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Der interessierte Laie fragt...» Ist ein auftretender Klartraum eine Funktionsstörung des Gehirns?

RE: Der interessierte Laie fragt...
#61
16.02.2021, 16:21
[+] 1 User sagt Danke! Viltrudis für diesen Beitrag
Schuhbewegtsich schrieb:Ich habe hier aber bei den speziellen Bewusstseinsfragen noch nicht über Inhalte gesprochen, sondern nur allgemein über Zustände wie Träumen und Wachen, noch nicht was drin vorkommt. Du sprichst aber schon Inhalte an, da wird das Thema sehr viel konkreter und wir betreten eine weitere Ebene von Unterscheidungen.
Dessen war ich mir nicht bewusst, dass ich Inhalte anspreche - du hast vermutlich Recht, da Identitäten wohl Inhalte brauchen.

Zitat:Ich würde aber auf jeden Fall prinzipiell sagen, gerade für die Begriffe Identität, Sexualität, Pluralität und so weiter, sind die Sozialwissenschaften besonders wichtig, um überhaupt erst mal zu klären, was sie bedeuten. Klar muss sein, dass Sexualität z.B. etwas mit Herrschaft und nicht mit Biologie zu tun hat, dass die kulturellen Zusammenhänge entscheidend sind – eben das, was du als „Normen“ beschreibst, kann nur in diesem Zusammenhang geklärt werden. Das sind geisteswissenschaftliche Fragestellungen und so gesehen sind es auch philosophische Fragestellungen, wenn die Philosophie auf dem neuesten Stand des Denkbaren sein möchte.
Ja.

Ich finde das alles super spannend. Ich habe nur ein bisschen die Sorge, dass zu viel "akademische" Sprache in der Herangehensweise Leute ausschließt, die direkt betroffen sind, und dadurch wieder wichtige Perspektiven fehlen. Aber wenn darauf geachtet wird, dass das nicht passiert, finde ich Sozialwissenschaften eigentlich sehr gut...

Zitat:Interessant das mit den pluralen Personen. Ich habe mal vor Jahren von einer Frau gelesen, die in der einen Person Diabetikerin ist und sich etwas spritzen muss, und wenn sie in die andere Person gewechselt ist, hat sie diese Krankheit nicht. Das zeigt nur wie unfassbar entscheidend für unsere Leben unsere psychische Realität ist!
Ja. Danke für dieses Beispiel. normal

Zitat:Ich hoffe, ich bin deiner Kritik etwas entgegengekommen, Viltrudis – auch wenn wir die Dinge trotzdem verschieden sehen, von Grund auf anders da ran gehen – unsere Bildung ist halt auch unterschiedlich. Mir geht es anders als dir, ich würde, sollte ich eine „Gegenkultur“ ins Leben rufen, wie spell es vorgeschlagen hat, nicht die Philosophie von meiner Interessenliste streichen, sondern mit der Esoterik auch gleich als nächstes die komplette Psychologie der bürgerlichen Art mit von der Liste runter nehmen. Sofern sie nämlich in subjektivistischer Ausrichtung nur auf die persönliche Erfahrung, den gesellschaftlichen Kontext außer acht lassend, aus ist, ist sie für die Selbsterkenntnis zu wenig und irreführend. Eine umfassendere Perspektive ist nötig.
Ich glaube, wir sind da eigentlich eh einer Meinung, nur habe ich mich schlampig ausgedrückt.

Bzw. ich glaube ich hab mit "Philosophie" eigentlich nur die Philosophie des Geistes gemeint, die mich lange Zeit enorm fasziniert hat. Die ist mir für sich genommen eben zu abstrakt und hängt zu sehr in den selben Fragen fest seit Jahrhunderten, auch wenn es ungemein spannend sein kann.

Von mir selbst weiß ich, dass ich besonders stark zu dieser hingezogen war, weil ich von meiner eigenen Identität verwirrt war. Aber egal wie sehr ich mich damit beschäftigt hab, meine Verwirrung ist nicht weniger geworden. Ich bin erst weitergekommen, als ich konkrete Erfahrungsberichte von trans, pluralen, depressiven, autistischen, ... Personen gehört habe, überall vergleichen konnte mit meiner eigenen Erfahrung, mich hier mehr, dort weniger wiederfinden konnte. Es war nicht hilfreich für mich, dutzende Theorien über das Bewusstsein zu lesen; hingegen sehr hilfreich, dutzende Erfahrungen von Personen, deren Bewusstsein ähnliche Macken hat wie meines, zu lesen/hören.

Das heißt nicht, dass die Philosophie wegsoll. Wir brauchen sie ja, unter anderem, um zu verhindern, dass aus dem Erfahrungsschatz unsinnige oder verlockend-sinnvoll-klingende Theorien werden, die dann wieder den Blick auf die Realität verstellen. Und um allgemeiner zu werden, sowieso. Ich hab ja schon geschrieben, dass das bei mir eher eine persönliche Suche war.


Ich habe eine vage Vorstellung, was mit "Psychologie der bürgerlichen Art" gemeint sein könnte. Stimme mal vorsichtig zu, dass es leider immer noch gewisse Tendenzen in der (z.B. klinischen) Psychologie gibt, die sehr verzichtbar sind. Das Festhalten an jahrhundertealten Überzeugungen ist dort wohl stärker zu finden als wohl in den Sozialwissenschaften, die diese direkt kritisieren können. Aber ich weiß natürlich nicht, ob wir was ähnliches meinen.^^

Klargesucht schrieb:Somit ergibt auch "unser Bewusstsein hat mehrere Ebenen" für mich einen Sinn.
Mein Gehirn ist sich bewusst, dass der Körper schläft.
Mein Gehirn ist sich aber gleichzeitig (im Regelfalle) nicht bewusst, dass die Traumrealität nicht die Wachrealität darstellt. Möglicherweise sind die (voneinander verschiedenen) Bewusstseins durch unterschiedliche Zentren des Gehirnes kontrolliert.
Mir gefällt die Formulierung "das Gehirn ist sich bewusst" grundsätzlich nicht. Das Gehirn ist ein Organ, es ist hauptverantwortlich dafür, dass Bewusstsein passiert, existiert, wie auch immer, aber es selbst ist erstmal trotzdem ein Haufen Zellen.
Vllt stattdessen "Es gibt ein Bewusstsein darüber, dass ..."

(Diese Kritik ist philosophisch, lol. Soviel dazu, dass ich die Philosophie weglasse. xd)

... "es gibt zu unterschiedlichen Schlafzeitpunkten ein unterschiedliches Ausmaß an Bewusstsein über den Schlafzustand und alles, was sonst noch abläuft (z.B. Träume)" ... joa verschiedene Bewusstseins ist sprachlich unschön aber die Sprache ist halt auch nicht dafür gemacht.^^

Philosophisch ist halt wieder die Frage, was es überhaupt heißt, sich etwas bewusst zu sein. Ich krieg nie so genau mit, was in meinem Darm abläuft, aber ein Teil meines Gehirns tut da Dinge - hat etwas, das nicht ich bin, also Bewusstsein darüber?^^ Ufff, wohin verlauf ich mich da grade. augenroll wink1
...in einer anderen Herde. pink
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RE: Der interessierte Laie fragt...
#62
16.02.2021, 20:17
Hallo Ihr,
Hallo Viltrudis,

Zitat:Mir gefällt die Formulierung "das Gehirn ist sich bewusst" grundsätzlich nicht. Das Gehirn ist ein Organ, es ist hauptverantwortlich dafür, dass Bewusstsein passiert, existiert, wie auch immer, aber es selbst ist erstmal trotzdem ein Haufen Zellen.
Vllt stattdessen "Es gibt ein Bewusstsein darüber, dass ..."
Ich hab mir heute die ganze Zeit eure Antworten durch den Kopf gehen lassen. Sowohl vom Inhalt her, als auch von der Form -
und bin zu ein paar Gedankengänge respektive Folgerungen gekommen, die ich gerne zur Diskussion stellen würde.

In Bezug auf Bewusst werden überwiegend zwei Forumulierungen benutzt:
Ich bin mir bewußt, ich habe das Bewusstsein, es gibt ein Bewusstsein über
Ich werde mir bewusst, mir ist bewusst geworden

also einmal das passive Bewusstsein haben und
das aktive bewusstwerden, also Bewusstsein generieren

Das Bewusst-Sein.
Wenn ich den Gedanken weiterverfolge, dann stellt das Bewusst-sein die Sammlung aller Erkenntnisse dar,
sozusagen einen Katalog von tatsächlichem oder vermeintlichem Bewusst sein. Passiv. Ich habe die verschiedenen Bewusstsein (ich bin ein Mensch, ich bin männlich, ich wohne in Deutschland usw.)

Diese kann man unterteilen in bestätigte Erkenntnisse (z.B. durch Beobachtung oder durch annerkannte Tatsachen/Fakten) und unbestätigte Erkenntnisse (aufgrund Folgerungen aus bestätigten oder unbestätigten Erkenntnissen, z.B. Beobachtung ich bin männlich Fakten Männer zeugen Kinder, gebären sie aber nicht - daraus folgt ich kann keine Kinder gebären).

Lässt sich unterteilen in verschiedene Gebiete, Selbst-Erkenntnisse und Fremd-Erkenntnisse (Innnen/Außen)

Andererseits das Bewusst-werden.
Das ist ein aktiver Prozess und stellt die Neu-generierung von Erkenntnissen dar. Neue Informationen werden erhalten und zu neuen Erkenntnissen gefolgert, die durchaus auch bereits bestehende Erkenntnisse modifizieren oder differenzieren können.

Dieser Prozess findet immer statt. Das sogenannte Unterbewusstsein sammelt und speichert alle Informationen des Tages und wertet sie gleichzeitig vorab grob aus. Sichtbar z.B. an Mikroreaktionen, die ("unbewusst") stattfinden, vor allen anderen (verstandgesteuerten) Reaktionen. Dem Verstand (das was allgemein als Bewusstsein) bezeichnet wird, werden nur die Informationen vorgelegt, deren (zusätzliche) Verarbeitung durch den Verstand eine gewisse Wichtigkeit (z.B. Dringlichkeit einer kongnitiv überprüften Reaktion) eingeräumt werden.

Im Schlaf findet dann eine weiterführende, intensivere Bearbeitung der Tagesinformationen statt, die letztendlich dann zu Generierung, Modifizierung oder Differenzierung von Bewusstsein oder aber Reorganisation des Kataloges führt.

Was wiederum u.a. zur Anpassung und/oder Festigung von Wissen (Faktensammlung), Wertetabellen (Bewertung von Verhalten, Aussagen oder Umständen) und Standard-Denkweisen (Denkmuster) und Standard-Verhalten (Verhaltensmuster) führt. Re-Organisation oder -Strukturierung von Verbindungen im Gehirn inclusive.

Daraus würde folgen, dass die Eingangsfrage völlig ins Leere zielt. Es stellt keine Abweichung vom Standard-Prozedere dar, wenn man Klarträumen kann oder auch nicht kann. Standardmäßig ist die Zuschaltung des Verstandes beim Träumen einfach nicht notwendig, sozusagen nicht wichtig genug.
Liegen allerdings bestimmte Prämissen vor (z.B. emotionale Überforderung, Wünsche, Beschäftigung mit der Thematik, Suggestion etc. oder aber bestimmte geistige Zustände (Hypnose, Trance, Meditation o.ä.) wird der Verstand auch ohne die erforderliche Priorisierung standardmäßig aktiviert.

Hoffe ich konnte meine Vorstellung - mein überarbeitetes Gedankenmodell - verständlich machen und freue mich auf eure Reaktionen.

Liebe Grüße
Just call me Joey - "Na, wie gehts denn so?"                                                                      


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RE: Der interessierte Laie fragt...
#63
16.02.2021, 22:32
[+] 1 User sagt Danke! Viltrudis für diesen Beitrag
Zitat:Standardmäßig ist die Zuschaltung des Verstandes beim Träumen einfach nicht notwendig, sozusagen nicht wichtig genug.
Liegen allerdings bestimmte Prämissen vor (z.B. emotionale Überforderung, Wünsche, Beschäftigung mit der Thematik, Suggestion etc. oder aber bestimmte geistige Zustände (Hypnose, Trance, Meditation o.ä.) wird der Verstand auch ohne die erforderliche Priorisierung standardmäßig aktiviert.

Gefällt mir schon etwas besser.

Besonders emotionale Träume werden ja manchmal stärker erinnert, vielleicht sogar intensiver erlebt, oder bewusster: In einem Action-Traum werde ich z.B. häufiger präluzid. Insofern würde ich nicht sagen, dass das Bewusstsein zugeschaltet wird, wenn es "gebraucht" wird, das klingt mir zu sehr nach Design.^^ Es gibt halt Faktoren, die das begünstigen.
...in einer anderen Herde. pink
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