein, zu erkennen, dass er Signale bekommt, die ihn eigentlich veranlassen müssten, seine Interpretation anzupassen.

Zitat:
Zitat:Und wenn ich jetzt sage, dass diese Verabsolutierung eine Folge der Übertragung in Begriffe ist, die ja nötig ist, um die Frage zu kommunizieren? Bin ich dann nicht fein raus?
leider nicht. verabsolutierung ist eine folge der falscher begriffsverwendung. es ist nötig, begriffe zur kommunikation zu verwenden. allerdings sind kategorienfehler nicht notwendig, sondern vielmehr störend. ausserdem bin ich dagegen, zu sagen, man würde eine frage in begriffe übertragen. sie findet nämlich schon immer in begriffen statt. genauso das wundern; es ist bereits ein zug in unserem sprachspiel. freilich heisst das nicht, dass man dazu worte verwenden oder sich die frage im kopf vorsagen müsste.
Ja, aber wie begründest du denn diese Behauptung? Mir kommt es wieder so vor, als würdest du deine Behauptung als gegeben voraussetzen. Wenn du sagst: es ist eben alles unser Sprachspiel, dann ist klar, dass es nichts anderes gibt.

Ich würde dir ja sofort recht geben, wenn du sagst, dass alle bewussten Vorgänge schon auf der begrifflichen Ebene sind, oder wie du sagst, Sprachspiel sind. Also auch ein vages Wundern oder Staunen, dass ich in mir bemerke. Aber woher willst du wissen, dass auch die ursächliche Quelle dieses Wundern, die ja möglicherweise im Unbewussten (das für mich übrigens sehr stark mit diesem "Etwas", von dem wir die ganze Zeit reden, dass sich nicht in Begriffe packen lässt, verbunden, vielleicht sogar identisch ist) liegen, die begriffliche Ebene nicht transzendieren? Warum soll die Quelle des Staunens nicht etwas völlig anderes sein, dass sich eben nur im gewöhnlichen Bewusstsein im begrifflichen Denken manifestiert (und dessen Ursprung im Begrifflichen wir dadurch, dass wir uns unsere Begriffe selbst schaffen, beliebig tief beschreiben können, ohne je an ein Ende zu geraten)?

Zitat:
Zitat:...aber die Beschreibung eines Gefühls ist eben nicht das Gefühl, und sie funktioniert in der Kommunikation nur dann, wenn der Empfänger das Gefühl selber kennt und die Beschreibung ihn veranlasst, die Erfahrung des Gefühls aus der eigenen Erinnerung hervorzurufen.
das hatte ich ja schon in der privatsprachproblematik angesprochen. nur noch soviel: wie kann man sich sicher sein, dass die erinnerung an das gefühl richtig ist? und sag nicht: man würde raten oder von einer prästabilisierten harmonie (leibniz) gelenkt. biggrin (und wie erkennt man, dass man richtig rät? - und sage nicht, man würde es nie sicher wissen können und am ende wäre jeder mit sich allein (solipsismus). wäre das nicht arg esoterisch und ausserdem kontrafaktisch?)

Doch, das hab ich ja oben schon geschrieben :-) Die zwei Mystiker können nie sicher sein, ob sie vom selben sprechen, aber im Grunde gilt das doch bei jeder Kommunikation. Du kannst nur zu einem gewissen Grade annehmen, dass die Kommunikation funktioniert, d.h. beide vom selben sprechen, und oft genug stellt sich hinterher raus, dass es gar nicht der Fall war. Immer wieder geraten unsere begrifflichen Landkarten mit dem Territorium in Konflikt, worauf wir unsere Karten anpassen, oder es einfach verdrängen und die störenden Signale in Zukunft nicht mehr bis ins Bewusstsein vordringen lassen. Wer ist sich absolut sicher, dass seine begriffliche Realität die richtige ist? Dogmatiker und Fundamentalisten.

Was soll daran esoterisch sein? Meinst du damit, dass alles völlig willkürlich wird und jeder behaupten kann, was er will? Das seh ich nicht so. Zumindest würde er dann wohl nicht ernstgenommen werden. Auch in mystischen Kreisen wird nicht einfach jedes Geschwätz ernst genommen. Glaub ich zumindest big

Wie schon oben geschrieben schliesse ich aber auch die Möglichkeit der "Absicherung" auf ganz anderen Wegen als dem begrifflichen Denken nicht aus, mal ganz krass und übertrieben formuliert halte ich es durchaus für vorstellbar, dass zwei Mystiker in völlig abgehobenen Bewusstseinszuständen sich in irgendwelchen Astralebenen treffen und kommunizieren oder dass eine Bestätigung auf telepathischen Wegen stattfindet oder wie auch immer. Gut, das kann man vielleicht esoterisch nennen...

Solipsismus seh ich da aber auch nicht. Daraus, dass ich mir nicht absolut sicher sein kann, dass es ausserhalb von mir noch andere gibt, muss ich ja nicht schliessen, dass es nicht so ist. Die absolute Sicherheit haben wir nun mal nicht. Soviel ich weiss kann der Solipsismus rein logisch nicht widerlegt werden. Aber genauso wie ich bei mystischen Erfahrungen Analogien und ähnliches verwenden kann, um bestimmte Dinge mitzuteilen, läuft das auch in anderen Bereichen, und so führen mich Analogien zwischen der Beobachtung von mir selbst und anderen auch zu der Annahme, dass die anderen genauso wirklich sind wie ich.

Und wieso kontrafaktisch? Welchen Fakten widerspricht das?

Zitat:ich sags mal so: sich etwas klar zu machen bedeutet immer, etwas zu begreifen. cool (ich glaub, ich hab auch einfach einen weiteren begriff von "begriff" ( biggrin )als du). ich sage nicht, dass es prinzipiell nichts "ausserhalb" von begriffen gäbe. aber man muss sich erstmal klar machen, was diese formulierung eigentlich bedeuten soll.
z.b. kann ich ja sagen, dass der "tisch" schon etwas ausserhalb vom begriff des tisches ist, wenn ich damit meine, dass er ja nicht bloß aus dem wort oder dem, was ich dabei assoziiere, etc. besteht, sondern aus materie etc. [...] aber man kann sich auch vorstellen, dass ein wesen anderer art (oder ein mensch unter drogen *g*) sogar gegenstände nicht mehr als solche wahrnimmt, sondern z.b. als energieformen oder als fließende prozesse, etc. und wieso nun sagen, das eine wäre wahrer als das andere?

Das seh ich eigentlich auch so... scheinbar verstehst du das, was ich sage, so, als würde ich von der einen objektiven Realität ausgehen, die irgendwo da draussen ist und die bestimmt, wessen Interpretation der Realität die "richtige", die "Wahrheit" ist. Das wäre so das objektive, unabhängig von uns existierende, einzig wirkliche Ding, dass die Wissenschaft erforscht. Aber das sehe ich eigentlich nicht so. Wenn es etwas jenseits des Bewusstseins gibt, dass allem zugrunde liegt, dann ist dies kein Ding. Es lässt sich nicht als "absolute Wahrheit" missbrauchen, denn es liegt völlig jenseits derartiger Begrifflichkeiten. Und vielleicht ist es wirklich identisch mit der Gesamtheit des Bewusstseins und der Begriffe und Wahrnehmungen, die wir eben nicht "da draussen" finden, sondern konstruieren. Vielleicht ist der Konstruktionsprozess die Realität und sonst gibt es nichts. Also kein "Ding an sich". Eigentlich ist das am ehesten meine Ansicht. Aber der Konstruktionsprozess selbst lässt sich eben nicht durch seine Produkte vollständig beschreiben bzw. direkt erfahren.

Tschüss,
Riky
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RE: das nichts oder die grenzen der sprache
#12
20.11.2009, 16:30
hi. lange nicht geantwortet, hatte den text nich gelesen und wollte aber nicht antworten, ohne ihn gelesen zu haben. nun ists spät, und ich glaube, wir können das gespräch nicht mehr nahtlos fortsetzen - ich zumindest bin etwas aus dem kontext getreten. fangen wir also nochmal mit dem grundlegenden an. ich mach mir erstmal ein paar notizen zu deinem wilber-text:


1. er schreibt von zwei erkenntnisweisen, einer dualistischen und einer nicht-dualistischen. letztere soll darin bestehen, sich mit dem erkannten direkt zu identifizieren, ohne jegliche trennungen anzuerkennen. er nennt das die erkenntnis der "absoluten wirklichkeit", den "nur-geist" zustand.

2. er thematisiert das problem, darüber reden zu können und macht hier eine neue trennung auf: die zwischen landkarte und territorium. "sprachliche kommunikation" (anscheinend gibt es auch noch andere arten von kommunikation) würde immer nur versuchen, die wirklichkeit abzubilden, und sie deswegen aber nie tatsächlich, also nie völlig exakt darstellen, und vor allem: niemals enthalten können (so als wäre alles nur eine "interpretation".)
3. um das problem zu lösen geht er davon aus, dass eine bestimmte verwendungsweise von sprache dennoch in der lage sei, zumindest auf die wirklichkeit "hinzuweisen", sodass man sich also "intim" an das "erinnert", was man eigentlich nicht ausdrücken kann. das analogische oder negative beschreiben würde letztlich nicht helfen, was einzig funktionierte, sei, von der sprache loszukommen, und das geschehe durch gewisse sprachliche "experimentelle" anweisungen.

4. wo nun also alle beschreibungen letztlich verschieden sein mögen, kann doch durch die verschiedenen anweisungen immer die eine sogenannte WIRKLICHKEIT direkt erkannt werden, und diese erfahrung sei immer die selbe. im grunde genommen könne man allerdings garnichts über die wirklichkeit sagen. alles reden darüber sei eine "entstellung".




ok, und nun zu meinen anmerkungen. er macht eine reihe von annahmen, die mir teilweise unbegründet, teilweise widersprüchlich erscheinen. ich fange aber mal "chronologisch" an, also der reihenfolge meiner zusammenfassung entsprechend. d.h. ich kritisier mal ein paar punkte von mehr und mal ein paar von weniger gewicht.

1. was ist eigentlich "erkennen"? was versteht man normalerweise darunter? dass jemand etwas erkennt; also ist hier die trennung im üblichen sprachgebrauch zwischen objekt und subjekt konstitutiv. was er dann beschreibt als die "eigentliche" art des erkennens, ist im grunde eine uneigentliche. aber ignorieren wir das: er will also diese trennung zwischen objekt und subjekt aufheben, ist ja auch ok. was mich daran aber stört ist nicht nur, dass das als eine art von "erkennen" bezeichnet wird, sondern auch, dass dabei gesagt wird, es würde sich hier um die "absolute wirklichkeit" handeln, die erkannt wird, oder um diesen "nur-geist" zustand.
doch auch unter wirklichkeit wird normalerweise einfach die welt verstanden, in der wir leben und die wir so (v.a. als kollektiv) wahrnehmen (und über die wir uns auch teilweise irren, diese irrtümer prinzipiell aber ausgeräumt werden können). was ist dann die "absolute" wirklichkeit? das führt uns wohl zu punkt 2, in dem es um territorum und karte geht. vorher aber noch:
was heisst "nur-geist"? der begriff des erkennens ist doch von sich aus ein rein geistiger begriff. materie kann nichts erkennen, d.h. wir sagen nicht von materie, sie würde was erkennen. wo ist also das nicht-geistige am dualismus? ist es das erkannte? vielleicht will der begriff darauf hinaus, dass das erkennen von objekten eine oberflächliche herangehensweise ist, nicht den kern trifft (der anscheinend geistig ist, selbst bei materie), und nur durch diese identifikation bis zum grund eingesehen werden kann. ich behaupte mal nicht, dass es unmöglich ist, dass objekt und subjekt verschmelzen bzw. diese trennung aufhört. aber was heisst das? es wäre unsinnig, dann noch von erkennen zu sprechen, genauso wie es unsinnig wäre, von einer erkannten wirklichkeit zu reden. es wäre einfach nur eine identifizierung, sofern aber "von innen heraus" sozusagen noch eine erkenntnis über das "wesen" des identifizierten stattfindet, ist das so ähnlich wie die selbsterkenntnis: und die ist dualistisch. und ich seh auch nicht, wieso das schlimm sein soll.

2. die trennung zwischen landkarte und territorum finde ich unangemessen. sicher, diese trennung macht sinn, wenn man von landkarten und territorien spricht, und auch in der sprache kommt es vor, dass man versucht, wirkliches (allerdings nicht: "die wirklichkeit") abzubilden. aber in solchen fällen dreht es sich um eine wirklichkeit, zu der man zugang hat, an der man die abbildung durch die sprache auf ihre korrektheit hin überprüfen kann. es ist keine "verborgene" wirklichkeit. dabei sei auch noch hingewiesen auf das problem der "exaktheit", das eigentlich gar kein problem ist: "man wird nie völlig exakt bechreiben können".. aber was heisst das? man wird doch in vielen fällen völlig ausreichend exakt sein können. eine weitere exaktheit würde oft sogar sinnlos werden.
dass die wirklichkeit nicht in der sprache enthalten ist, wenn sie sie beschreibt, ist wohl wahr. aber heisst das, wir müssten uns von der sprache abwenden? die annahme von einer kluft zwischen sprache und wirklichkeit lässt das so erscheinen. als müsste man diese kluft irgendwie überwinden. dabei greift die sprache doch direkt in die wirklichkeit ein. unsere ganze wahrnehmung funktioniert schon in begriffen, und mit begriffen gestalten wir auch die wahrnehmung, und performativ auch unser verhalten und die materie selbst. (anbei sei gesagt, dass die deskription nur ein zweck der sprache von vielen ist, und sprache in den meisten fällen - ja vermutlich schon in der deskription selbst - handlung, performanz ist. die wirklichkeit wird weniger abgebildet als überhaupt erst gestaltet.)

3. wie gesagt halte ich die kluft und damit das problem ihrer überwindung zwischen sprache und wirklichkeit schon für illusionär. nun noch zum begriff des "andeutens" durch sprache auf etwas, was nicht sprachlich begreifbar sei: wenn er von dem beispiel mit dem mond redet, finde ich es völlig klar: man zeigt auf den mond, und diese geste des zeigens ist natürlich nicht der mond selbst. aber wo tritt denn das problem auf, dass man das verwechseln würde? wieso wird der mond nun zu einem privaten unding, zu dem gar keine sprache irgendwelchen zugang hätte? man kann ja eben darauf zeigen, es bezeichnen, darüber reden. würde man das nicht können, wäre die ganze geste schon des zeigens selbst hinfällig, denn man wüsste nicht, worauf sie zeigt. wenn man sagt, man erinnere sich durch diese indirekten andeutungen an etwas, worauf man eigentlich garnicht hinweisen kann, woher weiss man also, dass man sich an das richtige erinnert? an das, worauf der andere wirklich hinweisen wollte? da es per definition privat sein soll, wird es kein kriterium geben, anhand dessen man das entscheiden könnte. man würde nichtmal selbst ein kriterium haben, denn hätte man eines, würde das prinzipiell auch anderen verständlich sein können. man müsste 'in sich' auf etwas 'zeigen', wovon man garnicht weiss, ob es das ist, worauf man zeigen wollte.
meine lösung wäre folgende: es handelt sich bei diesen "mystischen erfahrungen" garnicht um etwas 'rein privates' (was ein unding wäre). die tatsache, dass man sich gegenseitig andeutungen geben kann, zeigt schon, dass es kriterien geben muss, anhand derer man die richtung dieser andeutungen beurteilen, erkennen kann. solche kriterien lägen z.b. im weiteren verhalten dessen, dem man solche andeutungen gab. die gefahr liegt aber nun darin, diese kriterien nicht anerkennen zu wollen. denn das führt tatsächlich zur legitimierung von willkür, und hier wirds nicht nur psychologisch fragwürdig, sondern u.u. sogar politisch bedenklich. weiter bei 4. -

4. aufgrund der angeblichen privatheit bzw. nichtsagbarkeit des wirklichen ist es äußerst vermessen, davon auszugehen, dass alles, was verschiedene religiöse und philosophische diskurse dazu sagten, letztendlich auf die gleiche erfahrung rekurriere. denn gerade das könnte man dann ja niemals beurteilen. diese absolute erfahrung wird gewissermaßen 'leer' - darüber zu reden, hat gar keinen zweck, alles reden dreht sich um etwas anderes. aber zu behaupten, es würde alle erfahrung grundlegend die gleiche sein, missachtet die offensichtlichen unterschiede der diskurse. dadurch wird jegliche religion beispielsweise im sinn der eigenen umgedeutet, und kommt garnicht mehr selbst zur sprache. das ist im extremfall intellektueller imperialismus, wie er zur zeiten der kolonialisierungen vorherrschte - man erinnere sich an die theosophische gesellschaft.
des weiteren diskreditiert diese ganze dualistische konzeption von karte und territorum die sprache, und auch den körper (siehe: "nur-geist") als etwas unvollkommnes, zu überwindendes. völlig im geist des neoplatonismus und der gnosis. aber diese trennung ist, wie ja hingewisen, selbst illusionär, und sie zu kultivieren führt vielleicht letztendlich zur illusion der erleuchtung, nicht aber zu freiheit.

schließlich noch eine anmerkung: in keinster weise kann angeblich über diese wirklichkeit sinnvoll geredet werden. soweit so gut. aber was unbemerkt bleibt ist, dass hier von der "wirklichkeit", vom "rein geistigen" usw. geredet wird, dass vorausgesetzt wird, dass diese begriffe verstanden werden. selbt wenn man nur noch sagen wollte: "da ist etwas, ich weiss nicht was", oder "es ist völlige leere"... wäre das noch zu viel: denn auch das wäre dualistisches denken. dabei kann man sich, wie schon dargelegt, nicht mit ausflüchten retten, die besagen, man würde mit solchen aussagen nur auf etwas (auf 'etwas'? ...) hinweisen, was nicht sagbar sei.





zum schluss, zur allgemein unterhaltung oder zur inspiration noch zwei zitate von wittgenstein, auf dessen gedanken meine darstellungen auch vorwiegend beruhen.

grüße.


philosophische untersuchungen, § 261:
Zitat:Welchen Grund haben wir, »E« das Zeichen für eine Empfindung zu nennen? »Empfindung« ist nämlich ein Wort unserer allgemeinen, nicht mir allein verständlichen, Sprache. Der Gebrauch dieses Worts bedarf also einer Rechtfertigung, die Alle verstehen. - Und es hülfe auch nichts, zu sagen: es müsse keine Empfindung sein; wenn er »E« schreibe, habe er Etwas - und mehr könnten wir nicht sagen. Aber »haben« und »etwas« gehören auch zur allgemeinen Sprache. - So gelangt man beim Philosophieren am Ende dahin, wo man nur noch einen unartikulierten Laut ausstoßen möchte. - Aber ein solcher Laut ist ein Ausdruck nur in einem bestimmten Sprachspiel, das nun zu beschreiben ist.

philosophische untersuchungen, § 293:
Zitat:Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir »Käfer« nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schaun; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. - Da könnte es ja sein, daß Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, daß sich ein solches Ding fortwährend veränderte. - Aber wenn nun das Wort »Käfer« dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? - So wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte auch leer sein. - Nein, durch dieses Ding in der Schachtel kann ›gekürzt werden‹; es hebt sich weg, was immer es ist.
Das heißt: Wenn man die Grammatik des Ausdrucks der Empfindung nach dem Muster von ›Gegenstand und Bezeichnung‹ konstruiert, dann fällt der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung heraus.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: das nichts oder die grenzen der sprache
#13
22.11.2009, 10:26
sehr interessante diskussion. habs mit gewinn gelesen big und auch eine kleine literaturempfehlung: http://www.amazon.de/Nichts-Abschied-Sei...813&sr=1-1
lohnt sich zu lesen. insbesondere, wenn jemand fragt "was liest du denn da?". big

maxsensei
offene weite - nichts von heilig
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RE: das nichts oder die grenzen der sprache
#14
22.11.2009, 15:21
Wie kann man bloß seinen Verstand mit solch abstrakten Spiegelfechtereienbeschäftigen?
Gibt es in euerm Leben nichts konstruktives zu bedenken?
Wer bin ich?
Wie lebe ich?
Wie möchte ich leben?
Wozu lebe ich?
Was kann ich mit meinem Leben tun?

Das Gehirn ist ein Handlungsorgan!
Nicht im Denken, in der Handlung verwirklicht ein guter Mann seine Freiheit!
So wenig Freiheit, daß nur das Denken übrigbleibt?
So viel Denken, daß kein wissen mehr übriggeblieben ist?

Rock onthumbsu
[Bild: pasteurzitat.jpg]




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RE: das nichts oder die grenzen der sprache
#15
22.11.2009, 19:21
Klick doch einfach mal auf den Link im ersten Posting.
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