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13 43.33%
dass die Menschen seit damals an Autoritätsgläubigkeit verloren haben
6.67%
2 6.67%
dass durch Gehorsam mehr Leid entstand in der Geschichte als durch Rebelltetum
16.67%
5 16.67%
Uefken zu viel Zeit hat
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Milgram ist repliziert worden» Burger 2009

RE: Milgram ist repliziert worden
#16
04.11.2016, 13:24
(04.11.2016, 07:51)Uefken schrieb: Eben nicht. Die Experimente zeigen ganz klar, dass die Leute vorauseilend gehorsam sind - ohne dass irgendeine negative Konsequenz droht.

Der Witz von dem Experiment ist doch, dass die Versuchspersonen immer weitermachen, weil der Versuchsleiter sie dazu drängt.
Damit droht ja eine negative Konsequenz: "Das Experiment erfordert, dass sie weitermachen".

Außerdem ist dieser Gehorsam meine Meinung nach an sich nichts schlechtes, weil er auch viel mit Vertrauen zusammenhängt. Der Leiter eies psychologischen Experimentes dürfte viel vertrauenswürdiger erscheinen, als irgendeiner, der eine Diktatur einrichten will, zumindest hier in Deutschland.
Mann, was für ein Kindergarten hier! hug2


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RE: Milgram ist repliziert worden
#17
04.11.2016, 13:48
(04.11.2016, 13:24)chamäleon schrieb: Außerdem ist dieser Gehorsam meine Meinung nach an sich nichts schlechtes, weil er auch viel mit Vertrauen zusammenhängt.

Doch in diesem Fall finde ich Vertrauen etwas Schlechtes.
Man sollte niemals jemandem so weit vertrauen, dass man dabei gegen das eigene Gewissen handelt.
Selbst wenn die Person, der man am meisten von allen vertraut (wer auch immer das jeweils sein mag), einen dazu anstiftet, Böses zu tun, ist das noch keine Entschuldigung für das unter solchen Voraussetzungen verübte Böse.

@spell, gnutl

Es gibt wohl – mit Bedacht extrem ausgedrückt – tatsächlich nur zwei Arten von kleinen Kindern: unterdrückte und tödlich verunglückte fear

Es wäre trotzdem wichtig, den Kindern so früh, wie es sich unter dem Aspekt ihrer Sicherheit verantworten lässt, einen eigenen Willen zuzugestehen.

=> Man hätte bei der Studie besser auch die Relation untersuchen sollen zwischen erlittenem Erziehungsstil der Probanden (einzustufen von "sehr antiautoritär" bis "sehr autoritär") und ihrer Bereitschaft, sich so wie geschehen als Folterknecht instrumentalisieren zu lassen.

Denn (insbesondere @ichbinmehr und Uefken) "unsere Gesellschaft", "Friedensbewegung" usw. – das sind doch alles viel zu schwammige, d.h. nicht untersuchbare Einflussfaktoren.
Für ein ganz kleines Kind ist aber seine Familie "die Gesellschaft". Und über diese hätte man im Falle der Probanden per Fragebogen durchaus vorher Informationen einholen können.
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RE: Milgram ist repliziert worden
#18
04.11.2016, 14:03
Ein Kind ist existentiell abhängig von seinen Eltern. Das bedeutet, ein Kind würde ohne die elterliche Versorgung gefährdet sein zu sterben. Deshalb tun Kinder so gut wie alles, um ihren Eltern zu gefallen. Sie halten eben auch alles aus. Sie müssen das tun. Sie halten Gewalt aus, sei es nun körperlich oder emotional, nur um weiterhin geliebt und versorgt zu werden. Kinder sind abhängig von der Liebe ihrer Eltern.
Kinder unterdrücken in dem Fall ihre eigenen Bedürfnisse, Triebe und ihre eigene Persönlichkeit. Bis sich ein Kind von den Eltern distanziert, ist im Grunde schon alles an Lebensprogrammierung geschehen. Eine Programmierung, die bei vielen Menschen ein ganzes Leben hält. Es sei denn man setzt sich bewusst, damit auseinander.

Dieses Verhaltensmuster wird auch dann weiter geführt, wenn ein Kind erwachsen und potentiell selbständig und unabhängig ist. Die existentiellen Ängste des Kindes, werden auf die Gesellschaft und ihre Strukturen übertragen. Ein Kind das zb von der Mutter unterdrückt wurde, lässt sich dann auch von dem Chef oder einer anderen Autoritätsperson, im Fall Milgram, Leute in weißen Kitteln (Arzt: Authorität) unterdrücken, und kommt gar nicht auf die Idee, die eigene moralische Instanz zu bemächtigen.

Der erwachsenen Mensch, der im Fall Milgram den Knopf drückt, lebt in der Illusion, er sei existentiell (Todesangst) von der Autoritätsperson abhängig. Das kann aber nur passieren, wenn man seine Persönlichkeitsstrukturen nicht hinterfragt und unbewusst ist. So kann Intelligenz natürlich davor schützen. Jedoch kann man Angst evtl nicht alleine mit Intelligenz bekämpfen. Man braucht ja auch bestimmte Fähigkeiten um sich überhaupt seinen Ängsten stellen zu können.

Die Frage ist, doch welche Menschen haben bei dem Experiment nicht mitgemacht (Resilienz). Welche Eigenschaften hatten diese Menschen und was können wir tun, damit Kinder in unserer Gesellschaft, diese Eigenschaften ausbilden. Da ich ja Erzieherin bin und mich mit dem Thema beschäftige, kann ich auf das Papilio Projekt verweisen http://www.papilio.de/papilio_fruehe-praevention.php , welches in vielen Kitas angeboten wird.
Dort wird neben Kreativität und Sozialverhalten, der zentrale Punkt, der Umgang mit den Emotionen gelehrt.

Eine wichtige Schutzfunktion gegen solche Übergriffe sind, Empathie, Perspektivenübernahme, Selbstbewusstsein, Ausdrucksstärke, etc. leider wird in unserer Erziehung noch nicht genügend auf diese Punkte eingegangen. Ich empfinde unsere aktuelle Gesellschaft als sehr stark Leistungsorientiert und Emotionsunterdrückend. Das ist für mich auch einen Folge, dieser mangelnden Schutzfunktionen.

Wie sollte wir die nötigen Fähigkeiten an unsere Kinder weiter geben, wenn die Erwachsenen mit sich selbst nicht im reinen sind. Ich kenne zb sehr viele Kollegen die Papilio ablehnen, weil sie selbst extreme emotionale Baustellen haben. Die habe ich natürlich auch. Vermutlich fast jeder Menschen.

Wie sollten sie also ein Vorbild sein. Eltern, Erwachsene die selbst Gewalt und Zwang erfahren haben und sich nicht auseinander gesetzt haben, können nur das weiter geben, was sie selbst gelernt haben. Und der Bedarf sich mit sich selbst auseinander zu setzten, den habe einige nicht. Bzw. dieses können einige nunmal nicht aufbringen, weil mit dem aufarbeiten so existentielle Ängste (Todesängste) verbunden sind, dass manche Menschen es nunmal nicht können. Diese Menschen bauen eine Abwehr auf, damit sie ihre eigene Angst nicht anschauen müssen. Dadurch bleibt aber auch der Zugang zum aufarbeiten verschlossen.

Und deshalb brauchen auch gerade diese Menschen, die nicht die eigenen Kraft haben, dieses Bewusstsein aufzubringen unser Mitgefühl und unsere Unterstützung. Das ist oft nicht leicht, vor allem als "Opfer". Doch manchmal der einige Weg aus dem Kreislauf von Gewalt.

Ich erinnere mich an eine Fernsehsendung in der eine jüdische Frau, deren gesamt Familie vom Holocaust ausgelöscht wurde, einem Nazi der wohl einen gewisse Verantwortung dafür hatte, verziehen hat. Das kann nur ein Mensch, der mit seinen Emotionen im reinen ist. Der seine Wut ausreichend angeschaut und verarbeitet hat. Vor solchen Menschen habe ich einen riesigen Respekt, weil diese Menschen dazu beitragen, das mehr Frieden in dieser Welt geschieht und die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung der Gewaltspirale, durch solche Menschen sinkt. Aber wer kann das schon?

Und wie kann das die Frau. Manch einer wird sich denken, das das falsch ist. Unterdrückt die Frau da ihren Hass vielleicht. Nein ich glaube sie hat ihren Hass komplett angenommen und zugelassen. Bevor man ein Gefühl loslassen kann, darf man es zuerst vollständig da sein lassen. Und dann ist auch ein verzeihen möglich ohne, dass es da einen inneren Konflikt gibt.

So können wir als erstes bei uns selbst anfangen und ins reine kommen mit unseren Emotionen indem wir alles annehmen, was auftaucht. Selbst wenn man das versucht, kommt einem dabei immer wieder die eigene Abwehr in die quere. Oft kann man Emotionen nicht annehmen, man erfindet das Gründe warum es nicht geht, wird wütend, wechselt das Thema oder klickt diesen Thread weg, schreibt eine Anthese und diskutiert.

Bevor man seine Emotionen anschaut, kann es also sein, dass man seine unbewussten Abwehrmechanismen eine Zeit lang beobachten muss, um nicht mehr darauf rein zufallen. Ich gehe diesen Weg nun schon seit ca. 2 Jahren, in möglichst jeder Lebensituation. Doch fällt es mir auch immernoch schwer, immer bewusst und achtsam zu sein. Dennoch konnte ich vieles dadurch in mir befrieden. Und ich glaube, dass dieses eine sehr wirkungsvolle Technik ist, für den Frieden mit der Welt.

Ob man das nun mit dem Wort Intelligenz benennen mag, ist fraglich. Falls du das so meinst, Uefken, stimme ich dir zu. Ansonsten erkläre nochmal um welche Art der Intelligenz es sich handelt.
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RE: Milgram ist repliziert worden
#19
04.11.2016, 16:32
(04.11.2016, 14:03)ichbinmehr schrieb: Ob man das nun mit dem Wort Intelligenz benennen mag, ist fraglich. Falls du das so meinst, Uefken, stimme ich dir zu. Ansonsten erkläre nochmal um welche Art der Intelligenz es sich handelt.

Gibt es nicht auch den Begriff "EQ"?
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RE: Milgram ist repliziert worden
#20
04.11.2016, 16:50
Ja von Daniel Goleman. Gutes Buch.
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RE: Milgram ist repliziert worden
#21
04.11.2016, 16:52
(04.11.2016, 13:24)chamäleon schrieb: Außerdem ist dieser Gehorsam meine Meinung nach an sich nichts schlechtes, weil er auch viel mit Vertrauen zusammenhängt. Der Leiter eies psychologischen Experimentes dürfte viel vertrauenswürdiger erscheinen, als irgendeiner, der eine Diktatur einrichten will, zumindest hier in Deutschland.
man muss aber noch fragen, wieso jemand vertrauenswürdig erscheint und ob das irgendwas damit zu tun hat, dass die entsprechende person auch vertrauenswürdig ist. ich bin mir sicher, dass viele seiner wähler trump für vertrauenswürdig halten.

(04.11.2016, 13:48)Rhetor schrieb: Für ein ganz kleines Kind ist aber seine Familie "die Gesellschaft". Und über diese hätte man im Falle der Probanden per Fragebogen durchaus vorher Informationen einholen können.
grundsätzlich stimme ich mit dir überein. aber wie würde ein fragebogen sowas erfassen können? die problematik der verschönung beim beantworten des fragebogens stellt sich hier noch nicht einmal. denn fast jeder lernt, seine eltern zu lieben. egal wie die erziehung war. und dann ist die erinnerung an die kindheit grundsätzlich eine schöne. vielleicht kann man es herausfinden, doch es ist schwieriger als andere faktoren zu erfassen. fragt man leute, ob sie als kind geschlagen wurden, sagen viele z.b.: "nein." nach einer weile vielleicht noch "naja, ein zwei mal ein klaps, aber das war dann gerechtfertigt." "und nur auf die windel." etc. (früher hätten die leute eher geantwortet: "natürilch. sie haben mir alle kindliche schwäche ausgetrieben und es hat mir nicht geschadet. im gegenteil. seht, was aus mir geworden ist. ich bin propagandaminister geworden" etc.)

außerdem denke ich nicht, dass das konzept der antiautoritären erziehung wirklich ohne autorität auskommt.

(04.11.2016, 14:03)ichbinmehr schrieb: Sie halten Gewalt aus, sei es nun körperlich oder emotional, nur um weiterhin geliebt und versorgt zu werden. Kinder sind abhängig von der Liebe ihrer Eltern.
ich stimme dir mit allem überein. schöner post. man könnte noch einwerfen: die liebe, die durch gehorsam gegeben wird, ist natürlich keine echte. und das zu sehen ist wichtig.

(04.11.2016, 16:32)Rhetor schrieb: Gibt es nicht auch den Begriff "EQ"?
"emotionale intelligenz". kann man so sagen, aber wieso nennt man es nun "intelligenz"? wird die sache dadurch der "kognitiven intelligenz" ähnlicher, weil man sie ähnlich benennt? oder auf welcher ähnlichkeit begründet sich so eine benennung? weil beides mit fähigkeiten zu tun hat? dann gibt es auch "handwerkliche intelligenz", "musikalische intelligenz", "sportliche intelligenz"? ich denke, die gleichmachung der bezeichnung verschleiert nur die unterschiede all dieser dinge. natürlich mag es auch ähnlichkeiten geben.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Milgram ist repliziert worden
#22
04.11.2016, 17:10
Ich glaube der Begriff Emotionale Intelleigenz hat sich so ergeben, weil man mittel Intelligenztests kognitive Fähigkeiten abfragt und zu der Erkenntnis kam, das einen Menschen aber mehr ausmacht, als seine geistigen Fähigkeiten.
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RE: Milgram ist repliziert worden
#23
04.11.2016, 18:44
(04.11.2016, 16:52)spell bound schrieb: man muss aber noch fragen, wieso jemand vertrauenswürdig erscheint und ob das irgendwas damit zu tun hat, dass die entsprechende person auch vertrauenswürdig ist. ich bin mir sicher, dass viele seiner wähler trump für vertrauenswürdig halten.
Naja, mir geht es darum, dass die Ergebnisse des Versuchs eventuell nicht so leicht auf die Realität übertragbar sind. Es geht ja nicht nur um den Gehorsam zum Versuchsleiter als vertrauenswürdig wirkende Person, sondern auch um die äußere Situation. In einem Experiment geht man ja davon aus, das die Bedingungen anders sind als normal und das Ergebnis beeinhaltet vielleicht auch Leute, die vermutet haben, dass niemand dabei wirklich verletzt wird. Zumindest unterbewusst ist das doch ein bisschen mit dabei, wenn man aus Stress oder sonst was immer weiter Schalter betätigt. Es wurde den Probanden zwar gesagt, dass es in dem Experiment um etwas anderes geht, aber dennoch glaube ich, dass so eine ungewöhnliche Situation die Ergebnisse verfälscht.

(08.09.1974, 00:11)spell bound schrieb:
(04.11.2016, 13:48)Rhetor schrieb: Für ein ganz kleines Kind ist aber seine Familie "die Gesellschaft". Und über diese hätte man im Falle der Probanden per Fragebogen durchaus vorher Informationen einholen können.
außerdem denke ich nicht, dass das konzept der antiautoritären erziehung wirklich ohne autorität auskommt.
Das hat Rhetor in seinem Post auch selbst mehr oder weniger gesagt bigwink
Naja. Das ist schon ziemlich Off-Topic, aber ich habe letztens ein interessantes Buch darüber gelesen, warum wir wieder autoritärer erziehen müssen: "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" von Michael Winterhoff. Es geht darum, das sich Kinder in einer zu partnerschaftlichen Beziehung zu ihren Eltern psychisch nicht von ihnen differenzieren können und deswegen in einer Reife-Phase stecken bleiben.
Mann, was für ein Kindergarten hier! hug2


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RE: Milgram ist repliziert worden
#24
04.11.2016, 19:38
(04.11.2016, 18:44)chamäleon schrieb: Es wurde den Probanden zwar gesagt, dass es in dem Experiment um etwas anderes geht, aber dennoch glaube ich, dass so eine ungewöhnliche Situation die Ergebnisse verfälscht.
vielleicht. aber selbst in einem experiment sollte man doch nicht soweit gehen, denn den leuten wurde ja gesagt/ gezeigt, dass die denen sie stromstöße geben, leiden. dass das alles seinen guten sinn haben muss, weil es ein wissenschaftliches experiment ist, ist nur eine rationalisierung. genauso gut kann man sich auf andere sowas weise rationalisieren (im anderen kontext), und das wurde ja schon zu genüge getan.

(08.09.1974, 00:11)spell bound schrieb: ich habe letztens ein interessantes Buch darüber gelesen, warum wir wieder autoritärer erziehen müssen: "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" von Michael Winterhoff. Es geht darum, das sich Kinder in einer zu partnerschaftlichen Beziehung zu ihren Eltern psychisch nicht von ihnen differenzieren können und deswegen in einer Reife-Phase stecken bleiben.
das ist die gefahr von dichotomien wie z.b. autoritär vs. antiautoritär. wenn man nun eine seite ablehnt, denkt man, die andere seite muss genommen werden. wenn man beide ablehnt, glaubt man, man brauche irgendwie eine mischung, einen mittelweg. der gedanke der eingeschränkten alternativen kommt nur aufgrund dieser bipolaren denkweise zustande. es ist aber auch eine liebevolle, nicht autoritäre begegnung mit dem kind möglich, ohne es auf den level eines erwachsenen partners zu stellen.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: Milgram ist repliziert worden
#25
04.11.2016, 19:40 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.11.2016, 19:46 von ichbinmehr.)
Ich kenne das Buch von Michel Winterhoff und ich finde es toll, weil er das Problem anspricht, dass Eltern zu partnerschaftlich mit ihren Kindern umgehen. Ein Kind wie einen erwachsenen Partner zu behandeln, überfordert ein Kind, und viele dieser Eltern, machen das eben auch aus einer Unbewusstheit.
Sie wollen sie von ihrem Kind geliebt werden, sie sind bedürftig, nach Liebe und erfüllen sich das mit einem Deal. Sie erfüllen die kindliche Wünsche den Kindes jederzeit und erhalten dafür Liebe. Es gibt aber Unterschiede zwischen dem Wunsch/Willen des Kindes und den wahren Bedürfnissen eine Kindes.

Das ist lustig das du es ansprichst, weil ich viele Jahre ein extremer Verfechter dieses Buches war. Es hat mir so aus der Seele gesprochenen weil ich nunmal auch mit Kindern und Eltern zu tun hatte, die ihren kleinen Tyrannen immer in Schutz nehmen. Ich kann diese Eltern gut verstehen, denn ich habe auch so eine Phase durchgemacht. Da ich keine eigenen Kinder habe, habe ich das eben bei meinen Kindergartenkindern gelernt.

Ich wurde eher streng erzogen und habe als Erzieherin in den ersten Jahren meines Berufes den Kindern sehr viel Freiheit gelassen. Das war aber auch unbewusst, weil ich eben meine strenge Erziehung damit kompensieren wollte. Dieses Buch, hart mir die Augen geöffnet, wie unbewusst das ist. Und ab dem Moment war ich Konsequent und dennoch Mitfühlend.

Das ich zu wenig Freiheit hatte, heißt ja nicht, dass ein Kind, das heute existiert auch diese Freiheit fehlt. Vielleicht braucht es etwas ganz anderes.
Kinder brauchen in meiner Welt durchaus Grenzen, aber Grenzen die sie schützen, keine Grenzen die sie in ihrer Persönlichkeit so sehr beschneiden, dass sie nur noch wie Marionetten funktionieren. Grenzen bieten Sicherheit und Orientierung.
Ich wurde mit wenig Mitgefühl erzogen und an der Stelle mache ich den Unterschied. Ich kann sehr konsequent sein und trotzdem das emotionale Wohl des Kindes im Auge behalten.

Ich finde die Vorträge von Gerald Hütter und Andre Stern, ebenfalls sehr anziehend, welches ein völlig anderes Konzept als Winterhoff darstellt, was eher in Richtung Unscooling und antiautoritäre Erziehung geht und die Person des Erziehers fast unnötig macht. Und deshalb habe ich mir Gedanken gemacht, ob das ein Widerspruch ist oder nicht. Und es ist für mich kein Widerspuch. Man kann Grenzen setzen und trotzdem viel Freiheit ermöglichen.

Winterhoff spricht mit seinem Werk, ein spezielles Problem an, welches Papilio übrigens auch tut. Winterhoff spricht von Kindern, die als Konsequenz ihrer Erziehung wenig sozial sind und nicht mehr gesellschaftsfähig. Das ist natürlich das andere Extrem. Man darf ja nicht vergessen, das wir als soziale Wesen irgendwie miteinander leben müssen.

Diese Kinder die Winterhoff beschreibt, haben nie gelernt in einer sozialen Gemeinschaft die altersentsprechende Verantwortung für sich zu übernehmen, weil ihre Eltern, sie aus falsch verstandener Liebe beschützen wollten. Das ist genauso unbewusst und eine Abwehr, die verhindert, dass man sich mit der eigenen Kindheit auseinander setzt. Diese Kinder oder Jugendlichen sind emotional unreif gewesen.

Für mich sähe der Mittelweg folgendermaßen aus. Ein Kind sollte schon lernen, sich der Umgebung anzupassen, aber eben auch die gesellschaftlichen Regeln in frage zu stellen.

Wenn du dein Kind zur Freiheit erziehen willst, dann heißt das nicht, das es ein unsoziales Wesen wird. Freiheit ist doch, bewusst zwischen Anpassung und nicht- Anpassung entscheiden zu können. Für mich wäre Empathie ein wichtiges Erziehungsziel.

Das was Winterhoff beschreibt, kann ja gar nicht auftreten, wenn ein Erwachsener authentisch mit sich selbst ist. Kinder die in Freiheit und bei authentischen Eltern aufwachsen, haben durchaus einen inneren Antrieb und einen innere Moral, die aus ihnen soziale Wesen machen.

Dazu kann ich sehr folgenden Vortrag empfehlen: Andre Stern, ein junger der nie in einer Schule war. https://www.youtube.com/watch?v=zqGIICvH...freload=10
Es gibt doch auch dieses andere Experiment, Stanford-Prison-Experiment, wo es auch diesen Film gibt, das Experiment heisst der Film. Da wurde es als Experiment begonnen und ist trotzdem voll ausgeufert und musste abgebrochen werden, weil Menschen zu Sadisten wurden.
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RE: Milgram ist repliziert worden
#26
04.11.2016, 21:55
(04.11.2016, 16:52)spell bound schrieb:
(04.11.2016, 13:48)Rhetor schrieb: Für ein ganz kleines Kind ist aber seine Familie "die Gesellschaft". Und über diese hätte man im Falle der Probanden per Fragebogen durchaus vorher Informationen einholen können.
grundsätzlich stimme ich mit dir überein. aber wie würde ein fragebogen sowas erfassen können? die problematik der verschönung beim beantworten des fragebogens stellt sich hier noch nicht einmal. denn fast jeder lernt, seine eltern zu lieben. egal wie die erziehung war. und dann ist die erinnerung an die kindheit grundsätzlich eine schöne.

Och, Psychologen sind clever.
Wir haben doch beide schon vordergründig (Klar)traum-bezogene Fragebogen ausgefüllt, die "nebenbei" noch unsere psychische Befindlichkeit/Gesundheit erfragt haben. Das funktionierte doch nicht mit der Tür ins Haus fallend: "Bist du depri oder schizo??? Ja/Nein" biggrin
Von "schlagen" und Ähnlichem darf also schon mal gar keine Rede sein.

Nein, man müsste das nur mit mehreren synonym aber, zur Kontrolle, unterschiedlich verklausulierten Fragen geschickt angehen. Etwa im Sinne von:
(Vorbemerkung, auf welche Phase der Kindheit sich die Fragen beziehen) "Haben deinen Eltern durchgesetzt, dass das, was sie angeordnet hatten, auch erfolgte?" (nie, selten, manchmal, häufig, immer)
Das lässt dann z.B. vollkommen frei, ob sich das Durchsetzen durch natürliche persönliche Autorität, Deals, Sanktionen, Drohungen, verbale Einschüchterung oder gar physische Gewalt vollzog.

P.S.: Ich habe gegen meine Eltern zumindest keinen Hass, aber meine Erinnerung an meine Kindheit ist keineswegs eine "schöne". Es ist einfach viel angenehmer, sein eigener Herr zu sein. Erwachsen sein rocks big


Zitat:außerdem denke ich nicht, dass das konzept der antiautoritären erziehung wirklich ohne autorität auskommt.

Ich auch nicht.
Aber Unterschiede in der resultierenden mehr oder weniger ausgeprägten Obrigkeits-Hörigkeit lassen sich vielleicht trotzdem ausmachen.
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