(20.07.2016, 22:40)Uefken schrieb: 1. die Annahme, dass die meisten Leute negativ träumen - und wenn das stimmen sollte, wäre es selbst ein Beispiel
ich denke, die annahme ist keine rein subjektive einschätzung, sondern eine statistische schlussfolgerung (sei mal dahingestellt wie gut die studien sind). gehen wir aber davon aus, dass negative träume tatsächlich überwiegen, wie kann das ein beispiel für defizitorientierung sein? negative träume müssen nicht entstehen, weil man sich nur auf negatives konzentriert. es kann auch daraus entstehen, dass man negatives erlebt (hat).
Zitat:2. die tatsache, dass Ekman nur ein (und dann noch so ein vages und schwammiges) positives Grundgefühl (von 7!) postuliert hat
dem stimme ich zu. im grunde könnten alle die negativen grundemotionen ja auch positive gegenparts haben. dumm nur, wenn man die gegenparts dann alle "freude" nennt ^^ das hier sehe ich tatsächlich als indiz dafür, dass man sich v.a. auf negatives konzentriert. nun ist aber die frage, ob das berechtigt ist, dadurch noch nicht beantwortet.
man könnt es also z.b. so definieren:
grundemotionen:
- freude / traurigkeit
- traurigkeit / freude
- wut / dankbarkeit
- ekel / lust
- verachtung / wohlwollen
- überraschung / langeweile
- furcht / neugierde
daraus könnte man dann begriffe nehmen, die neutral die beiden pole zusammenfassen. dazu fällt mir aber noch nichts ein.
Zitat:3. die Tatsache, dass es so gut wie keine Glücksforschung, wohl aber einen Berg klinischer Forschung und Literatur gibt
kann auch daher kommen, dass seelische leiden sehr häufig sind. sich mit der heilung ebenjener zu befassen, ist dann doch aber keine grundsätzlich pessimistische oder defizitorientierte sichtweise.
Zitat:4. die Tatsache, dass Steffi in den Senoistunden immer die "Probleme" diskutieren will, auch wenn der Traum sonst NUR positiv war
man könnte des verallgemeinern. grundsätzlich ist es leichter, negatives als positives zu diskutieren. für negatives kann man sich lösungen aussuchen. bei positivem geht es eher darum, es mit anderen zu teilen. aber wenn man das getan hat, kann man vllt nicht mehr so viel dazu sagen. oder ich bin zu negativorientiert, dass mir das schwerer fällt. man kann natürlich auch staunen und wunder ausgiebig erforschen.
Zitat:5. der verbreitete (und meiner Meinung nach falsche) Glaubenssatz, dass Entwicklung weh tun muss
das würde ich, sofern es falsch ist, eher als zynisch denn als pessimistisch betrachten. aber die frage ist, was genau damit gemeint ist. wenn man von einem menschen ausgeht, der seelische schäden hat, ist es doch plausibel, dass eine beschäftigung mit jenen zwar zur entwicklung führt, aber auch schmerzhaft wird. jetzt ist die frage wohl eher die, wie viele menschen denn solche schäden haben - je nach antwort wird man sagen können, dass der glaubenssatz so pauschal formuliert richtig oder falsch ist. aber ich kenne diesen glaubenssatz auch im kontext von erziehung und finde ihn da falsch. zwar lernt man auch als kind aus schmerzhaften erlebnissen etwas, und die sind wohl kaum vermeidbar, aber viele erziehung rechtfertigt bestrafungen mit ebenjenem glaubenssatz. das ist das, was ich zynisch nennen würde. denn hieraus entsteht auch keine entwicklung, sondern das gegenteil.
Zitat:6. der verbreitete (und meiner Meinung nach falsche) Glaubenssatz, dass Glück Unglück als Kontrast braucht und/oder nur auf "Kredit" zu bekommen ist
hier muss man denke ich differenzieren. glück und unglück sind zwei begriffe, die normalerweise durch den je anderen mit definiert werden. man braucht den kontrast zumindest insofern, dass man beides voneinander unterscheiden können muss. das heißt aber noch nicht, dass man den kontrast auch erleben muss - es reicht, wenn man ihn antizipieren kann. ich hab aber tatsächlich schon von vielen gehört, dass man das erleben müsse. es stimmt zwar, dass ein stark erlebter kontrast das glück noch stärker werden lässt, aber ich glaube nicht dass es notwendig ist um überhaupt glücklich zu sein. hier würd ich dir also was den pessimismus angeht zustimmen.
Zitat:7. die Tatsache, das "Gutmensch" zum Schimpfwort geworden ist für Idealisten, die die Realität ins Positive verzerren und "Realismus" eher "Pessimismus" heißt als "Optimismus"
naja "miesepeter" ist genauso ein schimpfwort. allerdings denke ich auch, dass idealismus grundsätzlich als unrealistisch und naiv betrachtet wird und dass mit realismus oft eher pessimismus gemeint wird. auch hier würd ich dir zustimmen, dass es eine negativfixierung gibt.
nun aber sind deine beispiele selbst eine negativfixierung. denn du konzentrierst dich ja nur auf die leute und sichtweisen, die eine negativfixierung haben. es gibt z.b. auch viele leute, die sehr optimistisch in den verkehr gehen und dann leichtsinnig werden. oder leute, die ständig feiern und die sonne genießen, wo manch einer vielleicht auch sagen würde: das ist ZU leichtfüßig gelebt. es gibt auch viele menschen, die behaupten, dass traumatisierung in ihrem leben und beim großteil der gesellschaft keine rolle spielen würde -> optimismus.
man muss also schon grundsätzlich wissen, wie die realität eigentlich ist, um einschätzen zu können, was nun eine negative oder positive verzerrung derselben darstellt. und wie sie ist, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner