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Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen

Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#1
09.02.2011, 00:29 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03.08.2011, 22:59 von Zett Zelett.)
Wie verstehen wir den Satz:

     Jeder Mensch ist sterblich.

 Im Philosophie- und Mathematik-Studium bekommt man Aussagen- und Prädikatenlogik beigebracht; diese stellen eine formale Sprache bereit, um die logische Struktur solcher Sätze einzufangen. Der obige Satz ist ein beliebter Beispielsatz zur Einführung von Syllogismen.

 In der Logik abstrahiert man von den konkreten Aussagen auf deren Funktion – nämlich was auszusagen. In der klassischen Logik geht man davon aus, dass konkrete Aussagen entweder wahr oder falsch sind – eine mannigfach angefochtene Annahme, welche im Folgenden keine Rolle spielen soll.
 Statt für die konkreten Aussagen interessiert man sich für die Art, in der sie zusammenwirken, eher: in der sie zusammenwirken können. Dazu wird eine Sprache geschaffen.

 In der Aussagenlogik werden für Aussagensätze Junktoren eingeführt, in der Prädikatenlogik kommen noch neben Variablen Prädikate und Quantoren dazu, so dass sich obiger Satz übersetzen lässt durch die Setzungen:

     Fx := x ist ein Mensch,
     Gx := x ist sterblich,

als:

     ∀x(Fx→Gx).

 Dabei ist zu lesen als »für jedes … gilt:« und als »falls gilt …, dann gilt: …«, der gesamte Satz also als:

     Für jedes x gilt: Falls gilt: x ist ein Mensch, dann gilt: x ist sterblich.

 Den Satz können wir auch ins Englische übersetzen:

     Every human is mortal.

 Oder in andere Sprachen, jedesmal mit demselben Sinn (bis auf unwesentliche Nuancen wie Stil, Konnotationen).

 Dabei scheint eine Ersetzung vorgenommen zu werden. Im Falle der Übersetzung ins Englische ist sie sogar formal sehr deutlich: »jeder« durch »every«, »Mensch« durch »human«, »ist« durch »is« und »sterblich« durch »mortal«. Im Falle der Übersetzung in die Prädikatenlogik ist diese nicht so deutlich.

 Die Frage, die mich interessiert, ist: Was erlaubt es uns oder wie kommt es zustande, dass wir in allen Sprachen – insbesondere der formalen der Prädikatenlogik und mithilfe von Variablen – den gleichen Sinn (strukturell) sehen und begreifen? Ferner: Welche Rolle spielen dabei Variablen?

Ich habe selbst schon Ideen und Gedanken dazu, mit welchen ich im Laufe einer Diskussion rausrücken werde.

(Näheres zur Aussagen- und Prädikatenlogik kann man auf den Wikipedia-Artikeln nachlesen.)
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#2
09.02.2011, 01:38
Egal welche sprache, "mensch" od "human"; "sterblich" od "mortal"

alles bezieht sich dennoch auf die selbe funktion mensch oder human ist ein körper mit einer seele... bzw ein einzeller der im laufe der evolution zu einem bestimmten individuum herangewachsen ist.

dieses denken ist weltlich verankert. jeder idiot auf der ganzen welt würde es schaffen ein hund von einer katze zu unterscheiden, egal welche sprache... und unsere erfahrung, das bisher jeder mensch und jedes tier den wir kennen gestorben ist gibt uns zur schlussfolgerung das jedes lebewesen sterblich ist. die erfahrung machts.

Da gibts doch auch Platons Ideenlehre. obwohl jeder mensch und jeder hund anders aussieht, haben wir dennoch eine Idee "mensch" inne und auch eine Idee "Tod" , daher können wir sagen Mensch stirbt.

semantische aussagen schlusszufolgern ist demnach von unserer evolution begründet, ob und wie weit hunde oder so auch so denken können ist mir unklar.
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#3
09.02.2011, 01:52
Das scheint nicht die ganze Antwort zu sein. Worauf bezieht sich beispielsweise »jeder«? Wir haben gesehen, dass der Satz in der Prädikatenlogik eine andere Struktur hat als im Deutschen oder im Englischen. Wie würdest du den Satz in dieser Sprache erklären mit Ideen? Kannst du die Brücke von den Zeichen über das Denken zur Welt schlagen?
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#4
09.02.2011, 04:30
die Zeichen sind doch irrelevant. Wichtig ist die semantische Bedeutung mit der wir sie belegen und das die Übertragungen frei von verfälschungen sind.
(wenn ich syntaktische schlussfolgere und dann semantisch übersetze kommt das selbe bei raus, als wenn ich semantisch schlussfolgere und dann syntaktisch übersetze)

Aber um das klar zu stellen. Die eigentliche Frage ist: Wie können wir einer Menge von Elementen(alle Menschen) eine einheitliche Beschreibung geben(das ist ein Mensch) und fehlerfrei sicherstellen welche Elemente dazu gehören(nämlich egal welcher Mensch) und welche Elemente nicht dazu gehören(die Hunde), Ohne alle Elemente vorher zu kennen.

sehe ich das richtig?
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#5
09.02.2011, 09:46
(09.02.2011, 00:29)Zett Zelett schrieb:  Die Frage, die mich interessiert, ist: Was erlaubt es uns oder wie kommt es zustande, dass wir in allen Sprachen – insbesondere der formalen der Prädikatenlogik und mithilfe von Variablen – den gleichen Sinn (strukturell) sehen und begreifen?

Ich würde behaupten, dass das gar nicht der Fall ist. Grade der Bedarf an formalen Sprachen macht das doch klar, denn wenn bei einer Aussage in natürlicher Sprache alle den gleichen Sinn sehen würden, bräuchte man die gar nicht. Die formalen Sprachen wurden ja u.a. erfunden in der Hoffnung, die Mehrdeutigkeit der natürlichen Sprachen umgehen zu können.

Zitat:Ferner: Welche Rolle spielen dabei Variablen?

Gar keine.
„I learned long ago, never to wrestle with a pig. You both get dirty, and besides, the pig likes it.“ - George Bernhard Shaw
„Do not feed the troll.“ - Internet
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#6
09.02.2011, 13:20
die formale Logik ist in den gestrigen Philosophien eh so ein Punkt... genau wie das Verständnis und der Gebrauch des Moralbegriffs...

Nietzsche et al. haben da schon sehr deutlich drüber geschrieben.

Leider bewegen wir uns hier aber auf sprachwissenschaftlicher Ebene... ansonsten hätte ich direkt auf Mythen des Alltags verwiesen (wobei es da ja auch deutlich um die Semiotik geht).

Du hast dir doch schonmal ein paar Gedanken dazu gemacht Zett, hau ma raus und lass uns mal konkret werden bitte big

cheerio
Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, dessen werden wir uns bewusst.
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#7
09.02.2011, 13:31 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.02.2012, 00:07 von Zett Zelett.)
(09.02.2011, 04:30)DerSchläfer schrieb: die Zeichen sind doch irrelevant. Wichtig ist die semantische Bedeutung mit der wir sie belegen und das die Übertragungen frei von verfälschungen sind.
(wenn ich syntaktische schlussfolgere und dann semantisch übersetze kommt das selbe bei raus, als wenn ich semantisch schlussfolgere und dann syntaktisch übersetze)

Die Zeichen sind deswegen relevant, weil die Syntax einer Sprache durchaus die auf dieser möglichen Semantiken vorgibt, vielleicht sogar suggeriert. Gut, man kann selbstverständlich die einzelnen Zeichen durch andere erstezen wie durch A (sofern A nicht schon belegt ist), ohne dass sich die syntaktische Struktur der Sprache ändert, aber genau um diese soll es gehen.

(09.02.2011, 04:30)DerSchläfer schrieb: Aber um das klar zu stellen. Die eigentliche Frage ist: Wie können wir einer Menge von Elementen(alle Menschen) eine einheitliche Beschreibung geben(das ist ein Mensch) und fehlerfrei sicherstellen welche Elemente dazu gehören(nämlich egal welcher Mensch) und welche Elemente nicht dazu gehören(die Hunde), Ohne alle Elemente vorher zu kennen.

sehe ich das richtig?

Das und mehr noch: Was ist der gedankliche Prozess beim Verstehen solcher Konstruktionen, was garantiert uns eine richtige Übersetzung von einer in die andere Sprache?

(09.02.2011, 09:46)ricky_ho schrieb:
(09.02.2011, 00:29)Zett Zelett schrieb: […] wie kommt es zustande, dass wir in allen Sprachen l…] den gleichen Sinn (strukturell) sehen und begreifen?

Ich würde behaupten, dass das gar nicht der Fall ist. Grade der Bedarf an formalen Sprachen macht das doch klar, denn wenn bei einer Aussage in natürlicher Sprache alle den gleichen Sinn sehen würden, bräuchte man die gar nicht. Die formalen Sprachen wurden ja u.a. erfunden in der Hoffnung, die Mehrdeutigkeit der natürlichen Sprachen umgehen zu können.

Nichtsdestoweniger würde man nicht bestreiten, dass die einzelnen Übersetzungen in einem gewissen Sinne korrekt sind.

(09.02.2011, 09:46)ricky_ho schrieb:
(09.02.2011, 00:29)Zett Zelett schrieb: Ferner: Welche Rolle spielen dabei Variablen?

Gar keine.

Wie ist dein Verständnis von »jeder«?

@SenCha: Schade, den Verweis auf Mythen des Alltags hätte ich gerne gesehen. ; - )
 Ich behaupte, die Prozesse des gedanklichen Verstehens der Sätze

     Jeder Mensch ist sterblich.

und

     ∀x(Fx→Gx)

mittels

     Fx := x ist ein Mensch,
     Gx := x ist sterblich,

sind verschieden. Ich werde die beiden Sätze ab jetzt mit p := Jeder Mensch ist sterblich. und q := ∀x(Fx→Gx) bezeichnen. Insgesamt möchte ich folgende Aussagen treffen:
  • Wir verstehen durch p und q denselben Gedanken, oder schwächer formuliert: Die beiden Aussagen teilen ein Gemeinsames, über welches wir sie als äquivalent oder ähnlich auffassen können.
  • Wir verstehen p und q auf unterschiedliche Weise. Die Mechanismen, die beim Verstehen ablaufen, mit welchen wir zu deren Geinsamen kommen, unterscheiden sich.
  • Diese Äquivalenz der Aussagen ist gleichbedeutend mit der Korrektheit der Übersetzung einer der Aussagen in der einen Sprache in die andere Sprache durch die andere Aussage.
  • Ferner wird die Korrektheit einer Übersetzung genau durch diese Äquivalenz überprüft. Man schaut sich beide Aussagen an und stellt fest, dass sie dasselbe aussagen.

 Dass wir p und q unterschiedlich verstehen, begründe ich so: In der natürlichsprachlichen Forumlierung p verstehen wir zuerst das grammatikalische Subjekt »Mensch«, variieren es durch das Indefinitpronomen »jeder« und verleihen ihm dann das Prädikat des »sterblich«-Seins. In der formalen Formulierung q hingegen wird ein Konditional aufgestellt zwischen einer Bedingung in Form eines Prädikates F einer allgemeinen Entität ›x‹, und deren Folgerung, nämlich die Zuschreibung der Eigenschaft G derselben allgemeinen Entität ›x‹, welche erst anschließend mithifle von quantifiziert wird. Das Verständnis hiervon ist also eine allgemeine Aussage über eine allgemeine Entität, über welche eine Konditonal-Beziehung ausgesagt wird: Falls x ein Mensch ist, dann ist x sterblich.

 Dabei gehe ich davon aus, dass wir tatsächlich davon sprechen, dass Übersetzungen korrekt sein können, Aussagen untereinander äquivalent. Die Annahme halte ich für sinnvoll, weil wir eben dies im Alltag und in jeder Wissenschaftlichkeit tun. Konkretisiert ist dann meine Frage: Wie erreichen wir das? Was ist diese Gemeinsame, über welches wir diese Identifizierung vornehmen können?
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#8
09.02.2011, 14:13 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.02.2011, 14:15 von spell bound.)
sofern ich dich richtig verstehe, fragst du danach, wie wir verschiedene sprachen ineinander übersetzen können, was also die grundlegende gemeinsamkeit des verstehens ist. oder auch, woran wir eigentlich merken, dass wir etwas richtig verstehen.
eine verschärfung der frage läge darin zu fragen, wie wir die aussagen eines andern (die in der selben sprache sind wie die eigene) überhaupt verstehen. woher wir wissen, dass es tatsächlich die selbe sprache ist.

wittgenstein (PU) sagt: wir teilen lebensformen. unsere lebensform bestimmt die praxis des kommunizierens (kommunikation ist immer eingebettet in eine soziale praxis), bestimmt, welche sprachspiele wir spielen. wenn lebensformen einander gleichen, können wir deren sprachspiele in unsere übersetzen, oder wir können uns deren sprachspielpraxis aneignen, also erlernen, und dann verstehen, was sie damit meinen. (in dem fall gibt es dann oft keine wörtlichen übersetzungen eines begriffs mehr, sondern eher umschreibungen, oder der neue begriff findet eingang in unsere sprache.)

kant sagt: wir teilen wahrnehmungskategorien. wir sind so "gebaut", die wahrnehmung ist so gebaut, dass sie bestimmter begriffe bedarf. das würde ich mit wittgensteins lebensformen gleichsetzen, auf der grundlegendsten ebene (also nicht lebensformen als kulturelle diversität, sondern als biologische gleichheit). wir haben ähnliche wahrnehmungskapazitäten und interessen, deswegen bilden wir ähnliche begriffe, und können einander überhaupt verstehen.

wenn man es kulturell betrachtet, sieht man, dass es da auch unterschiede geben kann. eine spezielle lebensform kann z.b. das spiel der geschlechter für irrelevant halten. d.h. es gibt da keinen begriff für männlich und weiblich, vielleicht aber für bestimmte geschlechtsorgane, für bestimmte verhaltenstypen (die aber evtl mehr als nur 2 pole haben und vielleicht ganz anders bestimt werden.) (dazu zur randbemerkung: auch wo es begriffe von männlich und weiblich gibt, gibt es ja unterschiede darin, was damit impliziert sein soll, v.a. auf psychologischer ebene. auch da wären dann, selbst wo wir die "selbe" sprache sprechen, doch eigentlich teilweise verschiedene bedeutungen der begriffe vorhanden.)
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Das allgemeine Erfassen von (logischen) Sinnen
#9
09.02.2011, 17:33
hoi Zett big

sry für den ersten beitrag... hatte den ganz anders interpretiert.
mittlerweile hab ich möglicherweise aber verstanden, worauf du hinaus möchtest big

Deine Feststellungen sind so, wie sie konstruiert sind und soweit ich das überhaupt verstehe ~ korrekt. Es drängt sich mir aber die Frage auf, ob deine Beweisführung tief genug geht. Was ist zB mit komplexeren Satzkonstruktionen oder besser gesagt mit den Verschiebungen auf der Bedeutungsebene translingualer De- und Recodierung?

Was sagen den zB Leute, die bi-oder multilingual aufgewachsen sind?
Welche Rolle spielen die verschiedenen Grammatiken?

hmmm... ich glaube ich bin mir noch immer nicht ganz darüber im klaren, worauf du eigentlich hinaus willst... also, mit wem oder was willst du denn Deine Feststellung, dass Sprachen generell völlig sinngerecht(?) translationsfähig sind ~ belegen?

und in welchem Forschungsbereich willst du dich eigentlich bewegen?
musst du empirisch arbeiten, oder willst du auf keinen fall zu weit in die theorie einsteigen... usw.?

Mehr Licht! bigwink
Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, dessen werden wir uns bewusst.
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