Klartraumforum

Normale Version: Was ist Wahrnehmung?
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Ich möchte hier eine Diskussion anstossen, die mich seit langem interessiert. Da dieses Thema jeden angeht, der selber wahrnimmt, möchte ich keine „Expertendiskussion“, bei der nur diejenigen ernst zu nehmende Voten einbringen dürfen, die sämtliche zur Verfügung stehenden Lexika konsultiert haben. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass ich nicht nur die Wahrnehmung als solche diskutieren möchte, sondern „meine“, „deine“, „unsere“ Wahrnehmung, also durchaus etwas persönliches.

Schon als kleiner Junge hatte ich den Eindruck, dass Wahrnehmung nicht ein passives Aufnehmen ist, sondern ein aktiver gestaltender Vorgang. Ich stellte mir vor, dass die Augen nicht Licht aufnehmen, sondern Lichtstrahlen aussenden und das was dadurch beleuchtet wird, können wir erkennen.

Im Laufe meines Psychologiestudiums und meiner psychologischen Tätigkeit machte ich die prägende Erfahrung, dass in der Tat die Wahrnehmung ein aktiver Vorgang ist. Dies trifft insbesondere zu auf psychosoziale Ereignisse, die individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Der psychosoziale Bereich umfasst die Familie, die Schule und der Arbeitsplatz, Freundschaften, Bekanntschaften, aber auch Politik etc.
Aus der psychologischen Theorie möchte ich zur Untermauerung folgende Erkenntnisse anführen:
<ul>- In der Gestaltpsychologie, welche die Wahrnehmung untersucht hat, wurden einige Gesetzmässigkeiten erkannt, darunter die sogenannte Prägnanztendenz. D. h. unsere Wahrnehmung vervollständigt unvollständige Gestalten indem sie etwas hinzufügt, was fehlt, oder etwas weglässt, dass nicht zur Gestalt passt. Am Schluss wird eine „gute“ Gestalt wahrgenommen, die wir annehmen können. Dieser Prozess verläuft automatisch, d. h. unbewusst.
- Die selbsterfüllende Prophezeiung: In einer Schulklasse wurden Intelligenztests durchgeführt und den Lehrern zufällige und falsche Resultate mitgeteilt. Schwache Schüler hatten plötzlich einen hohen IQ, intelligente Schüler einen mittleren oder tiefen. Nach einem gewissen Zeitraum wurden die Intelligenztests wieder durchgeführt und die Ergebnisse begannen mit den falschen, aber erwarteten Ergebnisse übereinzustimmen. Ursprünglich schwache Schüler waren nun plötzlich tatsächlich intelligent, aber auch umgekehrt. Die (falsche) Wahrnehmung des Lehrers führte also zu einer Veränderung der Schüler. Die Wahrnehmung hatte also einen eminent gestalterischen Einfluss.
- In einem Versuch wurden Studenten von „Experten“ angewiesen mit einer Maschine anderen Menschen elektrische Schläge auszuteilen. Sie sahen die Menschen nicht, sondern hörten nur deren Stöhnen. (Der Versuch war gestellt und mit stöhnenden Schauspielern bestückt.) Die fiktive Stromdosis wurde immer mehr gesteigert. Ein Grossteil der Studenten war schliesslich auch bereit, einen tödlichen Stromstoss auszuteilen, obwohl sie hätten wahrnehmen können, was ihr Tun auslöste, aber sie blendeten dies aus, weil der „Experte“ etwas verlangte. Unter anderem weist dies darauf hin, dass in uns eine Tendenz besteht, Wahrnehmungen und deren Konsequenzen zu verändern oder zu unterdrücken, weil eine Autoritätsperson, die es besser weis, es so will.</ul>
Im Umgang vor allem mit Klarträumen hat mich immer wieder zu tiefst verblüfft und auch erfreut, dass die geträumte Welt sehr real wirkt, auch wenn einige Gesetzmässigkeiten anders sind als in der physischen Welt. Doch sind wir offensichtlich in der Lage eine vollständige Umwelt zu erschaffen, in der wir uns bewegen können. Mit unserer inneren Wahrnehmung können wir eine detaillierte Welt erschaffen, die viele Kilometer umfasst und bis in den Weltraum reichen kann. So stellt sich mir die naheliegende Frage, ob nicht auch unsere äusseren Sinne eine Welt erschaffen, nicht nur die Welt auf psychosozialer Ebene sondern auch auf physischer Ebene.

Da die Wahrnehmung des Neugeborenen sehr undifferenziert ist und im Laufe seines Wachstums und seiner Erziehung geformt wird, lernt es, eine spezifische Wahrnehmung, und damit eine spezifische Welt aufzubauen. Abgesehen von einigen physischen Gesetzmässigkeiten wie z. B. die Schwerkraft oder das Vorhandensein von Sinnesorganen, wird die Wahrnehmung weitgehend durch die Vorbilder und die Erziehung durch Erwachsene gesteuert. Schon die Farb-, aber auch die Form- und die akustischen Wahrnehmungen werden durch psychosoziale Lernprozesse massgeblich beeinflusst. Das wiederum heisst aber, dass die Wahrnehmung kulturellen Entwicklungen unterworfen ist, welche sich verändert. So mag in früheren Zeiten Zauberei tatsächlich funktioniert haben, da alle diese Überzeugung hatten. Heute funktioniert Wissenschaft, da diesbezüglich ein kollektiver Konsens herrscht.

Das soll nicht heissen, dass die Welt ohne unsere Wahrnehmung nicht existiert, doch existiert möglicherweise etwas ausserhalb der Wahrnehmung, das bloss gewisse Grundlagen dafür liefert, eine Art komplexe Energiekonfiguration, die, wie die Kernphysiker wissen, vor allem aus „Zwischenraum“, also aus „Nichts“ besteht. Diese Energiekonfiguration kann aber ganz unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Schon Tiere, die teilweise andere Sinnesorgane haben, dürften ihre Welt ganz anders erleben, geschweige denn Pflanzen.

Ich denke, das sollte als Grundlage für eine Diskussion genügen.
Deine Idee ist interessant. Und sie deckt sich teilweiße mit meiner Vorstellung von Wahrnemung. Ich denke nähmlich, dass wir aus den Informationen die wir mit unseren Sinnen aufnehmen. Ein Abbild der Welt in unseren Kopf erschaffen.
Ein Beispiel: Ein Apfel liegt vor mir auf dem Tisch. Das Lich das von seiner Schale zurückgewofen wird erreicht die Augen und wird in elekrische Signale umgewandelt.
Wenn die Signale meine Gehirn erreichen sind es nur Signale, noch kein Bild oder sonst was. Die werden dann vom Gehirn verarbeitet, also ein Bild gebildet, die Bilder beider Augen übereinander gelegt und das dann mit meinen Erinnerungen verglichen.
In meinen Erinnerungen gibt es auch die Erinnerung an einen Apfel. Das Bild sieht so ähnlich aus wie das das ich gerade aufgenommen habe, also wird es als Apfel Interpretiert.
Schlieslich wird die Infromation "da liegt ein Apfel" erzeugt. Das ist es dann was wir wirklich Warnehmen.
Wenn ich dann von einen Apfel träume wird einfach nur die Erinnerung abgerufen. Die ersten Schritte die ich Beschrieben habe fehlen dann zwar, aber der Rest ist genau so. Deswegen sind Träume gnau so real wie die Realität. Weil wir im Wachen ein Abbild der Realität warnehmen und im Schlaf ein Abbild der Erinnerungen, welche einfach nur neu zusammengesetzt sind.
Das würde auch obtische Täuschungen erklären.

Dein Letzter Absatz erinnert mich an die Heisenbergsche Unschärferelation. Zu der Einstein sagte/kritisierte: "Wenn niemand den Mond sieht (misst), existiert er dann nicht?"


Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:42 Uhr:
„Experten“[/size]

Warum schreibst du Experten? Und warum in Anführungszeichen? Wenn du meinst, dass es keine Experten sind dann schreib es doch auch nicht.


Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:48 Uhr:
[color=darkred]eine Art komplexe Energiekonfiguration
Könntest du das bitte ein bischen näher erklären. Ich bin mir nicht sicher was ich mir darunter vorstellen soll.
Alles Wahrnehmbare liegt in einer Form von Energie vor.

(Denk' ich jetzt mal.)

Zitat:LutziderTräumer schrieb am 27.08.2008 11:41 Uhr:

Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:42 Uhr:
„Experten“

Warum schreibst du Experten? Und warum in Anführungszeichen? Wenn du meinst, dass es keine Experten sind dann schreib es doch auch nicht.


Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:48 Uhr:
eine Art komplexe Energiekonfiguration
Könntest du das bitte ein bischen näher erklären. Ich bin mir nicht sicher was ich mir darunter vorstellen soll.


<ul>zu a) Weil was ein Experte ist, oder als das wahrgenommen wird, ebenfalls von der subjektiven Wahrnehmung abhängt. In dem Experiment war der "Experte" ein fingierter Experte, genauso wie die Opfer fingiert waren.

zu b) Ich mir auch nicht! (es ist ziemlich unanschaulich, da ausserhalb der Wahrnehmung) Ich stelle mir verschiedene Energiefelder vor die einander überlappen und die in ihrer Wechselwirkung so komplex sind, dass sie als Grundlage von komplexen Informationen angesehen werden können, die von den Sinnesorganen und den verarbeitenden seelischen Funktionen sinnvoll interpretiert werden = Wahrnehmung.

-> das weist darauf hin, dass Sinnesdaten sinnvoll interpretiert werden. Sinnlose Wahrnehmung gibt es vermutlich nicht. Den Sinn steuern wir aber als Subjekt bei, und nicht das wahrgenommene Objekt. Da ist der aktiv gestaltende Prozess der Wahrnehmung wiederum zu erkennen </ul>
Ich seh das im Grunde auch so. Interessant wird es, wie ich finde, wenn man sich klarmacht, dass all die am Wahrnehmungsvorgang beteiligten Dinge, die z.B. LutziderTräumer beschreibt, ja auch Produkte dieser aktiven Konstruktion sind: das Gehirn, die Nerven, die Sinnesorgane, und sogar das Licht.

Ein gutes Thema. pleased Mich persönlich hat beim Einlesen besonders angezogen, dass man auch ohne tiefschichtiges Hintergrundwissen (und ggf. ausgefeilte Essaykünste) am Gespräch teilnehmen können soll (fehlt mir nämlich). So hatte ich zumindest die gewisse Ablehnung der "Expertendiskussion" verstanden. Wohl auch, wenn ich den Gedanken richtig begriffen habe, weil wir alle durch unsere ganz persönliche und ständige Wahrnehmung ja ohnehin "Experten" auf diesem Gebiet sind.


Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:48 Uhr:
Diese Energiekonfiguration kann aber ganz unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Schon Tiere, die teilweise andere Sinnesorgane haben, dürften ihre Welt ganz anders erleben, geschweige denn Pflanzen.


Ich hoffe, ich darf diesen vielleicht etwas willkürlich herausgetrennten Gedanken von fiodra so isoliert aufgreifen. Aber dieser Aspekt betrifft direkt meine eigenen Erfahrungen. Einfach nur ein paar Beispiele, die wir alle kennen: Als ich vor nicht langer Zeit auf einem traurig grauen und total verregneten Festival eine Brille mit sonnengelben Gläsern ( 8) ) bekam, konnte die Welt für mich strahlend schön und freundlich sein. Wenn ich als recht kurzsichtiger Mensch gerade einmal keine Kontaktlinsen trage, beschränkt sich meine Wahrnehmung, aber irgendwie auch die Bedeutung der Welt auf einen sehr kleinen, für mich identifizierbaren Sichtbereich um mich herum. Usw.

Und wenn ich mir vorstellen würde, ich könnte mit Sonar/Echolot "sehen" oder vielleicht nur im Schwarzweiß-Bereich oder Frequenzen hören wie ein Wolfshund oder aber taub sein - die Welt wäre sicherlich nicht nur optisch für mich deutlich anders.

Diese individuell empfundene, gefühlte Realität, ist ja meine eigene und zunächst auch einzige Realität, die ich kenne und begreife.

Doch zugegeben gibt es auch in gewissem Sinne das, was man "objektive" Realität nennen können wird. Dies ist zumindest die These der allermeisten Menschen, die sich nicht in einer Traumwelt wähnen, oder?. Diese objektive Welt lässt sich in engem Rahmen empirisch vielleicht dadurch ermitteln, dass man die Wahrnehmungen der anderen Menschen mit den eigenen vergleicht. Fiodra hat ja schon manche Fehlerquellen für die menschliche Wahrnehmung genannt. Wenn einem nun aber alle Mitbetrachter sagen, dass man sich bei der Wahrnehmung getäuscht habe, dann wird es wohl stimmen, oder?

Ich bin mir natürlich darüber bewusst, dass dies kein "Beweis" sein kann. Andererseits - wenn man ausschließlich den eigenen Wahrnehmungen vertraute und nicht auf die anderen hören würde, wo führt einen dies hin? fear Genau.

Um aber einen der Grundgedanken von fiodra aufzugreifen. Auf Grund meiner individuellen Wahrnehmung, die meine ganz persönlich empfundene Realität beeinflusst und gewissermaßen damit auch "schafft" könnte man schon von einer aktiven Veränderung der Welt durch Wahrnehmung sprechen.


Zitat:fiodra schrieb am 27.08.2008 10:48 Uhr:
So stellt sich mir die naheliegende Frage, ob nicht auch unsere äusseren Sinne eine Welt erschaffen, nicht nur die Welt auf psychosozialer Ebene sondern auch auf physischer Ebene.


@ fiodra: Soweit hinaus vermag ich "Kleingeist" selbst nicht zu gehen. Aber ein aufregender und schöner Gedanke, keine Frage. Ich mag' gar nicht dagegen "argumentieren", gar nichts vorbringen, gar nicht widersprechen...

Liebe Grüße,
der LuftAtmer


Zitat:LuftAtmer schrieb am 27.08.2008 23:43 Uhr:
Doch zugegeben gibt es auch in gewissem Sinne das, was man "objektive" Realität nennen können wird. Dies ist zumindest die These der allermeisten Menschen, die sich nicht in einer Traumwelt wähnen, oder?. Diese objektive Welt lässt sich in engem Rahmen empirisch vielleicht dadurch ermitteln, dass man die Wahrnehmungen der anderen Menschen mit den eigenen vergleicht. Fiodra hat ja schon manche Fehlerquellen für die menschliche Wahrnehmung genannt. Wenn einem nun aber alle Mitbetrachter sagen, dass man sich bei der Wahrnehmung getäuscht habe, dann wird es wohl stimmen, oder?


Ich frage mich, inwieweit die Übereinstimmung, die wir durch Kommunikation in unseren Wahrnehmungen feststellen, wirklich durch so etwas objektives, d.h. unabhängig von unseren mentalen Prozessen bestehendes, hervorgerufen wird und inwieweit sie nicht doch eher ein Ergebnis der Kommunikation ist.

Kommunikation ist ja auch nicht von der Wahrnehmung unabhängig sondern unterliegt auch den schon beschriebenen Selektions- und Filtermechanismen.

Ich kann mir vorstellen, dass all diese Dinge aufeinander einwirken, und sich so durch Anpassung untereinander eine Art von gesellschaftlichem Wahrnehmungskonsens oder Realitätstunnel herausbildet, der wenn überhaupt nur für einen geringen Teil durch objektive Begebenheiten festgelegt ist.

Vielleicht ist der grösste Unterschied zwischen der Wach- und der Traumwelt, dass es in der Wachwelt ständige Kommunikation gibt, die die individuellen Realitätstunnel synchronisiert, während man in der Traumwelt mehr mit sich selber beschäftigt ist.

Zitat:LuftAtmer schrieb am 27.08.2008 23:43 Uhr:

Wenn einem nun aber alle Mitbetrachter sagen, dass man sich bei der Wahrnehmung getäuscht habe, dann wird es wohl stimmen, oder?
Dazu gibt es in erstaunliches Experiment: Vom Aufbau her gibt es eine Gruppe die die Farbe eines Gegenstandes beschreiben soll. Alle außer dem einen Probanten sind in das Experiment eingeweit und sollen eine falsche Antwort geben.
Die Farbe ist Blau, aber alle aus der Gruppe (bis auf den Probanten) sagen es sei Grün.
Das interessante und zugleich erschreckende: Viele der Probanten bei der Studie haben sich der Gruppe angeschlossen und die eindeutig falsche Aussage (grün) als Warheit anerkannt.

@ricky_ho
Irgendwie verstehe ich deinen Beitrag nicht. Muss wohl an der späten Stunde liegen.
Irgendwie scheint es da eine einträchtige Harmonie zu geben, dass Wahrnehmung ein subjektiver aktiver und gestalterischer Akt ist. Unblaublich ! big

Mit dieser Grundvoraussetzung hat der Mensch aber ein Wissen über eine angeblich objektive Welt aufgebaut, hat Maschinen erfunden, die seine Wahrnehmung erweitern und glaubt dass diese und andere Maschinen unabhängig von ihm und seiner Wahrnehmung funktionieren. Das erinnert mich irgendwie an den Baron Münchhausen, der sich selber samt Pferd an den Haaren aus dem Sumpf gezogen hat.

Zitat:fiodra schrieb

Irgendwie scheint es da eine einträchtige Harmonie zu geben, dass Wahrnehmung ein subjektiver aktiver und gestalterischer Akt ist. Unblaublich !


Gefällt es nicht, dass hier zu wenig Action ist, oder warum holst du deinen eigenen Thread nach längerer Stille in provokativer Zirkusdompteur-Manier wieder hervor?

Nunja, zumindest meine Wenigkeit hat in anderen Threads schonmal den Vorschlag gemacht (der natürlich ignoriert wurde, weil er warscheinlich unbequem ist und Allmachtsphantasien zuwider läuft), Wahrnehmung an sich und nachfolgendem Umgang mit Wahrnehmung - Interpretation - zu unterscheiden. Du hast diesen Vorschlag zwar dort gelesen (=Wahrnehmung), aber offensichtlich ausgeblendet (=Umgang mit Wahrnehmung), wie auch einige andere Postings in diesem Thread hier, sonst würdest du nicht schreiben, dass es dir scheint, als bestünde über das Thema Einhelligkeit.

Beeiflußbar und aktiv gestaltbar ist der Umgang mit der Wahrnehmung, was natürlich auch das Vorhandensein von dem vorraussetzt, was hier gemeinhin als Bewusstsein und im wörtlichen Sinne als Selbst-Bewusstsein bezeichnet wird. Soweit dürften sich hier ja alle einig sein. Mit deinen Beispielen im zweiten Posting dieses Threads hast du _nur_ genau diese Umgang-mit-Wahrnehmung-Ebene also die psychische Ebene abgedeckt und erläutert.

____


Aber... das worum es eigentlich geht, steht ohnehin erst im dritten Posting.

Zitat:Mit unserer inneren Wahrnehmung können wir eine detaillierte Welt erschaffen, die viele Kilometer umfasst und bis in den Weltraum reichen kann. So stellt sich mir die naheliegende Frage, ob nicht auch unsere äusseren Sinne eine Welt erschaffen, nicht nur die Welt auf psychosozialer Ebene sondern auch auf physischer Ebene.


Also dass "etwas wahrnehmen" rein vom Begriff her nicht - wie eigentlich gewohnt - passiv verwendet wird, sondern in einem aktiven Sinne, geht ja ohne weiteres durch.

Jedoch erfordert es, um etwas aktiv zu erschaffen, eine Art Bewusstsein bzw einen gewissen Geisteszustand. Man könnte es auch als Initiative bezeichnen. Anderenfalls, könnte ein Mensch, oder auch schon ein frisch geborenes Kind nie etwas neues, unbekanntes wahrnehmen, nie etwas neues lernen und nie an bestehenden Ansichten zweifeln. Denn es würde dieses Bewusstsein, die Erkenntnis das etwas fehlt, das Verlangen eine Lücke zu schließen, einfach nicht vorhanden sein. Dies wäre kompletter geistiger Stillstand. Manche bezeichnen es auch als Glückseligkeit oder so ähnlich....
Da es hoffentlich unstrittig ist, dass es Menschen gibt, die ab und zu auch gegen ihren Willen Sachen sehen, die sie noch nie zuvor gesehen haben und sich geistig auch gegen Ihren Willen mit abweichenden Ansichten und so auseinandersetzen, kann Wahrnehmung somit auch kein komplett aktiv gestaltender Prozess sein.

Doch auch wenn man diese beiden möglichen Gegenargumente außer Acht lässt... sollte man das Statement trotzdem völlig kritiklos hinnehmen, dass Wahrnehmung etwas erschafft? Ist die Erscheinung, die von einer Person unter Zuhilfenahme der Wahrnehmung erschaffen worden ist, dann auch wieder von der selben oder einer anderen Person wahrnehmbar oder nicht? Wenn ja, dann wäre dies zirkelschlüssig. Wenn nein, dann könnte man doch zB auch sagen, dass das Bewusstsein Träume erschafft. Jemand anders könnte sagen, dass Neuronen im Gehirn Träume erschaffen, oder ein Gott, oder mein Saftglas, was hier neben mir steht.... einfach wie es einem in den Kram passt und derjenige, der bezweifelt muss dann das Gegenteil beweisen, hm?

Eine Ausweitung deiner Aussage auf die physische Welt ist zwar denkbar (mit anderen Argumenten), aber entbehrt mit dem was du geschrieben hast jeder Grundlage, außer dem Glauben.
Ich halte es deswegen für warscheinlicher, dass Wahrnehmung an sich immer passiv ist und wie gesagt, "lediglich" der Umgang mit der Wahrnehmung auf psychischer Ebene aktiv gestaltet werden kann, sofern der Wille dazu da ist.


Zitat: Da die Wahrnehmung des Neugeborenen sehr undifferenziert ist und im Laufe seines Wachstums und seiner Erziehung geformt wird, lernt es, eine spezifische Wahrnehmung, und damit eine spezifische Welt aufzubauen. Abgesehen von einigen physischen Gesetzmässigkeiten wie z. B. die Schwerkraft oder das Vorhandensein von Sinnesorganen, wird die Wahrnehmung weitgehend durch die Vorbilder und die Erziehung durch Erwachsene gesteuert.


Die Wahrnehmung wird geformt... also ist am Anfang doch schon etwas da, was dann im Laufe der Zeit des Aufwachsens lediglich manipuliert wird und kulturellen Einflüssen unterliegt? Also gibt es plötzlich doch auch bei dir eine anfängliche passive Wahrnehmung?
Die kulturellen oder erzieherischen Manipulationen manifestieren sich auch wieder lediglich auf psychischer Ebene.


Zitat:Schon die Farb-, aber auch die Form- und die akustischen Wahrnehmungen werden durch psychosoziale Lernprozesse massgeblich beeinflusst.


Nur mal nebenbei, kenne ich da eine einfachere Variante. Man muss lediglich seinen Blickwinkel oder seine Entferung zur jeweiligen Quelle ändern, und schon wird die Quelle anders wahrgenommen. So anders, dass teilweise schon wieder neue Begriffe für die wahrgenommene Erscheinung zur Verfügung stehen.


Zitat:Das wiederum heisst aber, dass die Wahrnehmung kulturellen Entwicklungen unterworfen ist, welche sich verändert. So mag in früheren Zeiten Zauberei tatsächlich funktioniert haben, da alle diese Überzeugung hatten. Heute funktioniert Wissenschaft, da diesbezüglich ein kollektiver Konsens herrscht.


Oh mann...
Der Umgang mit der Wahrnehmung ist Entwicklungen unterworfen, die Manipulationsmethoden ändern sich. Magie war früher etwas, woran man glauben sollte, Wissenschaft ist es unter anderem heute, was dann wieder als Szientismus bezeichnet werden kann. Damals war es natürlich aufgrund des niedrigen Bildungsniveau einfacher, mit den Methoden durchzukommen.

Mit richtiger Wissenschaft hat dies rein gar nichts zu tun, da diese ihre Gültigkeit _nie und nimmer_ aus einem kollektiven Konsens bezieht. Sondern aus reproduzierbaren und falsifizierbaren Experimenten.

Du verwendest den Begriff Wissenschaft wie man sieht auch wieder komplett sinnentfremdend, so dass man eigentlich gar nicht richtig auf diesen Satz eingehen kann. Was du eigentlich sagen wolltest, ist, dass die selben Phänomene, die damals mit Magie hervorgerufen worden _sein könnten_ (sofern man daran glaubt), heute eher mit technischen Mitteln hervorgerufen werden...?

Esoterik/Spiritualität und Wissenschaft schließen sich nicht gegensätzlich aus. Auch das habe ich schonmal woanders geschrieben, ohne dass es angekommen ist, wie es aussieht. Man kann auch den Bereich der Magie mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen, also mit Experimenten und so. Und man könnte auch die Vermutung untersuchen, dass ein bestehender geistiger Konsens Auswirkungen auf die physische Welt hat.


Zitat: Mit dieser Grundvoraussetzung hat der Mensch aber ein Wissen über eine angeblich objektive Welt aufgebaut, hat Maschinen erfunden, die seine Wahrnehmung erweitern und glaubt dass diese und andere Maschinen unabhängig von ihm und seiner Wahrnehmung funktionieren. Das erinnert mich irgendwie an den Baron Münchhausen, der sich selber samt Pferd an den Haaren aus dem Sumpf gezogen hat.


Auch deine Ansicht in diesem Thread fußt lediglich auf Glauben. Ich kann sie aber als unwarscheinlicher einstufen, da ich nachvollziehbare Gegenargumente und Widersprüchlichkeiten aufgezeigt habe. Einzig aus der Tatsache, dass es entsprechend dem Münchhausen-Trilemma in der Wissenschaft und Logik und so keine Letztbegründung gibt, heißt das nicht, dass eine Aussage, die nicht letztbegründet werden kann automatisch falsch ist, und die gegenteilige Aussage automatisch richtig.
Wenn eine Lüge durchschaut wurde, landet man auch nicht automatisch bei der (*hust*) Wahrheit.

Man könnte deinen Standpunkt als komplett subjektivistisch bezeichnen, der in allen Ansichten die nicht komplett damit übereinstimmen, einen kompletten Objektivismus oder Materialismus unterstellt. Mit anderen Worten, wer nicht für uns ist ist gegen uns. Es gibt nur schwarz und weiß.

In diesem Sinne
bis dann



Ähm ja, scheint, als hätte ichs wieder mal übertrieben... viel Spaß damit.


Für mich ist in Punkto Wahrnehmung eigentlich gesichert, dass es sich dabei um einen aktiven Vorgang handelt. Besonders interessant fand ich dabei immer die Theorie von Carl Pribram, einem Biologen, die mit der von David Bohm, Physiker, korrespondierte. Ihre Konzepte basierten darauf, dass es sich bei dem Universum um ein Hologramm handelt (moderne String-Theorien greifen diese Idee wieder auf), das über die Sinne in Schwingungsform (elektrischer Impulscharakter der Sinnesinformation plus Well-Teilchen-Dualität) ein holographisch funktionierendes Gehirn aufgenommen wird.

Dazu interessiert mich aber auch immer Castanedas Ansatz - Wahrnehmung als vom Montagepunkt gesteuertes Konzept, eingebetten und bestimmt durch Gesellschaft, Erziehung und Persönlichkeit...
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