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Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn

Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#1
14.04.2011, 07:24
Unter diesem Titel hat Daniel Hell einen Artikel im Tages-Anzeiger veröffentlicht. Darin geht er auf die Gleichsetzung bzw. Unterscheidung von Seele und Gehirn ein. Daniel Hell war bis zu seiner Pensionierung Chefarzt der Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich.

Dieses Thema ist für das Forum sehr wichtig, denn immer wieder wird das persönliche Erleben mit Hirnfunktionen kurzgeschlossen. Man sehe sich nur einmal das Forumsbild oben an. Oder noch schlimmer, es wird auf Hirnfunktionen reduziert, sodass dem Menschen sogar die Willensfreiheit abgesprochen wird.

Das Thema hat sehr viel mit Klarträumen zu tun, denn für viele begann das Klarträumen erst zu existieren, als es mit dem EEG verifiziert werden konnte. Dabei ist das Phänomen vermutlich seit jahrtausenden bekannt. Das persönliche Erleben wird aber aus der Perspektive und durch die Scheuklappen der bedingunslosen Naturwissenschaftsgläubigkeit geringgeschätzt. Es wird ihm, und damit der Seele, keine Wahrheit zugesprochen.
Wir sind nur gekommen, ein Traumbild zu sehen,
wir sind nur gekommen, zu träumen,
nicht wirklich, nicht wirklich sind wir gekommen,
auf der Erde zu leben. - Tochihuitzin Coyolchiuhqui


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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#2
14.04.2011, 09:19
Ich glaube hier im Forum sind auch mehrere Meinungen vorhanden.
Zum einen die materialistische Auffassung, die den menschlichen Geist und die Seele mit Gehirnfunktionen gleichsetzen und die davon ausgeht, dass alles auf wechselwirkungen der Materie beruht.
Dann gibt es sicherlich auch Menschen, die ein Bild von Koerper und Seele besitzen, wie es die christliche Theologie vertritt.
Aber dann gibt es sicherlich auch Menschen, die ein sehr differenziertes Bild von der Entstehung der Welt haben, das die Vorstellungen der Mythen der unterschiedlichsten Voelker integriert.
Ich habe den Artikel nur angelesen, aber die Seele mit Gefuehl etc. gleichzusetzen ist eben nur eine Verschleierung des Begriffs Seele.
Bevor man sich vom zeitgenoessischen Journalismus in dessen Plattheit hineinziehen laesst, sollte man sich lieber mit den Mythen der Voelker bzw. Sekundaerliteratur dazu beschaeftigen, um ueberhaupt eine Vorstellung von der Umfassenheit des Seelenbegriffs zu bekommen.

Dagegen ist auch der Seelenbegriff der christlichen Kirchen eher als armseelig zu bezeichnen.
Und deswegen ist es auch kein Wunder, dass er von der Naturwissenschaft so leicht ausgehebelt werden kann.
Eine Vorstellung der Seele als Weltenachse zB. wie sie die Urspruenge des Judentums, die germanische Mythologie und Teile der indischen Veden und der Vedanta nahelegen, wurde ja schon vor einigen hundert Jahren von der Kirche ausgerottet.
Erst auf der Grundlage des praerationalen Seelenbegriffs der christlichen Theologien konnte ein materialistisches Menschenbild geschaffen werden...
[Bild: pasteurzitat.jpg]




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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#3
14.04.2011, 11:42 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.04.2011, 17:12 von ricky_ho.)
Im materialistischen und reduktionistischen Einheitsbrei der sonst vorherrscht ist so ein Artikel jedenfalls mal ne Wohltat, auch wenn man da sicher auch in einigen Punkten anderer Ansicht sein kann.

Inhaltlich hat er mich vor allem an zwei andere Autoren erinnert, und da wir hier ja im "Literatur"-Forum sind, nenne ich die natürlich:

Alva Noë räumt in seinem Buch "Du bist nicht dein Gehirn" mit vielen durch die Hirnforschung gestützten Vorurteilen auf und stellt auch die "Gehirn-im-Tank"-Metapher in Frage. Wie der Autor in dem Artikel stellt er klar, dass ein Gehirn alleine nicht fühlen und nichtmal denken kann, sondern dass dafür ein Organismus in seiner Umwelt nötig ist. Auch ansonsten lesenswertes Buch, was ich hier auch schon mal vorstellen wollte, das ist dann hiermit erledigt big

Ken Wilber erklärt in seiner integralen Theorie und insbesondere dem AQAL-Modell die auch im Artikel angesprochene Reduzierung der Welt auf nur eine Perspektive. Neben der im Artikel genannten 1. Person ("innen"/"Subjekt") und 3. Person ("aussen"/"Objekt") differenziert er noch nach Individuum und Kollektiv und kommt so auf 4 grundlegende Perspektiven (bzw. "Quadranten" im AQAL-Modell, welches noch eine Menge weiterer Differenzierungen beschreibt). "Integral" bedeutet eben, dass grundsätzlich jedes Phänomen oder Ereignis in der Welt alle 4 Perspektiven betrifft und diese nicht aufeinander reduziert werden können. Für den Einstieg empfehle ich hier "Eine kurze Geschichte des Kosmos" oder auch "Integrale Spiritualität".

Nochmal zum Artikel: Was mich immer so ein bischen verwirrt ist, wenn von der Seele als "Metapher" geredet wird. Mein erster Eindruck ist dann, dass hier der Seele auch die unabhängige Existenz abgesprochen wird und im Grunde auch ein Materialismus vertreten wird. Aber ich glaube da täusche ich mich einfach. Gemeint ist wohl, was der Autor ja auch schreibt, dass die Seele eben kein "Ding" ist. Unsere Sprache kann aber nur "Dinge" beschreiben. Darum ist das Wort "Seele" eine Metapher.

Wichtig finde ich auch den Hinweis auf den Zusammenhang zwischen solchen Welt- und Selbstbildern und Depressionen. Ich bin davon überzeugt, dass es diesen Zusammenhang gibt und dass jemand, der wirklich - in seinem tiefen Inneren - daran glaubt, nur eine willenlose, mechanische Machine zu sein, einfach depressiv werden muss. Andersrum glaube ich darum auch, dass diejenigen, die ständig diesen Reduktionismus vertreten, aber nicht depressiv werden, in ihrem tiefen Inneren nicht wirklich von dieser Ansicht überzeugt sind, sondern sich als freies - und beseeltes - Individuum empfinden. Das Vertreten solcher materialistischer Theorien nach Aussen (und auch gegenüber einem selbst) hat dann viel mehr mit gruppendynamischen Prozessen zu tun als mit tiefen, inneren Überzeugungen.

Und ich denke auch, dass das Ansteigen der Depressionserkrankungen nicht nur etwas mit unserer Leistungsgesellschaft, sondern eben auch mit diesen reduktionistischen Vorstellungen über uns selbst zu tun hat - wobei es sicher auch einen Zusammenhang zwischen diesen beiden gibt, denn wer wäre geeigneter für eine Leistungsgesellschaft, in der man zu funktionieren hat, als ein willenloser Roboter, und wer wäre ungeeigneter für so eine Gesellschaft als ein freier Mensch?
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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#4
14.04.2011, 16:16 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.04.2011, 16:18 von fiodra.)
(14.04.2011, 09:19)Bookster_II schrieb: ...Ich habe den Artikel nur angelesen....
....Bevor man sich vom zeitgenoessischen Journalismus in dessen Plattheit hineinziehen laesst...

Vielleicht solltest du den Artikel doch ganz lesen, bevor du ihn eingehend kommentierst. Was hat Journalismus mit diesem Artikel zu tun? Oder bist du Journalist? augenroll
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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#5
14.04.2011, 23:01 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.04.2011, 14:09 von Bleifuss1988.)
Ist halt immer dieselbe Diskussion: Ist das gehirn Quelle des Bewusstsein, oder Mittler zwischen der materiellen Welt und der Seele, die für uns im lebendigen/inkarnierten Zustand nicht greifbar ist? Materialisten machen es sich häufig einfach und behaupten, wenn man an eine Seele glaubt, würde man einen Rückschritt machen, weil ja unsere Vorfahren fest davon ausgegangen sind. Nur was, wenn diese vorfahren Recht haben sollten? Umgekehrt darf aber auch nicht angenommen werden, dass das Gehirn zu 100% von der Seele "fremdbestimmt" wird. Ein gewisses eigenleben wird es sicher führen. Das wäre so mein "Kompromissvorschlag".
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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#6
15.04.2011, 12:56
(14.04.2011, 23:01)Bleifuss1988 schrieb: Materialisten machen es sich höufig einfach und behaupten, wenn man an eine Seele glaubt, würde man eienn Rückschritt machen, weil ja unsere Vorfahren fest davon ausgegangen sind. Nur was, wenn diese vorfahren Redcht haben sollten?

Das ist schon wieder die Prä/Trans-Verwechslung, die letztendlich immer darauf basiert, dass die Menschen glauben, dass die Entwicklungsstufe, die sie grade erreicht haben, das Optimale ist, einfach die absolute Wahrheit. Also auch vor allem kulturell gesehen.

Und so lehnen Menschen, die das rationale Bewusstsein, das in unserer Kultur nach wie vor dominiert, für die Endstation der Entwicklung des Bewusstseins halten, eben alles ab, was nicht rational ist. Prärationale Vorstellungen, die sich auf rationaler Ebene als nicht haltbar erwiesen haben (z.B. ein naiver Körper/Geist-Dualismus, oder auch blinder Glaube an bestimmte Vorstellungen von Seele, weil sie in irgendeinem heiligen Buch stehen, also mythologisches Gruppenbewusstsein), werden in einen Topf geschmissen mit transrationalen Erfahrungen (ich würde dafür als Beispiel die Berichte hier im "Basale Klarheit"-Bereich betrachten) und als "irrational" gleichgesetzt.

Für jemanden, der das rationale Bewusstsein für das Ende der Evolution hält, ist das ja auch folgerichtig. Für ihn muss jemand, der irrationale Erfahrungen macht, irgendwie geistig gestört bzw. zurückgeblieben sein, denn transrationales existiert für ihn nicht, nur prärationales.

Wenn man aber die rationale Stufe als eine Stufe in der Entwicklung betrachtet, die nicht die letzte Stufe darstellt (was man glaube ich durchaus auch mit vorwiegend rationalem Bewusstsein kann) , dann heisst das, dass es Erfahrungen gibt, die rational nicht beschrieben und erklärt werden können. Logisch, dass Menschen, die sich auf der rationalen Ebene befinden, diese transrationalen Erfahrungen bzw. vor allem die Berichte darüber mit Berichten aus der prärationalen Vergangenheit der Menschen verwechseln und beides gleichsetzen.

Ich würde also nicht sagen, dass unsere Vorfahren "Recht hatten", was die kulturell dominierenden Vorstellungen angeht, die prärational waren, sondern ich würde sagen, dass es ein Irrtum ist, diese Vorstellungen mit allem, was nicht rational ist, gleichzusetzen. Das betrifft auch Mystiker, die es schon immer gab und die transrationale Erfahrungen gemacht und darüber berichtet haben, und deren Berichte genauso in einen Topf geworfen werden mit Sagen und Legenden und anderen prärationalen Mythen. Wobei sich das in der Überlieferung ja auch noch vermischt, denn z.B. Jesus oder Buddha waren wohl solche Mystiker, aber viele der Geschichten über sie kann man wohl als Mythen bezeichnen.
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RE: Gestutzte Seele, beflügeltes Gehirn
#7
26.04.2011, 21:34 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.04.2011, 21:34 von Overdriven.)
Ich bin der Ansicht, dass psychisches Erleben ein Bestandteil der physikalischen Welt ist und physikalischen Gesetzen gehorcht. Man kann sagen, ich bin davon überzeugt, aber ich würde mich gerne eines Besseren belehren lassen, wenn es gezeigt wird. Dennoch fühle ich mich nicht tief im Inneren mechanisch fremdgesteuert oder so. Das ist ja auch nicht eine notwendige Folge, dass ich an den Monismus glaube.

Wenn das Universum auf rein mechanischen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen beruht, dann wäre es für mich demnach sinnvoll zu glauben, dass ich, bzw. alle anderen auch (oder doch nur ich, als Strafe dafür, dass ich so einen Unsinn glaube) keine Handlungsfreiheit besitzen. Das passiert aber alles auf einer Ebene, die mich nicht wirklich interessiert, weil ich mich trotzdem als Mensch mit Verantwortung für sein Tun empfinde. Sprich, wenn es keine Handlungsfreiheit geben sollte, ist die Aussicht, etwas daran zu ändern, sehr gering (optimistisch ausgedrückt) und warum soll ich mir dann ernsthafte Gedanken darüber machen, oder mich gar so fühlen, als wäre ich nur Materie?

Was ich allerdings nicht ganz nachvollziehen kann ist, warum man so einfach von Reduktionismus spricht. Natürlich ist eine endliche Anzahl von Möglichkeiten, die bestimmte Zustände des Gehirns sind, nichts gegen eine eventuell unendliche Anzahl an psychischen Erfahrungen, wenn die Seele frei ist. Aber ich denke nicht, dass man die Vorgänge in unserem Körper, die meiner Meinung nach zu den subjektiven Qualitäten führen, mit einer Maschine gleichsetzen kann. Maschinen sind von Menschen erschaffen und man kann ihre Aktionen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Aber unser Nervensystem besitzt eine solche Komplexität und Abgestimmtheit, die jeglicher Vorstellung spottet. Ich wäre ehrlich gesagt fast schon froh, wenn ich mich damit identifizieren könnte, da ich da absolut keine Einengung meines Ichs sehe: Wer weiß, was innerhalb dieses hochkomplexen Systems noch so alles möglich ist.

Außerdem weiß ich nicht, warum irrationale Erfahrungen für immer irrational bleiben müssen. Die physikalischen Erkenntnisse werden, wenn ich es richtig sehe, immer kontraintuitiver, sie widersprechen immer mehr unseren Vorstellungen von der Beschaffenheit der Welt. Eigentlich haben wir keine Ahnung, was diese Regeln sind, die diese Welt ausmachen. Also sehe ich darin nicht wirklich eine Reduktion, wenn ich sage, dass das, was wir als Seele bezeichnen, ein Bestandteil der physikalischen Welt ist.
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