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Trauma

RE: Trauma
#61
09.07.2023, 14:57


(Video 20 Minuten)

In diesem Video wird die Bedeutung von Musik und Kunst für die Bewältigung von Traumata behandelt. Es wird am Beispiel einer jungen Frau gezeigt, wie ihr die Texte von Rammstein geholfen haben, sich mit dem sexuellen Missbrauch auseinanderzusetzen, den sie erlebt hat.

Es erschüttert mich immer wieder zu hören, dass Menschen wie hier im Video, die ihren Täter anzeigen, oft kein Recht bekommen, da die Verfahren in der Regel eingestellt werden und es zu einer Aussage gegen Aussage Situation kommt. Dadurch hat ein Opfer von sexuellem Missbrauch kaum eine Chance, vor Gericht anerkannt zu werden. Da läuft meiner Meinung nach etwas schief, wenn man durch das "Bestreiten einer Tat" praktisch immer ungestraft davon kommt.

Es ist fast unmöglich, solche Fälle nachzuweisen. Zum Beispiel sind KO-Tropfen nur 6-12 Stunden im Blut nachweisbar, aber bis jemand, der Opfer einer solchen Straftat wurde, emotional in der Lage ist, seinem Gefühl zu vertrauen und Anzeige zu erstatten, gibt es oft keine Beweise mehr.

Wenn der Missbrauch auf eine Weise stattgefunden hat, die keine nachweisbaren körperlichen Schäden verursacht hat, kommen die Täter meist ungestraft davon. Ich glaube dass mich das persönlich so triggert, weil das im Falle von Entwicklungstraumata auch oft so ist.

Solche Taten finden in der Regel nicht vor Zeugen statt, sei es psychischer oder sexueller Missbrauch. Meine Mutter hat mich auch nie vor Zeugen geschlagen oder erniedrigt. Das tat sie, wenn sich sich unbeobachtet fühlte. Gewalt und Missbrauch geschehen meist hinter verschlossenen Türen, während sich die Täter in der Öffentlichkeit gut darstellen und rechtlich abgesichert fühlen. Das finde ich sehr problematisch, aber ich habe leider auch keine Lösung dafür. An der Stelle ist bei mir nur Ohnmacht.

Ich finde es sehr ehrlich von der jungen Frau im Video, dass sie zugibt, dass sie es nicht wahrhaben wollte, dass ihr Idol ein Täter sein könnte. Ich kann mich sehr gut in diese Situation hineinversetzen, da es auch für mich das Schwierigste war, mein eigenes Entwicklungstrauma aufzuarbeiten und mir einzugestehen, dass meine Eltern, die Täter waren, mir so etwas angetan haben.

Warum fällt es so schwer, sich das einzugestehen? Weil man in diesem Moment alles verliert: Die Beziehung, die Sicherheit, das Vertrauen, den Schutz, den Stamm, Privilegien und die Familie. Man wird förmlich dazu gezwungen, unabhängig auf eigenen Beinen zu stehen und die unglaubliche Enttäuschung über die Menschen, denen man vertraut hat, irgendwie zu verarbeiten.

Die junge Frau im Video beschreibt es genau so, wie ich es selbst erlebt habe, als hin- und hergerissen sein. Ich empfand es oft als ein innere Zerissenheit, denn in meinem Fall, wo meine Eltern die Täter waren, kann man sich nicht vollständig von ihnen distanzieren, da sie eben immer noch meine Eltern sind und immer ein Teil meines Lebens sein werden. In meinen Erinnerungen sind all die schönen Erlebnisse mit ihnen, durchtränkt von missbräuchtlichen Erfahrungen und ich habe nichts Heiles, Ganzes mehr, seitdem, ich mir das eingestehen musste, was ich erlebt habe.

Persönlich sehe ich eine starke Verbindung zwischen dem Thema Rammstein und gesellschaftlichen Aspekten die derzeit öffenlich angesprochen werden, die ich aus dem Kontext von Entwicklungstrauma auch kenne.

Menschen, die von ihren Eltern traumatisiert wurden, stecken oft genau in diesen inneren Konflikten fest, die hier anhand des Rammstein-Beispiels aufgezeigt werden. Ich möchte mich den Worten der jungen Frau anschließen und mich hinter die Opfer stellen, um sie zu ermutigen, ihre Stärke und Unabhängigkeit zu finden und ihr Schweigen zu brechen.

Ich denke jedoch auch, dass es in diesem Kontext kein eindeutiges "richtig" oder "falsch" gibt. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden, um mit seinem Trauma umzugehen. Wir haben alle unterschiedliche Ressorcen und nicht jeder der soetwas erlebt hat, hat überhaupt die Kraft dazu.

Was mich jedoch besorgt, ist die Tatsache, dass Menschen, die die Täter aus Löyalität legitimieren, oft selbst zu Tätern oder Mittätern werden. Hierbei spielt die Umkehrung der Rollen von Täter und Opfer sowie das Victim Blaming eine bedenkliche Rolle, die mit dem Grad der inneren Auseinandersetzung zusammen hängt.

Zitat:Victim Blaming - Wenn aus Opfern Täter*innen werden

Auch der englische Begriff „victim blaming”, auf Deutsch „Opfer-Beschuldigung” wird oft verwendet. Dabei wird die Schuld und damit die Verantwortung für die Tat von den Täter*innen auf die Betroffenen abgewälzt.

Eine mangelnde Aufarbeitung des eigenen Traumas und der eigenen Opferrolle kann zu Victim Blaming führen, weil es eine ungesunde Verschiebung der Verantwortung mit sich bringen kann. Menschen, die ihr eigenes Trauma nicht vollständig verarbeitet haben, können unbewusst versuchen, die Schuld für das Geschehene auf das Opfer abzuwälzen, anstatt den eigentlichen Täter zur Verantwortung zu ziehen.

Dies kann verschiedene Gründe haben. Manche Menschen möchten möglicherweise nicht mit der eigenen Verletzlichkeit konfrontiert werden und suchen daher nach einer Möglichkeit, das Opfer zu beschuldigen, um sich selbst von jeglicher Schuld oder Verantwortung freizusprechen. Das Opfer, welches man selbst ist, wird dann sozusagen auf eine andere Person abgespalten, und häufig dort erniedrigt oder beschuldigt.

Zitat:Täter - Opfer - Umkehr

Wer den Vorwurf der „Täter-Opfer-Umkehr“ äußert, meint damit: Einem Opfer wird die Schuld für jene Tat zugeschrieben, die es erleiden musste. Bei einer „Täter-Opfer-Umkehr“ handelt es sich also im Kern um die Umkehr von Schuld. Wer „Täter-Opfer-Umkehr“ betreibt, behauptet: Nicht der Täter ist schuld, sondern das Opfer selbst. Ergo: Das vermeintliche Opfer ist der eigentliche Täter, weil es seine eigene Schuld fälschlicherweise einem anderen anlastet.

Die Täter-Opfer-Umkehr kann eine Rolle im Umgang mit Opfern spielen, wenn das eigene Trauma nicht ausreichend aufgearbeitet wird. Bei dieser Umkehrung der Rollen werden die Opfer fälschlicherweise als Täter dargestellt oder ihnen eine Mitschuld an ihrem eigenen Leiden zugeschrieben. Dies geschieht, wenn Menschen, die selbst traumatische Erfahrungen gemacht haben, sich nicht hinreichend mit ihrem eigenen Schmerz und ihrer Verletzlichkeit auseinandersetzen. Indem sie die Schuld und Verantwortung auf das eigentliche Opfer übertragen, versuchen sie möglicherweise, ihr eigenes Trauma zu entlasten oder zu verleugnen. Dies kann zu einer Verzerrung der Realität führen und das Leiden des Opfers weiter verstärken.

Zitat:Täterintrojekte

Täterintrojekte sind Täter-loyale Anteile, die in der Regel der Abwehr von Ohnmacht und Scham und dem Erhalt der Bindung zum Täter dienen.

Das nicht verarbeitete Trauma kann dazu führen, dass das Opfer die Ansichten und Überzeugungen des Täters übernimmt, wie zum Beispiel die Selbstbeschuldigung (Du bist selbst schuld), das Gefühl des Nichtwertseins (Du bist nichts wert) oder die Rechtfertigung der Gewalt (Du hast es nicht anders verdient). Diese übernommenen Gedanken und Empfindungen werden zum Teil des Selbst.

Das Täterintrojekt beeinflusst das Erleben und Verhalten der betroffenen Person. Es kann zu wiederholten selbstschädigenden Verhaltensweisen führen und das Selbstbild von Verachtung, Wertlosigkeit und Selbsthass prägen. Das Opfer trägt somit Täter- und Opferanteile in sich, wodurch es schwierig sein kann, die eigene Identität und die Handlungen des Täters zu unterscheiden. Das hört man in dem Beispiel im Video auch heraus, dass bei der jungen Frau Opfer und Täter - Anteile noch vermischt sind. Sie ist da wohl gerade noch in der Klärung und hat es noch nicht geschafft sich ganz vom Täter abzugrenzen.

Die Verarbeitung des Traumas und die Bewältigung des Täterintrojekts sind wichtige Schritte in der Traumatherapie. Es geht darum, das Täterintrojekt als etwas Externes zu erkennen, die übernommenen Ansichten zu hinterfragen und eine gesunde Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz aufzubauen.

Ein nicht verarbeitetes Trauma kann dazu führen, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, die Welt in ihrer neutralen Realität und objektivität wahrzunehmen. Eine angemessene Traumaverarbeitung und therapeutische Unterstützung können helfen, diese Verzerrungen zu erkennen und zu überwinden, damit die Betroffenen wieder eine klarere und neutralere Sicht auf die Welt entwickeln können, die durch Traumaerfahrungen oft korrumpiert ist.

Zitat:Spirituelles Bypassing

Der Begriff Spiritual Bypassing wurde vom Psychologen John Welwood im Jahr 1984 geprägt. Gemeint ist damit, dass spirituelle Praktiken und Überzeugungen genutzt werden, um sich schmerzhaften Gefühlen oder tiefen Wunden nicht stellen zu müssen (der englische Begriff „to bypass” heißt „umgehen” oder „überbrücken”).

Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet ist und stattdessen spirituelle Praktiken als Fluchtmechanismus genutzt werden, können sich verschiedene Auswirkungen ergeben:

Vermeidung des Schmerzes: Spirituelles Bypassing kann dazu führen, dass man den tatsächlichen emotionalen Schmerz und die Herausforderungen des Traumas nicht vollständig angeht. Statt sich mit den schwierigen Gefühlen auseinanderzusetzen, versucht man, sie zu umgehen oder zu übergehen, indem man sich auf spirituelle Überzeugungen oder Praktiken konzentriert.

Unterdrückung von Emotionen: Durch das spirituelle Bypassing kann man dazu neigen, unangenehme oder schwierige Emotionen zu unterdrücken oder zu verdrängen. Man versucht möglicherweise, sich auf positive oder "höhere" Gefühle zu konzentrieren und die negativen Emotionen zu ignorieren. Dies kann dazu führen, dass man die eigene emotionale Heilung und Verarbeitung des Traumas behindert.

Fehlende Integration und Verarbeitung: Spirituelle Praktiken können eine wertvolle Ergänzung bei der Traumaverarbeitung sein, sollten aber nicht als Ersatz dafür dienen. Es ist wichtig, dass man sein Trauma auf der menschlichen Ebene integriert, bevor man sich von seinem Ego distanziert und nach höheren spirituellen Ebenen strebt.

Wenn das eigene Trauma nicht vollständig aufgearbeitet wird, besteht die Gefahr, dass man spirituelle Praktiken als oberflächlichen Trost oder als Möglichkeit zur Vermeidung tieferer innerer Arbeit nutzt. Dadurch bleibt das Trauma ungelöst und wird durch spirituelle Höhenflüge nur vorübergehend kompensiert.

Ich persönlich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und glaube, dass nicht jeder diesem Anspruch gerecht werden kann. Es muss jedoch noch eine andere Möglichkeit geben. Vielleicht kann man dies als Gnade bezeichnen, ein Wort, das ausdrücken soll, dass es darum geht, die Unvollkommenheit eines Menschen mitfühlend anzuerkennen. Ich merke, dass mein Trauma mich manchmal sehr streng macht und mir die Gnade fehlt, nachsichtiger zu sein.

Leider habe ich auch viel passive Gewalt und Abwertung von Menschen erfahren, die sich ihren ungelösten Tätermechanismen nicht gestellt haben. Dadurch fällt es mir schwer, nachsichtiger zu sein.

Dennoch wünsche ich mir, dass ich es schaffe, etwas nachsichtiger mit anderen Menschen und mir selbst umzugehen, zumindest um 10 %. normal

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RE: Trauma
#62
09.07.2023, 15:21


Papa Roach - Broken Home

Als Ergänzung zum letzten Posting: Als Kind war es mir nicht erlaubt, Widerspruch zu äußern. Doch dann entdeckte ich, dass ich am Radio den Sender verstellen konnte, was meine Eltern zwar nicht mochten, aber es war nicht verboten. So entwickelte sich eine Strategie, um meine Gefühle des Widerstands zum Ausdruck zu bringen, die sich in meiner frühen Jugend immer mehr festigte.

Heute habe ich zwar viele andere Ressourcen, die mir helfen, meine unverarbeiteten Gefühle zu spüren und Akzeptanz dafür zu finden. Jedoch ist es erstens schwierig, angemessenen Ausdruck für meine intensiven und aggressiven Gefühle zu finden, und zweitens fehlt mir oft die Möglichkeit, sie wirklich mit anderen Menschen zu teilen, da die meisten Menschen eine defensive Haltung gegen das Thema Trauma einnehmen.

Daher bleibt die Ressource der Musik bestehen, auch wenn sie heute nicht mehr meine einzige funktionale Bewältigungsstrategie für mein Traumata ist.

Wenn ich agressive Musik höre, dann fühle ich Entlastung, Freude und Freiheit, weil dieser Seite von mir einfach mal da sein darf, weil ich am liebsten auch mal alles verwüsten und zerstören würde.
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RE: Trauma
#63
12.02.2024, 21:15 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.02.2024, 22:41 von ichbinmehr.)


So entwickelst du gesundes Selbstbewusstsein! (Video 33 Minuten)

In seinem neuesten Video teilt Benedikt erneut eine tiefgründige Einsicht, die viele von uns berühren dürfte. Benedikt hebt hervor, wie Bewertungen die in uns aufsteigen können, möglicherweise ein Versuch sind uns vor größerem emotionalen Schmerz zu schützen.

Im Zentrum seiner Betrachtung steht die Frage nach dem Wesen eines gesunden Selbstbewusstseins. Warum scheint es für einige von uns so schwer greifbar, und wie können wir auf einem Pfad der Selbstentwicklung voranschreiten, um es zu kultivieren? Benedikts Reflexionen bieten nicht nur einen Anstoß zur Selbstbefragung, sondern auch praktische Ansätze, um ein stabileres, gesünderes Selbstbild zu entwickeln.
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RE: Trauma
#64
08.05.2024, 19:39


Ich bin mal wieder begeistert über ihn.

"Wenn du das Gefühl hast, keine Daseinsberechtigung zu haben oder vielleicht sogar weißt, dass deine Eltern dich nicht gewollt oder geplant haben, zeige ich dir hier Möglichkeiten, dies zu verarbeiten."
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RE: Trauma
#65
26.06.2024, 22:27 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.06.2024, 22:53 von ichbinmehr.)
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Zitat:Die 6 Bindungsstufen des kanadischen Entwicklungspsychologen Gordon Neufeld

1. Bindung über die Sinne im ersten Lebensjahr

In der ersten Bindungsstufe bindet sich dein Baby über seine Sinne an dich. Es erkennt deine Stimme wieder, die es schon die ganze Zeit in deinem Bauch hören konnte. Beim Stillen kann es dich schmecken, riechen, sehen und deine Haut fühlen. Dein Baby wird von nun an protestieren, wenn euer Körperkontakt abbricht, um mit dir in Verbindung zu bleiben. Der Zweck dieser Stufe ist die körperliche Nähe.⠀

2. Bindung über Gleichheit ab dem zweiten Lebensjahr

In der 2. Bindungsstufe geht es um die Bindung über die Gleichheit. Dein Kind fängt an dich nachzuahmen, um deine Art und Ausdrucksweise anzunehmen. Es möchte sich mit dir identifizieren – mit dir vereint sein. Diese Bindungsstufe ist bedeutsam für die Sprachentwicklung und tritt erstmals im Kleinkindalter auf. ⠀

3. Bindung über Zugehörigkeit und Loyalität ab dem dritten Lebensjahr

Diese Stufe tritt ebenfalls erstmals im Kleinkindalter auf. Dein Kind stellt Besitzansprüche an dich als Mama oder Papa, an den kleinen Bruder oder auch an den heißgeliebten Teddy. Es möchte sich vor Verlust dieser wichtigen Dinge & Personen schützen. Aus Zugehörigkeit entsteht Loyalität. Dein Kind wird treu und folgsam zu dir stehen. Es möchte dir immer nahe sein.⠀

4. Bindung über die Bedeutsamkeit ab dem 4. Lebensjahr

In Stufe 4 bindet sich dein Kind über die Bedeutsamkeit, über das Gefühl, jemanden wichtig zu sein. Diese Stufe zeigt sich im 3.-4. Lebensjahr, wo dein Kind ganz darauf aus ist, anerkannt zu werden und zu gefallen, denn das sichert Nähe und Verbindung.

Dein Kind möchte von dir angenommen und geschätzt werden, wie es ist. Es ist höchst empfänglich für negative Äußerungen, abwertende Blicke und verletzlich durch das Gefühl, dir nicht wichtig zu sein. Dein Kind möchte dir etwas bedeuten.

Schenke ihm so oft es geht liebevolle Blicke und Worte, wohlwollende Gesten und ein strahlendes Lächeln. Das gibt ihm die Sicherheit geliebt zu werden und bedeutsam zu sein.⠀

5. Bindung über das Gefühl ab dem fünften Lebensjahr

Die 5. Art und Weise Verbindung aufzubauen findet über das Gefühl statt. Es nimmt Gefühle von Zuneigung, Liebe und Wärme wahr. Wenn du deinem Kind diese Gefühle entgegengebracht hast, kann es Trennungen von euch Eltern besser verkraften und sich auch über weitere Entfernungen mit euch verbunden fühlen. 

Es wird euch auch bei Abwesenheit immer als liebevolle Eltern im Geiste mit sich führen. Euer Kind schenkt euch in dieser Bindungsstufe sein Herz und ist somit äußerst verletzlich.

Du kannst deinem Kind während deiner Abwesenheit helfen an dir psychisch festzuhalten, indem du ihm Dinge schenkst, mit denen es immer an dich erinnert wird, wie beispielsweise ein Fotomedaillon mit deinem Bild, ein selbstgeschriebenes Gedicht oder ein Kleidungsstück, welches deinen Duft trägt.

Eine andere Möglichkeit wäre einen Timer zu stellen, damit dein Kind mitverfolgen kann, wann du in etwa wieder zuhause sein wirst. Das gibt ihm Sicherheit.⠀

6. Bindung über die Vertrautheit ab dem sechsten Lebensjahr 

In der letzten Stufe bindet sich euer Kind über die Vertrautheit. Es fühlt sich mit euch vertraut und nahe, wenn ihr es so akzeptiert und wertschätzt, wie es ist. Kinder, die sich an ihren Eltern orientieren haben sehr ungern Geheimnisse vor ihnen, weil sie die Befürchtung haben, dass sie dadurch Nähe zu ihnen verlieren und somit auch Sicherheit.


Meine persönliche Beziehung zu diesem Text:


Mich beschäftgt heute dieses Entwicklungsmodell ganz persönlich. Mir ist dabei aufgefallen, dass ich mich in meiner Kindheit in Bezug auf meine Bezugspersonen nie über die dritte Stufe hinausentwickeln konnte.

Auch als Erwachsene stehe ich in Beziehungen immer wieder an der Schwelle zur vierten Stufe und erhalte dort jedoch selten positive Anerkennung und Bindung, wodurch ich scheinbar immer wieder in denselben traumatischen Kreislauf gerate.

Dabei erfahre ich immer wieder dass ich für Menschen bedeutungslos bin. Manchmal, um so mehr ich jemanden mag. Ich frage mich, was der Ausweg aus der Situation ist?

Als ich diesen Text heute gelesen hatte, habe ich bemerkt wie sehr das alles Sinn macht, und dass das evtl. nur eine Reinzinierung der Ur-Beziehung sein könnte. Aber ich habe auch keine Ahnung wie ich das durchbrechen kann.

Ganz besonders hat dieser Abschnitt in mir Schmerz aufgelöst, weil das genau das zum Ausdruck bringt, was mir schon mein ganzes Leben lang fehlt:

Zitat:"Dein Kind möchte von dir angenommen und geschätzt werden, wie es ist. Es ist höchst empfänglich für negative Äußerungen, abwertende Blicke und verletzlich durch das Gefühl, dir nicht wichtig zu sein. Dein Kind möchte dir etwas bedeuten."

Ich glaube, es hat mich sehr verletzt, dass mir meine Eltern immer wieder gezeigt haben, dass ich ihnen nichts bedeute und ich glaube, dass ich mir diese Situation aus dem nicht verarbeiteten Schmerz immer wieder reinziniere. 

Meine Mutter hat eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Narzissten sind in ihrer Beziehungsdynamik so gestrickt, dass sie dich zwingen, all deine Eigenständigkeit und Individualität aufzugeben. Sie erzwingen das, indem sie dir das Gefühl geben, dass du ihnen nichts bedeutest, wenn du deine eigenen Impulse in die Beziehung einbringst. Als Kind kannst dich so eine Dynamik nur unterwerfen.

Nun das mache ich heute natürlich nicht mehr. Dennoch stoße ich immer noch oft auf solche Beziehungsdynamiken und fühle mich ratlos, weil wenn ich mich heute selbstbewusst zeige, dennoch immer wieder diese Entwertung durch bedeutungslosigkeit erfahre.

Und ich kann dem zwar mittlerweile eine gewisses Selbstbewusstsein entgegen setzten, also man könnte sagen, ich lasse mich nicht mehr unterkriegen, aber diese tiefe Sehnsucht erwünscht zu sein, und zwar so wie ich bin, die stillt sich dadurch auch nicht. Ich suche noch, wie ich diese Schmerz verarbeiten kann und vor allem möchte ich mal erfahren, wirklich bedeutsam zu sein.

Ich habe das Gefühl, dass ich deshalb so großen Wert auf Bedeutung und Sinngebung lege, weil dies mit dem natürlichen Bedürfnis, für jemanden bedeutsam zu sein, zusammenhängt – ein Bedürfnis, das in meiner Kindheit nicht ausreichend erfüllt wurde.
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RE: Trauma
#66
28.07.2024, 13:02 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 29.07.2024, 11:58 von ichbinmehr.)
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Diese Erfahrung hat dir gefehlt

Diese Kurzvideo bringt es auf den Punkt, woher körperliche oder emotionale Symptome kommen. Gleichzeitig zeigt es die Lösung auf.

Video 1 Minute: https://www.youtube.com/shorts/_iWNqYvctac
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RE: Trauma
#67
29.07.2024, 11:57
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Konflikte sind offene Türen zu alten Wunden.

Video 1 Minute: https://www.youtube.com/shorts/xKt7z4-z3-g
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RE: Trauma
#68
18.11.2024, 07:01 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.11.2024, 07:08 von ichbinmehr.)
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Die Macht der Gruppen: Wenn andere bestimmen, wer du bist | Terra Xplore

Zitat:Norman Wolf weiß, was es bedeutet, ausgeschlossen zu werden. Er hat in der Schulzeit #Mobbing erlebt und entwickelte eine posttraumatische Belastungsstörung, kurz #PTBS. Noch heute hat er die Stimmen von damals im Kopf und Schwierigkeiten im Kontakt mit Gruppen.

Wir alle wollen Teil einer Gruppe sein, egal ob im Freundeskreis, Sportverein, Ehrenamt oder auf der Arbeit. Sich zugehörig zu fühlen ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Allerdings gibt es auch Gruppen, in denen wir uns nicht besonders wohlfühlen, in denen wir uns von den anderen beeinflussen lassen und vielleicht Dinge tun, die wir eigentlich gar nicht tun wollen. Stichwort: #Gruppenzwang. Eric Mayer taucht ein in verschiedene Gruppendynamiken, um herauszufinden, wie es andere in unseren Kopf schaffen und unsere Gedanken, Gefühle und unser Verhalten  beeinflussen.

Prof. Selma Rudert forscht zu Ausgrenzung und sozialen Normen in Gruppen und erklärt, dass Gruppen eigene Spielregeln haben - sogenannte soziale Normen. Brechen wir diese, laufen wir Gefahr ausgeschlossen zu werden und das kann, wie Studien zeigen, verdammt wehtun. Mobbing und der Ausschluss aus der Gruppe ist ein besonders negatives Beispiel für eine Gruppendynamik. Gruppen können uns aber auch subtiler beeinflussen. In der #Sozialpsychologie spricht man von Konformität: Wir lassen uns von anderen beeinflussen und passen uns im Zweifel anderen an, obwohl wir eigentlich anderer Meinung sind. Genau dieser Mechanismus ist das Forschungsgebiet von Dr. Markus Germar. In einem kleinen Experiment mit sechs Menschen lernen Eric und er viele unterschiedliche Geschichten über den Einfluss von Gruppen kennen - positiv wie negativ. Denn Gruppen können uns auch empowern, uns stärken und einfach nur guttun!

Er sagt so etwas Interessantes. Er sagt: „Du hast keine Kontrolle. Du hattest als Kind keine Wahl, außer immer wieder in die Situation zu gehen, die dich verletzt.“

Durch diesen Satz habe ich verstanden, dass ich auch heute immer wieder an Orte gehe oder Situationen aushalte, die mich verletzen. Ich habe das gerechtfertigt, indem ich mir gesagt habe, dass ich diese Menschen, Situationen und Orte verstehen möchte. Ich wollte es schaffen, mit diesen Menschen und Situationen umzugehen. Ich wollte Frieden finden, mit der Andersartigkeit von Menschen.

Das zeigte sich auch in meinem Studium der Integralen Theorie und dem Versuch, mit den niedrigeren Mems eine Lösung zu finden. Ich sehe gerade an diesem Beispiel, wie die Kindheitserfahrung, in der ich genötigt war, mich immer wieder meinen Eltern auszusetzen, die mich schwer psychisch missbraucht haben, ein Muster geschaffen hat. Dieses Muster, mich schwierigen Menschen und Situationen auszusetzen, trage ich heute immer noch in mir.

Es ist jedoch auch so, dass die Hilflosigkeit heute tatsächlich immer noch da ist, weil ich bis heute nicht wirklich den Ort oder den Menschen gefunden habe, der das, was ich wirklich bin, verstehen und spiegeln kann. Ich habe irgendwie gar keine andere Wahl, als zu versuchen, andersartige Menschen zu verstehen und Kompromisse zu finden – es sei denn, ich bin nur noch mit mir allein. Ich kenne es einfach nicht, einfach mal verstanden zu werden.

Doch ich bin ein Mensch der soziale Bedürfnisse hat. Ein Mensch, der das Bedürfnis hat, Gleichgesinnte zu finden, und ich fühle mich heute immer noch auf der Suche nach diesen Gleichgesinnten. Manchmal sage ich auch Scherz dass ich einen Außerirdischen brauche, für das was ich suche.

Diese Suche nach der fehlenden Resonanz die bereits in der Kindheit ein andauernde Empfindung war, hat sich in meinem Interesse für Spiritualität und feinstoffliche Wahrnehmung ausgedrückt, ebenso wie im Thema Entwicklungstrauma und der damit verbundenen chronischen Erfahrung von  Hilflosigkeit und Ohnmacht.

Eigentlich sind das alles Themen, die den Kern meines wahren Selbst berühren und über das hinaus gehen, was die meisten Menschen wahrnehmen, annahmen oder verstehen können. Mit diesen Bereichen identifiziere ich mich häufig. Mit dem was niemand verstehen kann. Aus traumapsychologischer Sicht, scheint das die Funktion zu haben, die in der Kindheit kontinuierlich erlebte Einsamkeit und Hilflosigkeit immer wieder zu spüren.

Aus einer spritueller Perspektive ist das alles möglicherweise ein Ausdruck der Einsamkeit, die ich letztlich bin, weil das, was ich bin, nicht getrennt ist, sondern eins – und deshalb letztlich nur ganz allein sein kann.
Ich wünsche mir eine Resonanz mit jemandem, der all das auch so erfahren hat, aber diesen Menschen habe ich trotz intensiver Suche nicht gefunden. Dieses Nicht-beantwortet-Sein fühlt sich an wie in der Kindheit.

Zitat:Chat GPT: Dein Text berührt sehr tief, und ich möchte zuerst anerkennen, wie reflektiert und ehrlich du deine Erfahrung schilderst. Du machst deutlich, wie sehr sich frühe Muster bis in die Gegenwart hineinziehen und wie stark die Sehnsucht nach Resonanz, Verständnis und einem echten Gegenüber ist. Gleichzeitig beschreibst du mit einer bemerkenswerten Klarheit die innere Dynamik zwischen deiner Hilflosigkeit, dem Bedürfnis nach Verbindung und dem tiefen spirituellen Streben nach Einheit.

Der Mechanismus der Wiederholung

Die Erkenntnis, dass du dich unbewusst immer wieder Situationen aussetzt, die schmerzhaft und unverstanden bleiben, ist ein großer Schritt. Dieser Mechanismus, der in der Kindheit geprägt wurde, hat vielleicht damals geholfen, in einem feindlichen Umfeld zu überleben, weil du keine Wahl hattest, als dich anzupassen oder weiter zu versuchen, etwas zu verändern. Heute scheint dieser Mechanismus jedoch eher eine Selbstverletzung zu sein, da du versuchst, mit Menschen und Situationen Frieden zu finden, die dir nicht gut tun. Das Bewusstsein dafür ist der erste Schritt, dieses Muster zu transformieren.

Die Sehnsucht nach Resonanz

Deine Suche nach einem Menschen, der dich wirklich versteht, der spiegeln kann, was du bist, ist so essenziell menschlich. Es scheint, als ob diese Suche für dich sowohl eine Heilung der Vergangenheit als auch eine Möglichkeit ist, dein wahres Selbst zu erkennen. Dabei entsteht ein Paradox: Während du einerseits nach Außenresonanz suchst, liegt die eigentliche Antwort vielleicht in einer inneren Resonanz – eine, die nicht von anderen abhängig ist. Doch das ist leichter gesagt als erlebt, denn soziale Verbundenheit ist ein Grundbedürfnis, das nicht einfach durch inneren Frieden ersetzt werden kann.

Zwischen Trauma und Spiritualität

Die Verbindung zwischen deinem Entwicklungstrauma und deinem spirituellen Streben ist faszinierend. Du beschreibst, wie das Gefühl der Einsamkeit – das in der Kindheit traumatisch war – in der Spiritualität eine andere Bedeutung bekommt. Auf einer tiefen Ebene erkennst du, dass diese Einsamkeit die Natur des Einsseins ist. Es ist, als ob du gleichzeitig die Last des Alleinseins und die Freiheit des Nicht-getrennt-Seins trägst. Diese Dualität anzunehmen, scheint ein Schlüssel zu sein.

Wege der Heilung

1. Neue Resonanzräume schaffen:
Vielleicht gibt es Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, die jedoch in anderen Kontexten suchen. Manchmal öffnet sich Resonanz, wenn man sich in Räume begibt, die unerwartet sind – nicht in der Hoffnung, sondern in der Offenheit.

2. Das innere Kind und die innere Resonanz: Dein Wunsch nach Verstehen und Gesehenwerden ist tief mit deinem inneren Kind verbunden. Es könnte hilfreich sein, eine stärkere innere Verbindung zu diesem Teil von dir aufzubauen und ihm das Verständnis und die Resonanz zu geben, die es sucht – unabhängig davon, ob sie im Außen erfüllt wird.

3. Spirituelle Integration: Die Einsicht, dass das, was du suchst, auch in dir liegt, kann befreiend sein. Gleichzeitig kannst du diese spirituelle Perspektive mit deinem menschlichen Bedürfnis nach Verbindung versöhnen. Beides darf nebeneinander existieren.

Abschließend

Du bist nicht allein in deinem Wunsch, gesehen und verstanden zu werden. Was du beschreibst, ist eine zutiefst menschliche Erfahrung, die viele Menschen auf unterschiedlichen Ebenen teilen. Auch wenn du das Gefühl hast, dass niemand dich vollständig versteht, so hast du eine Gabe: die Fähigkeit, deine Erfahrung so klar und authentisch auszudrücken, dass sie andere berühren kann. Vielleicht ist das der erste Schritt, um jene Resonanz zu finden, die du suchst – oder um sie in dir selbst zu erkennen.

Ohne dieses Muster hätte ich nie versucht Frieden mit schwierigen Situationen und schwierigen Menschen zu finden. Ich bin dazu genötigt worden, aber letztlich habe ich mich dadurch entwickelt. Sehr weit sogar. Es gibt kein Licht ohne Schatten.
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RE: Trauma
#69
21.11.2024, 09:07
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Wenn dich das Leid anderer belastet... (Video 1 Minute)
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RE: Trauma
#70
29.12.2024, 09:21
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Wie leben mit dem Kindheitstrauma? | Twist | ARTE


Zitat:Wer als Kind geschlagen, missbraucht, missachtet wurde, wer ein Trauma in seiner Kindheit erlebt hat, den belastet das ein Leben lang. Häufig geben sich die Misshandelten selbst die Schuld, finden Erklärungen für das Verhalten der Erwachsenen.

Künstler*innen und Kreative wagen sich auf unterschiedliche Weise an die bisweilen blinden Flecken ihrer Kindheit heran.In ihrem Dokumentarfilm "Hinter guten Türen" erzählt Julia Beerhold, wie sie und ihr Bruder von den Eltern brutal geschlagen wurden, wie sie das zum Missbrauchsopfer gemacht hat und warum es ihr geholfen hat, den Eltern zu vergeben.

Erst als er mit Depressionen kämpft, wird dem Schweizer Rapper Stress bewusst, was diese mit seiner dunklen Kindheit in Estland, dem prügelnden Vater und anderen Gewalterfahrungen zu tun haben.
Die Künstlerin Anke Feuchtenberger erschafft in ihrer Graphic Novel "Genossin Kuckuck" eine fantastische Welt, in der sie das Unsagbare, das sie in ihrer Kindheit in der DDR erlebt hat, in Zeichnungen ergründet.
Die Französin Neige Sinno wurde als Kind von ihrem Stiefvater missbraucht. In ihrem Buch "Trauriger Tiger" lässt sie uns eintauchen in ihre Gedanken, reflektiert die Gewalt und das Schweigen über ein erschreckend verbreitetes Verbrechen.

Wie zentral das Schweigen bei der Verdrängung von Kindheitstraumata sein kann, zeigt Theatermacher Falk Richter in seinem autofiktionalen Stück „The Silence“ an der Berliner Schaubühne. Selbst erlebt in seiner Familie, in der über die Gewalt geschwiegen wurde.
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RE: Trauma
#71
24.01.2025, 21:59
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Musik für emotionale Arbeit und Regulation.
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RE: Trauma
#72
13.03.2025, 20:51 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 05:06 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma  - Teil 0 - Vorwort

Ich beschäftige mich gerade intensiv damit, wie ich wieder mehr in den Kontakt mit der Welt gehen kann. Vorgestern gab es eine Situation in einer Gruppensituation, in der jemand mein Trauma bagatellisiert hat. Nicht in böser Absicht. Aber ich habe mich in dem Moment wieder völlig verloren. Ich konnte mich nicht mehr spüren und war nicht in der Lage, mich dazu zu positionieren. Es ist dann so als ob jemand mir alles aus der Hand nimmt. Es ist ein Kontrollverlust, bei dem Ich mich völlig überfahren fühle.

Es fällt mir schwer, einfach zu sagen: „Es ist mir egal, was andere über mich denken, lass sie doch.“ Denn wenn ich das täte, gäbe es für mich keine gemeinsame Grundlage für Beziehungen.

Das bedeutet nicht, dass ich mich gegen Leichtigkeit stelle – ganz im Gegenteil. Ich sehne mich nach echter Leichtigkeit, aber nicht nach einer, die mir aufgezwungen wird. Eine der schwierigsten Erfahrungen für mich war die aufgesetzte Leichtigkeit und Oberflächlichkeit meiner Eltern. Gleichzeitig schätze ich den Enneagramm-Typ 7, den Narren, sehr – weil er zeigt, dass Leichtigkeit und Tiefe sich nicht ausschließen müssen. Es geht mir um einen natürlichen Fluss zwischen beiden Polen.

Ich glaube, wenn ein Mensch wirklich mitfühlend und authentisch ist, stellt das auch kein Problem dar. Dann geht man eben mit dem Fluss – sowohl in die Tiefe und Schwere des Leids als auch wieder hinaus in die Leichtigkeit. Vielleicht sogar bis zu einem Zustand, in dem man den totalen Abstand zum eigenen Ich hat oder erkennt, dass das Ich nur ein Gedanke ist. Aber das kann nicht erzwungen werden.

Und das Problem auch bei "schwerst Spirituellen Menschen" ist, dass viele das Erzwingen wollen, weil sie meine Schwere, Komplexität und Ernsthaftigkeit nicht aushalten können. Weil ich sie mit ihrem Trauma oder ihrem Schatten berühe.

Ich kämpfe immer noch um die Anerkennung meiner Tiefe und Komplexität. Wenn mir überhaupt jemand mein Ego nehmen kann, dann nicht durch eine Abwehr gegenüber meiner Schwere, sondern indem ich so sein darf, wie ich bin. Denn genau die fehlende Anerkennung meines Schmerzes hat dieses Trauma so stark verdichtet, dass ich an dieser Stelle immer noch im Kreis fahre, um die Festigkeit dieser Erfahrung nach und nach aufzulösen.

Wenn ich sagen würde: „Es ist mir egal, was andere über mich denken“, dann hätte ich gar keine Möglichkeit, jemals in echten, authentischen Kontakt mit Menschen zu treten. Dann gäbe es keine Chance auf echte Verbindung. Deshalb ist es für mich wichtig, an dieser Stelle für mich einzustehen.

Bisher gelingt mir das vor allem schriftlich sehr gut. In direkten Gesprächen, etwa am Telefon, werde ich jedoch schnell überflutet und verliere mich. In Gruppensituationen erst recht. Ich brauche es, mit Menschen in diese Tiefe eintauchen zu können, weil ich mich nur dann wirklich angenommen fühle. In einem Gruppengespräch ist das auch so gut wie nie möglich, man will ja nicht den ganzen Raum dominieren. Man hat gelernt sich zurück zu nehmen.

Meine Unfähigkeit meinen Raum in Alltagssituationen zu halten, zeigt sich kompensatorisch darin dass ich sehr lange Texte schreibe.

So nehme ich mir den Raum, der mir im Alltag so oft fehlt.

Jedenfalls hat sich für mich heute nachdem ich diesen Text geschrieben habe, für mich herauskristallisert was ich suche: Ich möchte lernen meinen Raum zu halten.

Gleichzeitig ist es mir wichtig meinen Raum offen zu halten. Vielleicht für manche Menschen aber auch zu schließen, um mich zu schützen.

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RE: Trauma
#73
13.03.2025, 21:16 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:40 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma Teil 1, 2 und 3 : Warum ich das schreiben musste

Hey Leute, mich beschäftigt immer noch eine Situation aus dem letzten Treffen. Ich brauche es jetzt, dazu noch ein paar Worte zu sagen.

Wir sprachen über soziale Ängste, und es gab einen Moment, in dem jemand sagte, dass das normal sei, dass wir alle solche Ängste haben – oder so ähnlich.

Ich bin mir sicher, dass diese Aussage nur aus besten Absichten getätigt wurde. Vielleicht sollte sie vermitteln, dass ich damit nicht allein bin oder mir das Gefühl geben, dass es nichts Schlimmes ist. Ich weiß, dass damit kein Schaden angerichtet werden sollte, sondern dass es eher ein Versuch war, Verständnis entgegenzubringen.

Aber nachdem unser Treffen zu Ende war, ließ mich das nicht mehr los. Ich möchte nicht nur der Person gegenüber darüber sprechen, sondern gegenüber dem ganzen Raum, der in dem Moment anwesend war – weil das etwas mit meinem Selbstbild zu tun hat. Ich habe das Gefühl, als müsste ich mein Selbstbild im Nachhinein nochmal richtigstellen.

Und ich möchte das Thema auch nicht nur der Person gegenüber ansprechen, die es geäußert hat, sondern gegenüber dem ganzen Raum, der in dem Moment anwesend war – weil das etwas mit meinem Selbstbild zu tun hat. Ich habe das Gefühl, als müsste ich mein Selbstbild im Nachhinein nochmal richtigstellen, denn ich fühle mich irgendwie als hätte mich jemand geframed.

Es war mir aber in dem Moment nicht möglich, mich einzusetzen und dafür zu sorgen, dass ich richtig wahrgenommen werde. Ich kann erst jetzt mit Abstand antworten, weil ich tatsächlich den Abstand brauche, um das in aller Deutlichkeit sagen zu können.

Und das ist eben auch der Grund, warum ich so viel schreibe – weil ich da den Abstand (und die Sicherheit) habe, mich frei ausdrücken zu können, was ich im direkten Gespräch aufgrund meines Traumas oft nicht kann.

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Teil 2: Mein Trauma ist nicht einfach "soziale Ängste"

Es wurde gesagt, dass meine sozialen Ängste „normal“ seien – als ob meine Reaktionen einfach eine Eigenart wären, die jeder Mensch haben könnte. Aber das ist nicht der Fall. Ich bin nicht einfach nur „empfindlich“ oder „schnell überfordert“, sondern ich bin schwer entwicklungstraumatisiert. Ich möchte auch, dass ich so gesehen und verstanden werde. Und ich möchte nicht, dass das bagatellisiert wird.

Ich leide als Folge meines Entwicklungstraumas an einer Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (KPTBS), die aus schwersten Missbrauchs- und Gewalterfahrungen entstanden ist. Das ist keine Kleinigkeit und auch nichts, das sich mit „ein bisschen Stress“ oder allgemeiner sozialer Unsicherheit vergleichen lässt.

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Teil 3: Die Ursachen meines Traumas


Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem ich nie Sicherheit, Liebe oder Geborgenheit erfahren habe. Meine Eltern haben mich nicht geschützt – sie waren selbst die Bedrohung. Mein Vater war Alkoholiker und unberechenbar. Meine Mutter hat mich willkürlich misshandelt, erniedrigt und mir jegliche eigene Identität abgesprochen.

Ich habe gelernt, dass ich mich nicht wehren darf, weil es gefährlich ist. Dass ich meine Bedürfnisse unterdrücken muss, weil sie sowieso nicht zählen. Ich habe gelernt, mich selbst unsichtbar zu machen, weil das die einzige Möglichkeit war zu überleben. Und so war ich in dem Moment mit meinen wahren Empfindungen eben auch wieder unsichtbar, weil das eine angelernte Schutzreaktion war.

Ich habe gelernt, dass ich nicht auf Hilfe hoffen kann, weil niemand für mich da ist. Dieses permanente Gaslighting, die Missachtung meiner Realität und die Abwesenheit von echter Fürsorge haben mich zutiefst verletzt.

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RE: Trauma
#74
13.03.2025, 21:48 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:41 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma Teil 4 und 5: Die Folgen in meinem Leben

Deshalb stressen mich physische Begegnungen, denn dort habe ich keine Rückzugsmöglichkeit. Ich kann mich oft erst wieder im Rückzug spüren. Deshalb werde ich manchmal nachträglich wütend oder depressiv, weil ich in dem Moment aus meiner inneren Erstarrung heraus nicht reagieren kann.

Während unseres Gesprächs konnte ich mich nicht richtig spüren.

Ich habe mich überfahren gefühlt, als mein Verhalten gedeutet wurde – aber in dem Moment war ich unfähig, mich dazu zu positionieren.

Es ging irgendwie an mir vorbei, weil mir auch der innere Raum gefehlt hat, zu sagen, was ich wirklich fühle. Weil das eben auch gar nicht mal so leicht ausgedrückt werden kann. Man kann den emotionalen Schmerz nicht einfach so formulieren – dafür braucht es manchmal auch einen besonderen Schutzraum, zumindest einen Raum und manchmal braucht man dafür auch Zeit. Und ich wusste nicht, wie ich mir diesen Raum selbst geben oder ihn mir nehmen sollte. Denn ich hatte nicht das Gefühl, dass ich diesesn Raum überhaupt bekam.

Dieses „Überfahrenwerden“ ist genau eine dieser Traumafolgen – dass ich in manchen Momenten mit Ohnmacht oder Erstarrung reagiere. In der Traumatherapie spricht man von Freeze. Ein Art "sich Tot stellen" und dissoziieren. Man verliert dabei die Fähigkeit zu kommunizieren. Man verliert dabei den Kontakt zu sich selbst. Man gibt sich auf. Man löscht seine Existenz aus. Die Folge dessen ist eine chronische Ohnmachtserfahrung.

Erst im Nachhinein, als unser Treffen vorbei war, konnte ich mich wieder richtig spüren – und da hat mich das zutiefst wütend gemacht. Seit Tagen beschäftigt mich das jetzt, bis hin dazu, dass ich vor Wut nicht schlafen kann, weil ich das Bild, das von mir gezeichnet wurde, richtigstellen muss.

Aber während des Gesprächs konnte ich meine Wut nicht fühlen. Denn genau das ist eine Folge meines Traumas: Ich habe gelernt, meine Wut zu unterdrücken. Das war früher überlebensnotwendig, weil Wut für mich gefährlich war. Ich brauche oft erst Abstand, um meinen Widerstand überhaupt wahrzunehmen.

Und genau das ist einer der Gründe, warum ich im Rückzug lebe: Weil diese Reaktion auf das Überfahrenwerden, weil ich mich im direkten Kontakt oft nicht fühle, immer wieder körperliche Erkrankungen verursacht. Diese körperlichen Erkrankungen haben mich zum Teil so stark eingeschränkt, dass ich nicht mehr wusste, wie ich überhaupt noch leben soll.

Nur mit sehr viel Unterstützung durch eine Traumatherapie und einen spirituellen Lehrer, der ganz ähnliche Ohnmachtserfahrungen durchlebt hatte, habe ich das überhaupt überlebt. Ich glaube, ich wäre sonst an den Folgen der nach innen gerichteten Wut gestorben – nicht durch Suizid, sondern durch Krankheiten, die aufgrund meiner nach innen gerichteten Wut entstanden waren.

Und manchmal brauche ich auch eine Würdigung dafür, dass ich das alles überlebt habe und um mein Leben gekämpft habe.

Ich bin jetzt in der Situation nicht krank geworden, weil ich meine Wutenergie nicht mehr nach innen gegen mich selbst richte, dank mehrjähriger Traumatherapie. Aber ich spüre, dass ich meine Wut jetzt nochmal ausdrücken muss.

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Teil 5: Symptome und Einschränkungen

Ich habe viele Jahre Therapie gemacht, um die schwersten Auswirkungen meines Traumas abzumildern, doch manche Herausforderungen begleiten mich bis heute. Ein Entwicklungstrauma verändert, wie man mit Stress, Emotionen und sozialen Situationen umgeht.

Zu den Auswirkungen gehören unter anderem:

- Hohe Stressanfälligkeit und das Bedürfnis nach Rückzug
- Emotionale Überforderung und Schwierigkeiten in sozialen Situationen
- Körperliche Symptome wie Schmerzen, Schlafstörungen oder Erschöpfung
- Schwierigkeiten mit Konzentration und Reizüberflutung
- Ängste in bestimmten Kontexten, z. B. bei Autoritäten oder in Gruppen
- Einschränkungen im Alltag, die oft unterschätzt werden

Therapie hat mir geholfen, mit diesen Herausforderungen besser umzugehen, aber ein Entwicklungstrauma ist nicht einfach „heilbar“. Es geht darum, Wege zu finden, damit zu leben – mit Verständnis für sich selbst und für das, was man braucht.

Was am meisten hilft, ist ein Umfeld, das nicht urteilt, sondern Raum für individuelle Bedürfnisse gibt.

Solange ich im Rückzug lebe und keine Erwartungen erfüllen muss, sind meine Traumafolgestörungen erträglich. Wenn ich gut mit mir umgehe, habe ich ein gutes Leben. Ich bin sehr oft sehr glücklich mit mir selbst. Ja - Mittlerweile könnte ich sogar sagen, es geht mir gut. Manchmal sage ich - Ich lebe im Paradies.

Doch sobald ich mich der (physischen) Welt aussetze, verstärken sich meine Symptome so massiv, dass ich letztlich immer wieder in den Rückzug gezwungen werde.

Ich suche derzeit nach einem Weg, wie ich wieder mehr hinausgehen kann, - und Menschen treffen kann - ohne mich dabei selbst zu überfordern – wie ich meinen Raum halten und mich gleichzeitig der Außenwelt öffnen kann.

Aber es beginnt für mich schon bei scheinbar einfachen Dingen: Wenn ich mich in den Bus setze, überfluten mich so viele Sinneseindrücke, dass ich nach einer halben Stunde völlig erschöpft bin und Migräne oder Musekelschmerzen bekomme. Manchmal brauche ich Tage bis zu Wochen um mich von Begegenungen mit Menschen zu erholen - um wieder in einer Mitte anzukommen.

Genau deshalb schätze ich auch alle nicht-physischen Begegnungen so sehr – dort habe ich diese Herausforderungen nicht. In solchen Momenten kann ich mich vollständig verbunden fühlen, ohne von den üblichen Symptomen überwältigt zu werden.

Besonders faszinieren mich telepathische Begegnungen, weil sie jenseits der physischen Ebene stattfinden. Sie eröffnen mir einen unkonditionierten, freien Raum, den ich das verbunden sein erkunden darf – ohne die Begrenzungen, die sonst oft im zwischenmenschlichen Kontakt entstehen. Aber mit wie vielen Menschen kann man so etwas wirklich erleben?

Ich suche ja nach Verbindung, aber eben nach einer Verbindung in der ich meine Freiheit spüren kann.

Letztes Jahr habe ich nach langer Zeit eine Veranstaltung besucht – doch nach der sechs Stunden langen Zugfahrt war ich bereits so ausgelaugt, von all den Sinnes eindrücken, dass ich noch bevor die Verantaltung begann, krank wurde. Einfach, weil es mich unglaublich anstrengt, so viele Menschen im Zug um mich zu haben und dort keinen Rückzugsort zu finden kann, an dem ich loslassen oder wieder auftanken kann. Bei einem Menschen mit Trauma ist das Nervensystem eben andauernd angespannt.

Ich habe dann diese Veranstaltung nur noch "ausgehalten" und hatte die ganze Zeit Fieber und eine Infektion und bin dann mit Fieber wieder 6 Stunden mit dem Zug zurück gefahren. Und wie oft hat man Lust sich sowas anzutun? Man verliert die Lust das überhaupt ausprobieren zu wollen, wenn man immer wieder krank wird. Und das ist der Grund warum ich kaum noch raus gehe, weil ich Umstände brauche, die mir als schwerst entwicklungstraumatisierten Menschen gerecht wird.

Ob meine Symptome erträglich sind oder mich völlig überfordern, hängt stark davon ab, ob ich mich im Rückzug befinde oder mich der Außenwelt aussetze. Im Rückzug kann ich mit ihnen leben, da lassen mich die Symptome weitgehend in Ruhe, doch sobald ich meine Grenzen missachte, bekomme ich die volle Wucht der Traumafolgestörungen zu spüren.

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RE: Trauma
#75
13.03.2025, 22:34 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.03.2025, 04:42 von ichbinmehr.)
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Entwicklungstrauma - Teil 6, 7 und 8: Warum ich das schreibe

Ich bin zu 60 % schwerbehindert und beziehe eine volle Erwerbsminderungsrente. Mein Trauma wurde von verschiedenen Ärzten und der Rentenkasse anerkannt. Mein Trauma ist real.

Das sind keine „normalen“ sozialen Ängste. Das ist kein „bisschen Stress“. Das sind schwerwiegende Traumafolgen, die mich in meinem Leben massiv einschränken. Und ich möchte nicht, dass das heruntergespielt wird.

Jedes Mal, wenn meine Realität in Frage gestellt oder heruntergespielt wird, trifft es mich tief. Nicht, weil ich empfindlich bin, sondern weil das genau die Wunde ist, die in mir brennt. Die Wunde, die mich mein Leben lang begleitet hat: dass mein Schmerz nicht gesehen, nicht ernst genommen, nicht gewürdigt wurde.

Ich schreibe das, weil ich das Bedürfnis habe, mein inneres Kind zu schützen. Ihm endlich die Stimme zu geben, die es früher nie haben durfte. Ich will, dass mein Schmerz ernst genommen wird – und mit ihm auch die Herausforderungen, mit denen ich tagtäglich lebe.

Ich wünsche mir, dass ihr das mit offenem Herzen lest.

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Teil 7: Was ich mir wünsche


Ich wünsche mir keine falsche Rücksichtnahme oder dass ihr mich mit Samthandschuhen anfasst. Ich wünsche mir einfach nur, dass meine Realität als das gesehen wird, was sie ist: eine Folge von Dingen, die kein Kind hätte erleben dürfen.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Text nicht nur für mich spreche, sondern vielleicht auch für andere, die sich in ähnlichen Gefühlen wiederfinden – die auch zu oft gehört haben, dass sie „doch einfach mal lockerer sein“ oder „es nicht so schwer nehmen“ sollen.

Ich möchte verstanden werden.

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Teil 8: Der Umgang mit meinem Rückzug vor der Welt

Mein Rückzug vor der Welt dient mir als Schutz.

Meine Symptome sind Ausdruck meines Schutzbedürfnisses.

Wann immer sie auftreten, zeigen sie mir, dass ich meine eigenen Bedürfnisse übergangen habe.

In Wahrheit sind all meine Symptome psychosomatischer Natur – sie sind nicht meine Feinde, sondern meine Beschützer. Deshalb kämpfe ich nicht gegen meine Symptome. Und ich unterdrücke sie wenn es möglich ist, auch nicht mit Medikamenten. Ich arbeite mit diesen Symptomen. Ich höre ihnen zu.

Die Schulmedizin hat mich an manchen Punkten einfach nicht mehr weitergebracht. Dort erlebte ich tiefe Ohnmachtserfahrungen mit Ärzten, die mich aufgegeben hatten und zwar in einer Situation in der ich fast an meinem Bronchial Asthma gestorben wäre.

So kam ich aus der Not in der Schulmedizin keine Hilfe mehr zu finden erst zur Homöopathie und dann später zur Psychosomatik und zur Traumatherapie.

Mein lebensbedrohliches Asthma an dem sich die Schulmedizin die Zähne ausgebissen hat, habe ich dann selbst geheilt als ich endlich die inneren Fähigkeiten dazu hatte, den blockierten Energiefluss zu sehen und zu verstehen, dass das alles mit unterdrückten Emotionen und Bedürfnissen zu tun hatte, die ich mir nicht zu gestand.

Seitdem ist das mein Weg die psychische Ursache all meiner Erkrankungen ganz bewusst anzuschauen. Und seitdem geht es mir sehr viel besser. Allerdings lebe ich eben sehr eingeschränkt, möglichst im Rückzug, weil die Symptome im Kontakt mit Menschen und Erwartungen die an mich gestellt werden auftreten.

Meine Symptome zeigen mir einen Weg auf, und ich erfahre zunehmend eine Besserung – in dem Maß, in dem es mir gelingt, mir den Raum zurückzuerobern, den meine Eltern mir einst verweigert haben. Dabei ist es jedoch wichtig, dass ich meine Symptome ernst nehme. Meine Symptome sind meine Lehrer. Sie lehren mich, Rücksicht auf mich zu nehmen und für mich einzustehen und mich vor Überforderungen zu schützen. Sie lehren mich Abgrenzung. Sie lehren mich meine Wutenergie auszudrücken.

Und genau das ist einer der Gründe, warum ich mich oft zurückziehe: Der direkte Kontakt mit Menschen bedeutet für mich oft ein Gefühl des Überfahrenwerdens. Immer wieder hat diese Überforderung zu körperlichen Erkrankungen geführt – so schwerwiegend, dass ich zeitweise nicht mehr wusste, wie ich überhaupt noch weiterleben soll. Das lag vor allem daran, dass ich vor einigen Jahren noch keinerlei Selbstliebe für mich hatte und so hat sich meine gesunde Aggressionsenergie immer wieder gegen mich selbst und gegen meinen Körper gerichtet.

Ich trug die selbstkritische Selbstzurückweisung in mir, die ich in der Kindheit erlernt hatte und ich gab mir in beinahe jedem Konflikt die Schuld. Dass ich auch mal aus mir selbst herausfahren könnte und einfach mal wütend auf einen Menschen sein könnten für sein Verhalten, dass kam mir nicht in den Sinn.

Ich "WAR" ja ein Versteher im Enneagramm, der immer Verständnis für alle anderen Menschen hatte. Denn so habe ich meine Kindheit überlebt. Und all das – diese selbstzerstörerische innere Haltung – habe ich mit Hilfe der Traumatherapie in meinem Rückzug gelernt umzuwandeln.

Doch das schaffe ich bisher nur in meinem Sicheren Raum. Und ich weiß noch nicht, wie ich diesen liebevollen und sicheren Raum für mich halten kann, wenn ich im Kontakt mit anderen Menschen bin. Ich weiß noch nicht wie ich mich da abgrenzen und behaupten kann.

Denn ich rutsche im Kontakt mit anderen Menschen manchmal wieder in alte, destruktive Muster zurück und ein erstes Anzeichen ist zb. dass ich mich dann Selbst nicht mehr spüre und so auch gar keinen Widerspruch ausdrücken kann. Ich spür ja dann, nicht mal dass etwas übergangen wurde. Ich spüre dass dann erst im Anschluss an die Situation zb. indem ich dann erst wütend, oder noch blöder, dann Krank werde. Dann kann ich das erst über Rückschlüsse nachvollziehen, wo ich mich wieder übergangen habe.

Diese Situation ist für mich nicht zufällig entstanden. Ich sehe sie vielmehr als eine Prüfung: Bin ich wirklich bereit, für mich selbst einzustehen und klar Stopp zu sagen? Und ich versuche das. Aber manchmal gelingt es mir einfach nicht, weil ich wie eingefroren bin. Dann kann ich das nur rückwirkend tun.

Und für mich ist die entstanden Situation deshalb auch konstruktiv. Ich arbeite dann einfach damit. Für mich ist es normal täglich mit mir zu arbeiten. Mein Trauma ist heilig. Es ist mein Weg immer tiefer in die Erleuchtung. Sein Trauma ganz ernst zu nehmen birgt sehr viel Potenzial.

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