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Rationalität und Irrationalität

RE: was einen grad so bewegt
#31
24.11.2011, 22:20
(24.11.2011, 15:40)ricky_ho schrieb: Wahrscheinlich unterliegt jeder Mensch solchen dem Unbewussten entspringenden, irrationalen Zwängen, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung.

Denke ich auch. Ich kenne jedenfalls niemanden, der sowas nicht macht.

Bekannt ist ja auch der Kontrollzwang: obwohl man genau weiss, dass man die Kaffeemaschine ausgeschaltet hat, muss man es nochmal kontrollieren.

Ja, ich muss das auch alles noch einmal kontrollieren, bevor ich raus gehe. Das liegt aber daran, dass ich nicht sonderlich viel Lust habe, dass die Bude abfackelt. Ich habe 2 Söhne, der Kleine dreht gerne am Herd herum. Und einmal kontrollieren reicht dann aber auch wirklich aus.

(24.11.2011, 21:32)Cloud82 schrieb: @ datzifrau

Zahlen? Dann musst du mal Grabovoi lesen bigwink

Ja, vielleicht mach ich das mal bigwink
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RE: was einen grad so bewegt
#32
25.11.2011, 00:38 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.11.2011, 00:58 von owa.)
@spell:

Zitat:analysiert man zum beispiel den begriff der gerechtigkeit, und fragt sich, was gerecht ist und was nicht, so kann man das erleben nicht aus der untersuchung ausklammern. nicht nur ist es gegenstand der untersuchung, sondern bedingung des verständnisses von gerechtigkeit überhaupt. erst wenn man fühlt, was grausamkeit ist, und dass sie falsch ist, hat man eine grundlage, um sich in die lage anderer hineinversetzen zu können, und zu beurteilen, ob sich etwas um gerechtigkeit handelt oder nicht. es gibt dafür zwar auch ansätze, die von der emotion abstrahieren wollen, doch die kranken daran, dass sie willkürliche bedingungen festlegen dafür, was die grundlage für gerechtigkeit ist oder nicht. letzten endes bedarf es dieser emotionalen grundlegung.

Wenn du dich fragst, was gerecht ist und was nicht brauchst du da nicht Bezugspunkte, also andere Situationen, als die zu beurteilende Situation? Wenn du keine hast (zum Beispiel, wenn man ein kleines Kind ist), sondern mit einer völlig neuen und bisher nicht erlebten Situation konfrontiert wirst, ist jede Aussage ob sie gerecht ist oder nicht in der Tat willkürlich. Daran ändert sich aber auch nichts, wenn man die Situation selbst erlebt.

Zitat:generell widersprechen emotionen nicht der ratio. einerseits können emotionen analysiert werden in ihren beziehungen zueinander und zu situationen, in ihrer dynamik. andererseits können sie grundlegung sein für rationale argumente, und ich glaube sogar, in gewissem sinn sind sie das immer, was die grundprämissen, aber auch die anwendbarkeit einer logik angeht.

...oder bei der Auswahl des Anwendungsfeldes. Ja, da widerspreche ich auch nicht. Ich hatte erst gedacht, du meinst Emotionen sozusagen als eine Art punktuelle Ersatz-Methode. Aber das scheint nicht der Fall zu sein.

Diese Differenzierung war jedenfalls in den vorherigen Postings nicht notwendig und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Differenzierung jetzt einen anderen Nutzen hat, als den rein intellektuell abstrakten, den du im weiteren Verlauf deines Postings als unvollständig ansiehst. Oder welchen bringt sie dir?

Zitat:wie meinst du das mit "intention -> verhalten" ?

Ich meine damit genau das, was sich beim Ergebnis des Rosenhan-Experiments gezeigt hat. Das Personal der getesteten Kliniken möchte gerne die Intention eines Patienten erkennen, der ein Schwindler ist. Sie schaffen es aber nicht. Und dabei können sie schon mit ihren menschlichen Sinnen gar nichts anderes als nur das Verhalten als Grundlage für Ihre Einschätzung nehmen. Sie können mit ihren Sinnen, nicht die Intention wahrnehmen, die Sie gerne beweisen möchten. Und noch dazu möglicherweise unbewusste.
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RE: was einen grad so bewegt
#33
25.11.2011, 02:44 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.11.2011, 02:46 von spell bound.)
(24.11.2011, 21:02)ricky_ho schrieb: Nein, ich würde sagen, dann wäre die rationale Bewusstseinsstruktur nicht mehr die dominierende. Es käme dann etwas neues, das das rationale Bewusstsein integriert, wenn alles klappt, oder aber unterdrückt, wenn es schiefläuft.
das hängt jetzt davon ab was du genau unter rational inhaltlich verstehst. allerdings würd ich nach wie vor sagen, ist vieles im dominierenden bewusstsein nicht rational, sondern rationalisierung. der begriff der ratio ist sozusagen korrumpiert, so ähnlich wie etwa der begriff der demokratie. meine these ist, insofern ählnich der von cloud, echte rationalität ist noch gar nicht richtig erreicht, denn sie würde gerade jene integration des emotionalen z.b. voraussetzen. allerdings seh ich bei clouds aussage wieder diese typische dichotomie von beidem; durchdachtheit bedeutet eben nicht zwingend weniger emotionalität als undurchdachtheit. und wenn es sie im konkreten fall bedeutet, ist diese durchdachtheit noch undurchdacht. emotionalität sollte man auch nicht mit impulsivität gleichsetzen. und rationalität nicht unbedingt als gegensatz zu impulsivität.

Zitat:Ich denke eigentlich schon, dass ich die rationale Bewusstseinsstruktur inhaltlich definiere. Was jetzt nicht heisst, dass ich so eine Definition liefern könnte, aber Stichworte sind Kausalität, Logik, Objektivität. Ein Gerichtetsein auf eine dreidimensionale Aussenwelt. Zeit & Raum. Davon ist das rationale Bewusstsein bestimmt. Das wäre doch eine inhaltliche Definition oder?
das wäre dann eine sehr eingeschränkte definition, was das kriterium der objektivität anbelangt z.b. ich würde es eher noch im sinne der kausalität sehen, bzw. der logischen bedingungen, die sowohl auf sachverhalte in der welt, wie auch - und das ist ja gerade mein punkt in dieser diskussion - auf solche im geist, in der psyche, bezogen werden können. das zeigt sich allein darin schon, dass wir auch für geistiges begriffe haben, die demnach auch in ihren strukturen analysiert werden können. darüber hinaus ist auch diese unterscheidung von objektiv und subjektiv zwar vielleicht keine völlig untaugliche, aber doch in ihrer dichotomisierung wieder eine zu extreme.

Zitat:Absolut! Was aber grade Menschen, die sich für besonders rational halten, ja oft strikt ablehnen. Ich denke beispielhaft zeigt sich das in dem Konflikt zwischen Spiritualität und Wissenschaft.
vermutlich hast du das salopp formuliert, aber nur der vollständigkeit halber: diesen konflikt gibt es nicht wirklich zwischen spiritualität und wissenschaft im allgemeinen, oder gar in der mehrheit, sondern eher zwischen fundamentalisten, die eine dieser seiten auf ihre fahnen schreiben.

Zitat:Vielleicht ist das Problem aber auch einfach, dass wir die rationale Bewusstseinsstruktur noch gar nicht richtig entwickelt haben. Das heisst auch integriert haben.
so würd ich es eher sehen.

Zitat:Wilber sieht es so, dass die Entwicklung immer so abläuft, dass zunächst differenziert wird, was vorher diffus undifferenziert war, und dann die so differenzierten Teile integriert werden. Das Ergebnis ist eine neue Struktur. Nun hat die Aufklärung den einen Teil des Prozesses erfolgreich abgewickelt und Kunst, Wissenschaft und Ethik differenziert. Dann aber erfolgte nicht die Integration dieser drei zu einer neuen Struktur, sondern die Wissenschaft unterdrückte die anderen beiden, setzte sich als Alleinherrscher ein und seit dem sitzt sie nun da und erklärt alles, was sie nicht erklären kann, als nicht-existent, unwichtig, falsch usw...
klingt interessant und erinnert etwas an hegels dialektik. was aber die historische analyse der aufklärung angeht, weiß ich nicht, ob ich dem zustimmen kann.


Zitat:Für mich ist die Darstellung der Entwicklung von der archaischen bis zur rationalen plausibel und nachvollziehbar. Ich sehe nun keinerlei Grund, anzunehmen, dass die Struktur, in der wir uns jetzt befinden, die letzte sein soll. Höchstwahrscheinlich ist jede Kultur davon ausgegangen, dass sie das Ende der Entwicklung war.
falls du mich damit meinst: ich geh davon auch nicht aus, dass es eine letzte bewusstseinsstufe ist. allerdings, wie gesagt, geh ich davon aus, dass die ratio noch gar nicht mal wirklich zu ihrer echten blüte gelangt ist, die meinem verständnis nach in jener integration bestünde, von der wir reden. was wir jetzt haben, ist eher eine bewusstseinsstruktur des scheinbar rationalen. eine vermeintliche weitere entwicklung im bewusstsein würde ich daher nicht postrational nennen, allerdings auch nicht rein rational; sagen wir, "integriert". cool

Zitat:Aber ist die Behauptung, irgendwann könne man alles rational erklären, denn überhaupt falsifizierbar?
es geht nicht um eine historische behauptung, die falsifizierbar sein muss, sondern um eine logische, die beweis- oder widerlegbar sein muss. die frage ist allerdings noch, um welche behauptung geht es genau? was bedeutet es denn "alles" zu erklären? ich würd eher bloß den eher trivialen satz aussprechen: man kann alles rational erklären, was rational erklärbar ist. das allerdings ist zu unterscheiden von der tatsächlichen fähigkeit der menschen. das werd ich weiter unten auch noch gegenüber owa weiter ausführen. man kann eben auch phobien und zwänge rational erklären, ohne sie zu rationalisieren, d.h. ohne das erleben auszuklammern. das ist mein punkt jedenfalls. und ich finde es sogar wichtig, den inhärenten sinn oder die kausale oder emotionale struktur hinter soetwas zu verstehen.

Zitat:Du willst vielleicht darauf hinaus, dass ich, wenn ich der Frage nachgegangen wäre, vielleicht darauf gestossen wäre, dass das für anderes Verhalten genauso gilt.
ja, aber nicht nur. du wärest vermutlich auch auf die erschöpfende antwort gestoßen. irgendwann jedenfalls..





(25.11.2011, 00:38)owa schrieb: Wenn du dich fragst, was gerecht ist und was nicht brauchst du da nicht Bezugspunkte, also andere Situationen, als die zu beurteilende Situation? Wenn du keine hast (zum Beispiel, wenn man ein kleines Kind ist), sondern mit einer völlig neuen und bisher nicht erlebten Situation konfrontiert wirst, ist jede Aussage ob sie gerecht ist oder nicht in der Tat willkürlich. Daran ändert sich aber auch nichts, wenn man die Situation selbst erlebt.
klar, man muss den begriff zuerst kennen, und das durch anwendungsfälle, aber wieso erwähnst du das? mein punkt ist, dass, um den begriff zu verstehen oder anzuwenden, man nicht vom erleben und der empathie absehen kann. es geht nicht um reine "fakten in der welt", oder wenn, dann eben auch um "emotionale fakten", die man nicht mechanisch registrieren kann, und v.a. nicht mechanisch beurteilen.

Zitat:Ich hatte erst gedacht, du meinst Emotionen sozusagen als eine Art punktuelle Ersatz-Methode. Aber das scheint nicht der Fall zu sein.
was meinst du mit dieser methode?

Zitat:Diese Differenzierung war jedenfalls in den vorherigen Postings nicht notwendig und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Differenzierung jetzt einen anderen Nutzen hat, als den rein intellektuell abstrakten, den du im weiteren Verlauf deines Postings als unvollständig ansiehst. Oder welchen bringt sie dir?
ursprünglich ging es unter anderem um "dummheit" und kriminalität. dummheit ist aber nicht bloß das fehlen intellektueller fähigkeiten oder fehlenden faktenwissens, sondern drückt sich auch - und insbesondere in fällen von kriminalität, deren täter ja auch äußerst intelligent und gebildet sein können - in gefühlsblindheit aus. die gewöhnliche vorstellung von aufklärung, wissenschaft und logik beinhaltet nicht die fähigkeit, zu fühlen, und wird oft sogar als deren gegensatz angesehen. es heißt: um objektiv zu sein, hindern gefühle sogar. deshalb ist die differenzierung von solchen üblichen vorstellungen, finde ich, ziemlich wichtig.

Zitat:
Zitat:wie meinst du das mit "intention -> verhalten" ?

Ich meine damit genau das, was sich beim Ergebnis des Rosenhan-Experiments gezeigt hat. Das Personal der getesteten Kliniken möchte gerne die Intention eines Patienten erkennen, der ein Schwindler ist. Sie schaffen es aber nicht. Und dabei können sie schon mit ihren menschlichen Sinnen gar nichts anderes als nur das Verhalten als Grundlage für Ihre Einschätzung nehmen. Sie können mit ihren Sinnen, nicht die Intention wahrnehmen, die Sie gerne beweisen möchten. Und noch dazu möglicherweise unbewusste.
wieso schaffen sie es nicht? ist es prinzipiell unmöglich, oder liegt es an ihrer unfähigkeit, vorurteilsbelastetheit, arroganz, machtmissbrauch, naivität, ja gefühlsblindheit? von solchen eigenschaften kann man jedenfalls im dazugehörigen wiki-artikel lesen.
meinst du wirklich, es wäre prinzipiell unmöglich, wird deine argumentation auf ein problem stoßen: wie erklärst du dir rationalität? die sinne können noch nicht einmal verhaltensweisen wahrnehmen. alles was wir wahrnehmen ist chaotisch. die wahrnehmung muss immer interpretiert werden - aber das macht die interpretation noch nicht willkürlich. es ist zwar nochmal eine stufe abstrakter, vom verhalten auf handlung (die ja intention beinhaltet) zu schließen, doch nicht ausgeschlossen. nötig wird dazu nur ein mehr an informationen über den kontext. dazu dienten in der psychiatrie fast ausschließlich die aussagen der patienten selbst, oder der vermeintlichen versuchsleiter, und so ist es klar, dass wenn diese falsch sind, das ergebnis falsch wird. ich geb zu, dass man sehr oft nicht genug infos hat, und auf die aussagen anderer angewiesen ist. aber einerseits ist das ein prinzipiell (wenn auch selten faktisch) kurierbarer makel von seiten des beobachtenden, und andererseits geht es mir nicht nur darum, andere zu verstehen, sondern auch, und wohl in erster linie, sich selbst. sich selbst zu verstehn ist allerdings der schlüssel, um andere zu verstehen. denn ohne sein erleben zu begreifen kann man sich auch nicht ins erleben anderer hineinversetzen.

soweit mal.. nachtgruß
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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RE: was einen grad so bewegt
#34
25.11.2011, 13:53
(25.11.2011, 02:44)spell bound schrieb: das hängt jetzt davon ab was du genau unter rational inhaltlich verstehst. allerdings würd ich nach wie vor sagen, ist vieles im dominierenden bewusstsein nicht rational, sondern rationalisierung. der begriff der ratio ist sozusagen korrumpiert, so ähnlich wie etwa der begriff der demokratie. meine these ist, insofern ählnich der von cloud, echte rationalität ist noch gar nicht richtig erreicht, denn sie würde gerade jene integration des emotionalen z.b. voraussetzen. allerdings seh ich bei clouds aussage wieder diese typische dichotomie von beidem; durchdachtheit bedeutet eben nicht zwingend weniger emotionalität als undurchdachtheit. und wenn es sie im konkreten fall bedeutet, ist diese durchdachtheit noch undurchdacht. emotionalität sollte man auch nicht mit impulsivität gleichsetzen. und rationalität nicht unbedingt als gegensatz zu impulsivität.

Ich finde, dass ich mich mit "Emotionalität" nicht gerecht ausgedrückt habe. Trotz rationaler Lebensführung heißt es nicht zwingend, dass die emotionale Seite reduziert worden ist.
Vielmehr würde ich sagen, dass Affekt besser passt. Wobei ich hier Affekt als Weiterführung von Trieben / Emotionen meine.

Emotionen sind per se nicht fassbar, während der Affekt den Umgang damit schildert bzw. diese erst zum Ausdruck bringt.
Was meinst du mit Impulsivität? Vielleicht sowas wie Affekt?

Für mich liest es sich so, dass Rationalität der Rahmen der Impulsivität wäre...
Bei den meisten Menschen ist der Geist gespalten, fragmentarisch, und alles Fragmentarische ist korrupt.


(J. Krishnamurti)
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RE: was einen grad so bewegt
#35
25.11.2011, 13:54
(24.11.2011, 21:32)Cloud82 schrieb: Muss nicht erstmal wahrhaftige Rationalität sich durchsetzen?

Ja, denke ich auch.

Zitat: Somit würde ich sagen, dass die vorherrschende Strukturen mehr emotionaler Natur sind als rationaler.

Ja, das ist ja, was ich in dem verlinkten Posting (Schaltkreise) geschrieben habe.

Trotzdem denke ich, dass man sagen kann, dass vor einiger Zeit, vielleicht bei den alten Griechen, eine neue Struktur des Bewusstseins aufgetreten ist. Sie ergänzte die vorher dominierende Struktur, die man "mythisch" nennen könnte, um die rationaler Erkenntnis. Darum "rationale Struktur".

Eine zentrale Behauptung dieser These ist eben, dass das, was wir heute so ganz normal als rational bezeichnen (unsere gewöhnliches Wachbewusstsein), nicht schon immer das Bewusstsein des Menschen geprägt hat sondern irgendwann im Laufe der Geschichte als etwas neues, vorher nicht existierendes emergiert ist.

Eine weitere Behauptung ist, dass eine neu entstandene Bewusstseinstruktur die vorigen nicht ersetzt oder ablöst oder so, sondern sie integriert. Rationales Denken soll also nicht die Emotionen ersetzen, sondern die Ratio ist etwas neues, das dann zusammen mit den Emotionen (u.a.) eine neue Bewusstseinsstruktur bildet, die alles vorherige einschliesst aber auch um neues erweitert.

So gesehen wäre es auch völlig falsch, hier irgendeine Wertung vorzunehmen, bzw. diese Theorien von Entwicklung des Bewusstseins so zu interpretieren, wie z.B. dass die Ratio der Emotion überlegen oder irgendwie besser sei, nur weil sie in der Entwicklung erst später auftritt.

Unter anderem das kann dann nämlich dazu führen, dass die Entwicklung gestört wird, es zu einem Regress in frühere Bewusstseinsstrukturen kommt und die eigentlich neu entstehende Struktur sich nicht voll entfalten kann. Und ich denke, in der Situation befinden wir uns heute.

Und übrigens, einer der interessantesten Aspekte (finde ich) an dieser ganzen Theorie über die Entwicklung des Bewusstseins ist, dass man diese Entwicklungsstufen sowie auch die Probleme in der Entwicklung nicht nur bei der Menschheit insgesamt bzw. ganzen Kulturen feststellen kann, sondern dass jeder Mensch für sich diese Entwicklung des Bewusstseins auch zu durchlaufen scheint... und dieselben Probleme auftreten können. Ähnlich wie es bei der biologischen Entwicklung ja auch ist mit der Ontogenese und der Phylogenese.

(24.11.2011, 22:20)datzifrau schrieb: Ja, ich muss das auch alles noch einmal kontrollieren, bevor ich raus gehe. Das liegt aber daran, dass ich nicht sonderlich viel Lust habe, dass die Bude abfackelt. Ich habe 2 Söhne, der Kleine dreht gerne am Herd herum. Und einmal kontrollieren reicht dann aber auch wirklich aus.

Das hat dann aber überhaupt nichts mit Kontrollzwang zu tun. Sogar ohne Söhne nicht.

(25.11.2011, 02:44)spell bound schrieb: allerdings würd ich nach wie vor sagen, ist vieles im dominierenden bewusstsein nicht rational, sondern rationalisierung. der begriff der ratio ist sozusagen korrumpiert, so ähnlich wie etwa der begriff der demokratie. meine these ist, insofern ählnich der von cloud, echte rationalität ist noch gar nicht richtig erreicht, denn sie würde gerade jene integration des emotionalen z.b. voraussetzen.

Ja, sehe ich auch so.

Zitat:allerdings seh ich bei clouds aussage wieder diese typische dichotomie von beidem; durchdachtheit bedeutet eben nicht zwingend weniger emotionalität als undurchdachtheit. und wenn es sie im konkreten fall bedeutet, ist diese durchdachtheit noch undurchdacht. emotionalität sollte man auch nicht mit impulsivität gleichsetzen. und rationalität nicht unbedingt als gegensatz zu impulsivität.

Genau, dieses Setzen von Gegensätzen ist glaube ich eines der wesentlichen Probleme. Genau wie die Ratio nicht die Emotionen ersetzen, sondern sie ergänzen soll, sollen auch die Emotionen nicht die Impulsivität ersetzen (also ich geh hier davon aus, dass von diesen dreien die Impulsivität die älteste Struktur ist, die Emotionen sich danach entwickelt haben und die Ratio als bisher letztes).

Die Sache ist auch die, dass wenn etwas Neues aus etwas Altem emergiert, dann kann dieses Neue nicht ohne das Alte existieren, andersherum dagegen ist das kein Problem (darum kann man auch völlig berechtigterweise von einer Entwicklungshierarchie sprechen, die man nur nicht mit einer Wertehierarchie verwechseln darf, was passiert, wenn man z.B. sagt, die Ratio sei besser als die Emotionen oder die Impulse/Triebe). Das bedeutet, man könnte - theoretisch - jetzt sofort die rationale Bewusstsseinstruktur auslöschen. Dann wären die vorigen Strukturen immer noch unbeschadet vorhanden. Man kann aber nicht die Triebe oder die Emotionen auslöschen und denken, die Ratio wäre dann noch vorhanden.

Ein anderer wichtiger Punkt, der damit zusammenhängt ist, dass man auch keine Stufen "überspringen" kann. Solange die rationale Struktur nicht ausgebildet wurde, wird die Entwicklung auch nicht zu möglicherweise weiteren Strukturen fortschreiten. Wir können also nicht sagen, ach komm, das mit der Ratio kriegen wir nicht hin, aber die ist doch sowieso nicht so wichtig, gehen wir einfach direkt weiter zu, was weiss ich, dem Nirvana oder dem Integralen oder was auch immer. Das wird nicht funktionieren, weil eben diese höher entwickelten Strukturen nicht emergieren können, wenn das dazu notwendige Fundament, die rationale Struktur, fehlt oder krank ist.

Das Ergebnis solcher Versuche ist dann die Regression in ältere Strukturen, die dann glorifiziert werden und deren Erfahrungen dann als Erfahrungen eines postrationalen Bewusstseins interpretiert werden, obwohl sie eigentlich prärational sind. Das ist dann nur die andere Seite der Medaille von dem, was die rationalen Fundamentalisten tun, wenn sie alle möglicherweise postrationalen Erfahrungen mit den prärationalen gleichsetzen.

Zitat:das wäre dann eine sehr eingeschränkte definition, was das kriterium der objektivität anbelangt z.b. ich würde es eher noch im sinne der kausalität sehen, bzw. der logischen bedingungen, die sowohl auf sachverhalte in der welt, wie auch - und das ist ja gerade mein punkt in dieser diskussion - auf solche im geist, in der psyche, bezogen werden können. das zeigt sich allein darin schon, dass wir auch für geistiges begriffe haben, die demnach auch in ihren strukturen analysiert werden können. darüber hinaus ist auch diese unterscheidung von objektiv und subjektiv zwar vielleicht keine völlig untaugliche, aber doch in ihrer dichotomisierung wieder eine zu extreme.

Naja eine perfekte inhaltliche Definition der Rationalität traue ich mir auch nicht zu. Mit der Objektivität hast du wohl recht, ich wollte auch gar nicht sagen, dass die Ratio objektiv sei und anderes nicht, aber ich denke, die Ratio ist eng verbunden mit der Vorstellung von einer objektiven Aussenwelt. Hm, vielleicht gilt das aber auch nur für ihre fehlentwickelte Form.

Dass man logisches Denken durchaus auch auf die inneren, geistigen Begriffe anwenden kann, denke ich auch, ich glaube nur nicht, dass man das Geistige vollständig mit Logik beschreiben kann - genausowenig wie das "Äussere". Es ist für mich eine Perspektive, eine Sicht auf die Welt, aber nicht die eine, die alle anderen überflüssig macht, weil sie alles lückenlos erklären kann und man somit neben der Logik nichts anderes mehr bräuchte. Das ist ja in meinen Augen genau der Fehler in der heutigen Zeit, dies zu glauben.

Zitat:
Zitat:Absolut! Was aber grade Menschen, die sich für besonders rational halten, ja oft strikt ablehnen. Ich denke beispielhaft zeigt sich das in dem Konflikt zwischen Spiritualität und Wissenschaft.
vermutlich hast du das salopp formuliert, aber nur der vollständigkeit halber: diesen konflikt gibt es nicht wirklich zwischen spiritualität und wissenschaft im allgemeinen, oder gar in der mehrheit, sondern eher zwischen fundamentalisten, die eine dieser seiten auf ihre fahnen schreiben.

big Ich hatte das sogar erst noch da stehen, habs dann aber weggelassen, da wir das ja schon öfter hatten und ich das Fass jetzt nicht auch noch wieder aufmachen wollte hier.

Zitat:klingt interessant und erinnert etwas an hegels dialektik. was aber die historische analyse der aufklärung angeht, weiß ich nicht, ob ich dem zustimmen kann.

Ja, Hegel ist wohl ein starker Einfluss bei Wilber (heisst es immer, ich kenne Hegel nicht). Über die Aufklärung hat er sehr viel geschrieben, hab das vielleicht auch nicht ganz zutreffend bzw. zu vereinfachend wiedergegeben. Grundsätzlich halte ich das aber schon für plausibel, also diese Kernaussage, dass die Aufklärung (sozusagen als endgültiger Durchbruch der rationalen Struktur) zwar keinesfalls grundsätzlich zu verdammen ist und es Unsinn ist, sich die Zeit davor zurückzuwünschen, dass die Art wie sie stattgefunden hat aber durchaus zu kritisieren ist und dass viele unsere heutigen Probleme sich auf Fehlentwicklungen an dieser Stelle zurückführen lassen. Darauf, dass die Ratio die anderen Bewusstseinstrukturen nicht integriert, sondern ins Unbewusste unterdrückt hat und die dabei entstandene Bewusstseinsstruktur krank ist.

Insbesondere wenn Europäer sich als etwas besseres betrachten als andere Kulturen, weil diese ja die Aufklärung noch nicht durchlaufen hätten, wäre etwas weniger Selbstbejubelung und eine etwas kritischere Betrachtung der Aufklärung vielleicht angebracht. Grade damit vielleicht die Kulturen, die eine solche Aufklärug noch vor sich haben, nicht dieselben Fehler wiederholen, sondern die Entwicklung besser schaffen - und uns dann vielleicht sogar in unsere Entwicklung doch noch helfen können.

Zitat:was wir jetzt haben, ist eher eine bewusstseinsstruktur des scheinbar rationalen. eine vermeintliche weitere entwicklung im bewusstsein würde ich daher nicht postrational nennen, allerdings auch nicht rein rational; sagen wir, "integriert".

Versteh ich das richtig, du siehst diese jetzige Bewusstseinssstruktur des scheinbar rationalen nicht unbedingt als eine fehlentwickelte, kranke Variante der rationalen Bewusstseinsstruktur, sondern als einen "normalen" Entwicklungsschritt der der rationalen vorhergeht? Wobei du diese Struktur, in der das rationale voll ausgebildet, aber integriert ist, dann "integriert" nennst?

Also Gebser nennt ja wie gesagt die auf die rationale Struktur folgende die "integrale", wobei er mit "rationale Struktur" aber nicht meint, dass diese rein rational ist, sondern dass sie halt die erste ist, die das rationale integriert. Und da es im Grunde auf jeder Entwicklungsstufe so ist, dass die vorigen integriert werden, hab ich das nie so ganz verstanden, warum er die nächste Stufe "integral" nennt. big

Zitat:man kann eben auch phobien und zwänge rational erklären, ohne sie zu rationalisieren, d.h. ohne das erleben auszuklammern. das ist mein punkt jedenfalls. und ich finde es sogar wichtig, den inhärenten sinn oder die kausale oder emotionale struktur hinter soetwas zu verstehen.

Da würde ich generell zustimmen. Ok, ich hatte diese Zwänge "irrational" genannt, aber das hab ich ja schon erklärt, wie ich es meinte. Ich schliesse nicht aus, dass man diese Zwänge rational erklären kann, insbesondere sowas wie mein Treppenstufenzählen dürfte recht banale, rational erklärbare Ursachen haben, und klar, im Sinne der Selbsterkenntnis sollte man versuchen, diese zu verstehen.

Zitat:
Zitat:Du willst vielleicht darauf hinaus, dass ich, wenn ich der Frage nachgegangen wäre, vielleicht darauf gestossen wäre, dass das für anderes Verhalten genauso gilt.
ja, aber nicht nur. du wärest vermutlich auch auf die erschöpfende antwort gestoßen. irgendwann jedenfalls..

Meinst du damit jetzt das hier? :
Zitat:sich selbst zu verstehn ist allerdings der schlüssel, um andere zu verstehen. denn ohne sein erleben zu begreifen kann man sich auch nicht ins erleben anderer hineinversetzen.

Tschüss,
Ricky
„I learned long ago, never to wrestle with a pig. You both get dirty, and besides, the pig likes it.“ - George Bernhard Shaw
„Do not feed the troll.“ - Internet
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RE: was einen grad so bewegt
#36
25.11.2011, 19:13 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.11.2011, 19:14 von Cloud82.)
Zitat:Trotzdem denke ich, dass man sagen kann, dass vor einiger Zeit, vielleicht bei den alten Griechen, eine neue Struktur des Bewusstseins aufgetreten ist. Sie ergänzte die vorher dominierende Struktur, die man "mythisch" nennen könnte, um die rationaler Erkenntnis. Darum "rationale Struktur".

Du meinst die vorsokratische Wende...wobei diese, so denke ich, der philosophischen Elite vorbehalten war. Die Abkehr zum Mythos hat nicht viel gebracht, wie das Mittelalter es gezeigt hat.

Zitat:Eine zentrale Behauptung dieser These ist eben, dass das, was wir heute so ganz normal als rational bezeichnen (unsere gewöhnliches Wachbewusstsein), nicht schon immer das Bewusstsein des Menschen geprägt hat sondern irgendwann im Laufe der Geschichte als etwas neues, vorher nicht existierendes emergiert ist.

Eine weitere Behauptung ist, dass eine neu entstandene Bewusstseinstruktur die vorigen nicht ersetzt oder ablöst oder so, sondern sie integriert. Rationales Denken soll also nicht die Emotionen ersetzen, sondern die Ratio ist etwas neues, das dann zusammen mit den Emotionen (u.a.) eine neue Bewusstseinsstruktur bildet, die alles vorherige einschliesst aber auch um neues erweitert.

Das sehe ich auch so, jedoch nur individuell gesehen. Die erste Behauptung impliziert, dass das rationale Bewusstsein sich kollektiv gesehen integriert hat oder meinst du die individuelle Ebene?
Denn ich bezweifle, dass unser kollektives Bewusstsein sich derart von dem mittelalterichen unterscheidet. Oder habe ich da einen Denkfehler? biggrin

Zitat:Unter anderem das kann dann nämlich dazu führen, dass die Entwicklung gestört wird, es zu einem Regress in frühere Bewusstseinsstrukturen kommt und die eigentlich neu entstehende Struktur sich nicht voll entfalten kann. Und ich denke, in der Situation befinden wir uns heute.

Interessant finde ich, dass paralell die Sonnenaktivitäten sich angeblich seit Jahrzehnten erhöhen. Die Zirbeldrüse ("Sitz der Seele" nach Kant) reagiert auf Licht (obwohl mitten im Kopf) und ist beim modernen Menschen verkümmert. Früher sollte diese angeblich viel größer gewesen sein. Dann der aufkommende Trend des Bewusstseinswandel. Ob sich dieser vollzieht...wird man sehen, oder hast du Indizien dafür?
Wenn die Integration neuer Bewusstseinsfragmente erfolgreich ablaufen soll, wäre da nicht eine Synchronisation der alten Struktur / Person / Identität notwendig?

Wenn ich P.Arcady / G. Grabovoi lese, stoße ich genau auf diese Aspekte und paralellen Entwicklungen, wobei diese nicht die einzigen sind.

Zitat:Das Ergebnis solcher Versuche ist dann die Regression in ältere Strukturen, die dann glorifiziert werden und deren Erfahrungen dann als Erfahrungen eines postrationalen Bewusstseins interpretiert werden, obwohl sie eigentlich prärational sind. Das ist dann nur die andere Seite der Medaille von dem, was die rationalen Fundamentalisten tun, wenn sie alle möglicherweise postrationalen Erfahrungen mit den prärationalen gleichsetzen.

"Rationale Fundamentalisten"biggrin Per Aporie relativiert sich dasbiggrin

Ich denke ein weiteres Problem ist es, dass sowas der breiten Masse transparent gemacht werden kann. Nichtsdestotrotz bleibt es so, dass es eine eigene "Praxis" erfordert. Wenn kein Bedarf besteht wird das aufgeschnappt, was letztlich als "positiv" erkannt wird, wodurch wir dann Fundamentalisten aller Art habenexclam
Bei den meisten Menschen ist der Geist gespalten, fragmentarisch, und alles Fragmentarische ist korrupt.


(J. Krishnamurti)
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RE: was einen grad so bewegt
#37
25.11.2011, 20:27
split? 8)
"Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde." Danzelot von Silbendrechsler
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RE: was einen grad so bewegt
#38
26.11.2011, 02:02
spell schrieb:
owa schrieb:Ich hatte erst gedacht, du meinst Emotionen sozusagen als eine Art punktuelle Ersatz-Methode. Aber das scheint nicht der Fall zu sein.
was meinst du mit dieser methode?

Hm... was meinst du mit dieser Frage? big Das hatte ich doch eigentlich dich gefragt, nachdem ich mir bei der entsprechenden Stelle in deinem Posting vom 21.11., 18:47 Uhr nichts konkretes drunter vorstellen konnte. Und am Beispiel der Gerechtigkeit kommen wir glaube ich derzeit nicht richtig weiter, weil mir nicht ganz klar ist, was genau du forderst, das die wissenschaftliche Methodik (in dem Fall wohl rechtswissenschaftliche?) hinsichtlich Emotionen berücksichtigen oder anerkennen soll, um halt "vollständig" zu sein. Dass sie die Existenz von Emotionen und Empathie anerkennt, davon kann man denke ich schon ausgehen, wenn man bedenkt, dass die Basis für unser Strafrechtssystem nichts anderes als Rache ist und es genau auch deswegen immer wieder geändert wird.

spell schrieb:ursprünglich ging es unter anderem um "dummheit" und kriminalität. dummheit ist aber nicht bloß das fehlen intellektueller fähigkeiten oder fehlenden faktenwissens, sondern drückt sich auch - und insbesondere in fällen von kriminalität, deren täter ja auch äußerst intelligent und gebildet sein können - in gefühlsblindheit aus. die gewöhnliche vorstellung von aufklärung, wissenschaft und logik beinhaltet nicht die fähigkeit, zu fühlen, und wird oft sogar als deren gegensatz angesehen. es heißt: um objektiv zu sein, hindern gefühle sogar. deshalb ist die differenzierung von solchen üblichen vorstellungen, finde ich, ziemlich wichtig.

Aber meine Frage war, welchen Nutzen dir diese Betrachtungsweise bringt. Warum findest du sie ziemlich wichtig?

Mir zum Beispiel nützt(e) mehr die emotionslose Vorstellung. Oder vielleicht nicht Vorstellung, sondern Anwendung.
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RE: was einen grad so bewegt
#39
26.11.2011, 17:21 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.11.2011, 17:35 von spell bound.)
(25.11.2011, 13:54)ricky_ho schrieb: Dass man logisches Denken durchaus auch auf die inneren, geistigen Begriffe anwenden kann, denke ich auch, ich glaube nur nicht, dass man das Geistige vollständig mit Logik beschreiben kann - genausowenig wie das "Äussere". Es ist für mich eine Perspektive, eine Sicht auf die Welt, aber nicht die eine, die alle anderen überflüssig macht, weil sie alles lückenlos erklären kann und man somit neben der Logik nichts anderes mehr bräuchte. Das ist ja in meinen Augen genau der Fehler in der heutigen Zeit, dies zu glauben.

ich meine das eher in die richtung gehend:

Wittgenstein, tractatus vorwort schrieb:Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen

(25.11.2011, 13:54)Wittgenstein, tractatus §6.5]Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen.
Das Rätsel gibt es nicht.
Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden.[/quote]

- allerdings mit dem unterschied (?), dass ich im gegensatz (?) zu wittgenstein auch lebensprobleme für formulierbar halte.

ricky_ho schrieb: Versteh ich das richtig, du siehst diese jetzige Bewusstseinssstruktur des scheinbar rationalen nicht unbedingt als eine fehlentwickelte, kranke Variante der rationalen Bewusstseinsstruktur, sondern als einen "normalen" Entwicklungsschritt der der rationalen vorhergeht? Wobei du diese Struktur, in der das rationale voll ausgebildet, aber integriert ist, dann "integriert" nennst?
ne das verstehst du falsch. die jetzige bewusstseinsstruktur ist wie ein tumor, ohne ihr aufkommen wären wir schon lange viel weiter.

Zitat:
Zitat:du wärest vermutlich auch auf die erschöpfende antwort gestoßen. irgendwann jedenfalls..

Meinst du damit jetzt das hier? :
Zitat:sich selbst zu verstehn ist allerdings der schlüssel, um andere zu verstehen. denn ohne sein erleben zu begreifen kann man sich auch nicht ins erleben anderer hineinversetzen.
ne, ich meinte die erschöpfende antwort auf die frage, wieso du genau diese "zwänge" hattest.


(26.11.2011, 02:02)owa schrieb:
spell' schrieb: [quote=owa' schrieb: Ich hatte erst gedacht, du meinst Emotionen sozusagen als eine Art punktuelle Ersatz-Methode. Aber das scheint nicht der Fall zu sein.
was meinst du mit dieser methode?

Hm... was meinst du mit dieser Frage? big

ich weiß nicht, ob ich emotionen nicht als eine art punktuelle ersatz-methode sehe. da ich nicht weiß, was das bedeuten soll.

Zitat:Und am Beispiel der Gerechtigkeit kommen wir glaube ich derzeit nicht richtig weiter, weil mir nicht ganz klar ist, was genau du forderst, das die wissenschaftliche Methodik (in dem Fall wohl rechtswissenschaftliche?) hinsichtlich Emotionen berücksichtigen oder anerkennen soll, um halt "vollständig" zu sein. Dass sie die Existenz von Emotionen und Empathie anerkennt, davon kann man denke ich schon ausgehen, wenn man bedenkt, dass die Basis für unser Strafrechtssystem nichts anderes als Rache ist und es genau auch deswegen immer wieder geändert wird.
mir geht es um das verstehen von emotionen, nicht um das unreflektierte sich davon steuern lassen. wenn es um die verminderung von kriminalität geht, ist gerade das verstehen eminent, und nicht sowas wie rache. im übrigen wäre das eh keine wissenschaftliche fundierung für ein strafrechtssystem, vor allem wohl nicht die art aufklärung die du vorgeschlagen hast als minimierung von kriminalität. wie gesagt, wir stimmen darin ja recht weitgehend überein, dass die aufklärung hier die hilfreiche position ist, allein ist mein punkt, dass hier das emotionale begreifen bedeutsam ist, weil man auch keinem spinnenphobiker ernsthaft erklären kann, dass es unlogisch sei, angst vor spinnen zu haben. jedenfalls bringt das noch nichts. so gesehen mein ich, die "logik der emotionen" muss nachvollzogen werden, weil gerade deren nichtbegreifen, d.h. das verdrängen der emotionen und der dahinter stehenden erlebnisse (z.b. als irrational) zu einem "undercurrent" führt, der das handeln der menschen leitet, so rational sie sich im bewusstsein auch geben und gegen jene ankämpfen mögen.

damit dürfte ich auch deine frage beantwortet haben, wieso ich diese betrachtungsweise so wichtig finde. - abgesehn davon, ob meine antwort verständlich ist.
(25.11.2011, 20:27)Jami schrieb: split? 8)

kann man machen.
Bin nicht mehr hier, aber noch erreichbar.
Bitte keine coronaleugner
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