(20.07.2016, 21:41)Uefken schrieb: Zitat:Ich würde den allgemeinen Pessimismus gar nicht so verteufeln. Denn immerhin hilft er beim Überleben. Man kann sagen, die natürliche Auslese hat uns zu tendenziellen Pessimisten gemacht:
Der Höhlenmensch, der den unbekannten Pilz lieber stehen lässt, ist vielleicht mein Urahne.
Der Höhlenmensch, der sich gedacht hat "ach, wird schon nicht giftig sein", eher nicht.
...
Pessimismus ist zum einen nicht die Negativverzerrung, die ich meine. Ich meine die Konzentration auf Defizite, auf "Reparierbedürftiges" und ich meine einen allgemeinen hang zur Depression und zur Unzufriedenheit und allen anderen negativen Gefühlen.
Aber gut, setzen wir das Ganze mal eben hypothetisch mit Pessimismus gleich.
Nein, das war nicht meine Absicht!
Der über Jahrmillionen angezüchtete und manchmal lebenserhaltende Pessimismus kann aber sehr wohl die
Ursache für die von Dir beschriebene Defizitorientierung sein. Wenn das eine die Ursache von dem anderen ist, dann bedeutet das auch, dass die beiden Dinge eben
nicht gleich sind.
Man kann nun mal in seinem Leben locker tausend wunderschöne bunte Schmetterlinge übersehen oder ignorieren, ohne dass es unmittelbare Konsequenzen hätte. Aber den einen LKW, der beim Abbiegen nicht kuckt, den sollte man tunlichst nicht übersehen. Da kann der erste sehr leicht auch der letzte sein.
LANGFRISTIG dagegen stellt auch das Bunte-Schmetterlinge-übersehen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Denn dann wird man möglicherweise depressiv. Man braucht gelegentlich auch einen bunten Schmetterling, um nicht depressiv zu werden – rein bildlich gesprochen natürlich; "bunter Schmetterling" kann für jeden Menschen etwas anderes bedeuten; irgendetwas Erfreuliches eben.
Zitat:(Obwohl du eher Vorsichtigkeit oder Argwohn als Pessimismus mit dem Pilz beschrieben hast. Aber nehmen wir auch an, du hast Pessimismus beschrieben.)
Ja, doch, Vorsicht betrachte ich als eine Art von Pessimismus.
Denn vorsichtig ist man ja hauptsächlich deshalb, weil man daran denkt, was im schlimmsten (lat. "pessimus") Fall passieren könnte. Leitet sich also direkt aus der Wortbedeutung ab.
Zitat:Dann ist immer noch nicht gesagt, dass eine damals sinnvolle Einstellung heute immer noch sinvoll ist.
Das habe ich auch nicht unterstellt.
Vieles, was früher einmal Sinn ergab, kann heutzutage Probleme bereiten. Bestes Beispiel dafür sind wohl die Reflexe "Angriff", "Flucht" und "Schockstarre ".
Zitat:Aber nehmen wir selbst das an, dann gilt das immer noch nur für die Art und das Überleben der Art. Nicht für das Individuum und schon gar nicht für Lebensqualität.
Wie gesagt: Bitte unterscheiden zwischen Vorsicht und depressiver Grundstimmung. Vorsicht KANN zu Depression führen, wenn man es damit übertreibt. Und Depression war noch nie überlebensdienlich – weder für den Einzelnen noch für die Art (insb. haben Depressive auch weniger Bock auf Sex

)
Auf der anderen Seite ist ein gewisses Maß an Vorsicht – da muss ich Dir widersprechen – nicht nur für die Art sondern auch für das Individuum überlebensdienlich.
Der Pilz, der für den Höhlenmenschen giftig war, ist auch heutzutage noch giftig.
Und bloß weil ich ihn stehen lassen, bin ich bitteschön noch nicht depressiv und defizitorientiert!
Das werde ich erst, wenn ich immer wieder in das gleiche Waldstück zum Sammeln gehe, obwohl ich weiß, dass dort nur mutmaßliche Giftpilze wachsen, und anschließend immer stärker frustriert bin, dass ich nichts nach Hause bringe.
P.S. Wenn man in der Metapher die Giftpilze durch ungenießbare Pilze oder vergammelte Pilze ersetzt, dann könnte der betreffende Wald z.B. auch für einen Arbeitsplatz stehen ...
P.P.S Ich bemerke meinen Pessimismus – ich lächle meinem Pessimismus zu