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Eduards Traum

Eduards Traum
#1
13.01.2005, 18:10
Bin heute auf eine sehr nette Erzählung von Wilhelm Busch gestossen.
Die ganze Geschichte ist in einem Traum eingebunden, fast schon wie ein Klartraum bzw. OOBE. Sehr nett zum lesen, humurvoll und auch in die Tiefe gehend.

Wer also Lust hat auf eine schöne Gute Nacht Geschichte heute Abend biggrin
http://www.wilhelm-busch-seiten.de/pdf/eduard.pdf

Nachfolgend ein paar Textauszüge:
Ein Paar unendlich feiner Handschuhe, ein linker und ein rechter, er
Brautführer, sie Kranzjungfer, versuchten ihr Trost zu spenden, indem sie sagten:
Ihnen ginge es ja auch so, und wenn alle Stricke rissen, dann könnte man ja immer
noch durchbrennen in die vierte Dimension, wo nichts mehr unmöglich sei.
»Ach!« schluchzte die Braut. »Wer weiß, wie es da aussieht!« Und ihre Tränen
säuselten weiter.

Daher empfahl ich mich umgehende mit einem lustigen Vertikalsprunge nach oben durch den Plafond
und atmete auf im dreidimensionalen Raume, wo stereometrische Freiheit herrschte, wo
der Kongruenz räumlich gleichgestimmter Paare keine Ehehindernisse im Wege
standen.

Im Kuhstall, den er soeben gereinigt, steht ein denkender Greis. Er schließt die Luke.
»Merkwürdig!« sprach er und stützte das Kinn auf die Mistgabel. »Merkwürdig! Wenn
man die Klappe zumacht, daß es dann dunkel wird!« Und so stand er noch lange und
dachte und dachte; als ob es nicht schon Sorgen genug gäbe in der Welt, auch ohne
das. Und es war sehr düster in diesem Kuhstalle.

Im vierten Stock legt ein Fräulein Hut und Handschuh ab. Sie hat Einkäufe gemacht,
unter andern ein Glas voll Salpetersäure. Nicht ohne einen gewissen Zug von
Entschlossenheit sieht sie dem Besuche ihres Verlobten entgegen. -
Eine kleine Betriebsstörung im Verkehr zweier Herzen kann immerhin vorkommen.

Eduard schnarche nicht so!
ließ sich sofort die Stimme vernehmen. »Schon recht!« dacht ich und hörte nicht
weiter hin, sondern blieb bei dem, was ich mir vorgenommen hatte. -

Die Welt ist wie Brei. Zieht man den Löffel heraus, und wär's der größte, gleich klappt
die Geschichte wieder zusammen, als wenn gar nichts passiert wäre.

Erleichtert, sozusagen, flog ich nach dem Nymphengarten, wo vor versammelten
Zuschauern ein Ballon in die Lüfte stieg.
Der großartige Anblick brachte plötzlich einen kleinen Plan in mir zur Reife, den ich
längst schon gehegt hatte. Ich wollte doch eben mal nachsehn, ob die Welt eigentlich
ein Ende hätte oder nicht.

Nun aber tat ich einen Satz, den ich mir selber, und das will was heißen, kaum
zugetraut hätte. Der Aufschwung, den ich mir gegeben, war dermaßen kräftig, daß
ich nicht bloß die äußere Kruste der Welt durchstieß, sondern auch noch eine
erkleckliche Strecke weit hinausbog in den leeren unermeßlichen Raum. Hier stand
ich still, drehte mich um und verschnaufte mich. Durch die gemachte Anstrengung
war ich weißglühend geworden. Und nun kam der erhabenste Augenblick meines
Lebens.

Unterwegs, als ich bei einer ganz kleinen Insel vorüberkam, sah ich mehrere antike
Sirenen auf ihren Nestern sitzen. Ihre Gesichter waren faltig, wie dem Großvater sein
lederner Tobaksbeutel, und Stimme hatten sie auch nicht mehr, sondern schnatterten
wie die Gänse. Da sie nicht länger, weder durch Gesang noch durch Händewinken
und Augenzwinkern, den Schiffer bezaubern konnten, versuchten sie's vermittelst
goldener Eier, die sie selber gelegt hatten, und als ich mich auf nichts einließ,
schmissen sie damit, und ich merkte wohl an einem, welches dicht an mir vorbeiflog,
daß sie nicht echt waren, und freute mich, daß mich keins traf, wegen meiner
Geringfügigkeit, und so erreicht ich wohlbehalten das Festland, ohne vergoldet zu
werden.

Vor mir ausgebreitet lag eine weite, grüne, blumenreiche Wiese, in deren Mitte sich
ein mächtiges Schloß erhob. Es hatte weder Fenster, noch Scharten, noch
Schornsteine, sondern nur ein einziges fest verschlossenes Tor, zu dem eine
Zugbrücke über den Graben führte. Es war aus blankem Stahl erbaut und so hart,
daß ich trotz verschiedener Anläufe, die ich nahm, doch partout nicht hineinkonnte.
Eine peinliche Tatsache. Die Freiheit des unverfrorenen Überalldurchkommens, auf
die ich mir immer was eingebildet, war entweder merklich geschwunden, oder es gab
Sachen, die mir sowieso schon zu fest waren.
von einem, der auszog, das Träumen zu lernen
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Re: Eduards Traum
#2
13.01.2005, 20:46
Hallo traumbewacher!
In der Tat eine sehr interessante Geschichte. Auf jeden Fall lesenswert!
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