Klartraumforum

Normale Version: "Schlafen ist politisch"
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Hier habe ich einen bedenkenswerten Artikel zu Schlafverhalten in Zusammenhang mit sozialen Faktoren gefunden:

https://taz.de/Schlafen-ist-politisch/!5747004/
endlich ein Weg, Widerstand zu leisten, OHNE sich anzustrengen! win-win big
Guter Artikel! 
Ich habe mal irgendwo gehört, der Mensch ist das einzige Tier, welches seine Kinder täglich mitten aus dem Schlaf reißt. 

Und wie kann man dem begegnen? Ich fürchte man braucht sehr viel Selbstliebe und Mut sich aus gesellschaftlichen Zeit- und Wertekonstrukten heraus zu schälen. Es gibt mittlerweile Studien die belegen, dass Kinder und Jugendliche deren Unterrichtsbeginn erst gegen 9 Uhr startet, bessere Leistungen erbringen können. Oder Studien dass 6 Stunden Arbeit genauso produktiv sind, wie 8 Std. Aber ein Großteil der Menschen denen du von der Möglichkeit erzählst, weniger zu arbeiten und mehr zu ruhen ist skeptisch. Menschen definieren sich über ihre Arbeit. Viele halten es gar nicht aus, zur Ruhe zu kommen. Dann kommt die ganze Innenwelt hoch. Ich kenne so viele Menschen die sich Dauerbeschäftigen, weil sie das nicht aushalten. Ich hatte Kollegen die ihr Freizeit auf der Arbeit verbracht haben, damit sie nicht alleine sind, sich nicht spüren müssen. 

Der Normalbürger wird dir vermutlich erzählen, dass er selbst auch immer früh aufgestanden ist und ihm das nicht geschadet hat. Warum sollten also diese Normalbürger, die Lebensbedingungen der neuen Generationen verbessern, wenn wir doch selbst dieses Schicksal ertragen mussten? Der Mensch ist doch i.d. R. mit seiner Arbeit identifiziert. Ich glaube einen Großteil der Menschen, die sich skeptisch gegen solche Lebensqualitätsverbessernden Maßnahmen ausspricht, dessen Skeptizismus entsteht aus der eigenen Betroffenheit heraus. Dann müssten wir uns die Unterdrückung unserer inneren Natur bewusst eingestehen, die wir uns selbst auferlegen. Und womöglich wollen wir das nicht?

Ich glaube was viele Menschen noch nicht verstanden haben, ist das Lebensqualität und Leistungsfähigkeit ineinander übergehen. Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit sind nämlich eigentlich sehr gute Freunde, nur trennen wir diese gerne und tun so, als ob sie Feinde wären. 

Wenn ich das einmal durchrechne, komme ich zu dem Schluss, dass eine nachhaltige Erhöhung der Lebensqualität auch zu nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolgen führt. So sind es am Ende vielleicht die Ökonomen, die uns durch ihre Motivation mehr zu erwirtschaften, dazu veranlassen werden, auf unsere Lebensqualität und somit auf unsere Bedürfnisse zu achten. Haha. Was für ein Irrsinn!?

Als ich noch in Vollzeit gearbeitet habe, bin ich nachts häufig nur auf 5 bis 6 Stunden Schlaf gekommen. Ich kam abends nicht herunter. Obwohl ich totmüde war. Abends da werde ich erst wach. Meine innere Uhr macht mich zur Eule und dennoch musste ich durch einen zeitversetzten Schichtplan, teilweise mit den Lärchen aufstehen, mitten im Winter im Dunklen, entgegen meiner inneren Natur. Oft war ich so erschöpft von dem permanenten Schlafmangel, dass ich selbst in meiner Freizeit keine Energie mehr hatte das zu tun was mir Freude bereitete. Irgendwann wird das dann chronisch. Und das lief so über viele Jahre. 

Um das zu ertragen tut man dann irgendwann so, als ob das normal sei, weil man keine Alternative hat. Alle tun zusammen so, als ob das normal sei. Alle strengen sich an das irgendwie zu schaffen, obwohl niemand glücklich dabei ist. Und wenn du sagst, dass will ich nicht mehr erdulden, dann wirst du bekämpft, weil sich alle einreden wollen, dass es normal ist. Logisch, sonst müsste man ja selbst handeln. Das macht ja Angst. Also wehrt man das ab und alle die das Problem ansprechen. 

Irgendwann habe ich meine Arbeitsstunden reduziert und hatte dann für eine Zeit von ca. 2 Jahren kürzere und selbstgewählte Arbeitszeiten. Ich musste da erst um 11h arbeiten, statt wie vorher teilweise um 7h. Das war zumindest ein Kompromiss zwischen meinen Bedürfnissen innerhalb meiner Natur zu leben und meinem Bedürfnis im System zu funktionieren. Ich habe dann versucht innerhalb dieses Kompromisses zu leben. 

Aber dann kam wieder alles anders und die Bedingungen wurden wieder schlechter. Sie begannen meine Arbeitszeiten wieder gegen meine Natur zu richten und ich spürte, ich kann und will das so nicht mehr. Ich bin in meiner Selbstwahrnehmung so sensibel geworden, dass ich manches nicht mehr mitmachen kann. Früher hätte ich gar keine Wahrnehmung dafür gehabt. Früher habe ich mich nicht gespürt. Und wenn ich mich doch gespürt habe, habe ich geglaubt, ich hätte kein Recht darauf zu fühlen was ich fühle. 

Seitdem ich nicht mehr arbeite, schlafe ich aus. Ich bin wach, wenn ich wach sein möchte. Ich erfahre dadurch eine neue Lebensqualität und ich glaube nicht, dass ich noch einmal bereit bin, diese Qualität wieder herzugeben. Es sei denn ich stehe mit der unbändigen Motivation eines kleinen Kindes am Morgen auf, weil ich mich so sehr auf ein Ereignis freue, welches an diesem Tag stattfindet, dass ich es kaum erwarten kann aufzustehen. Das könnte ein Grund sein. 

Das war ein sehr langer Weg für mich, mir diesen Luxus an Lebensqualität zu erlauben. Vor 6 Jahren war es bereits ein enormer Bruch mit meinen Werten, nur noch in Teilzeit zu arbeiten obwohl ich keine Kinder habe. Einfach weil ich mir das erlaube. Da musste ich erstmal schwer krank werden für, bis ich mir das erlauben konnte. Seitdem verstehe ich, wie sehr Menschen in dieses System eingebunden sind. Es geht dabei nicht nur um finanzielle Gründe. Es geht noch viel tiefer. Es geht um Identität, Selbstwert, Würde, Abwehr von Ohnmacht und vieles mehr. 

Nach langer Auseinandersetzung mit dem Thema, glaube ich nicht mehr, dass uns jemand im Außen dazu zwingen kann, auf eine Weise zu schlafen, die nicht unsere Natur entspricht. Ich glaube das ist eine innere Entscheidung zwischen zwei Bedürfnissen:

1. dem Bedürfnis: Ich lebe im Einklang mit meiner inneren Natur und im eigenen Schlaf Rhythmus.
2. dem Bedürfnis eine Rolle in der Gesellschaft zu spielen, mit den Privilegien (Geld und Anerkennung) die meistens voraussetzt, dass wir uns an das System anpassen.  

Ich habe das oft so empfunden, dass die Gesellschaft mich zwingt gegen meine Natur zu leben. Ich merke jedoch immer mehr, dass das eine freie innere Entscheidung ist. Und natürlich müssen wir für die Ent-Scheidung einen Preis bezahlen, egal wie wir uns entscheiden. Wenn ich mich für x entscheide, muss ich y manchmal erst loslassen. Ent-scheidung hat auch immer mit Scheidung, also Verlustgefühlen zu tun. 
 
Wenn ich mich entscheide, gegen meine Natur zu leben, dafür aber Anerkennung und finanziellen Reichtum anzuhäufen sowie frei konsumieren kann, dann ist das meine freie Entscheidung, bei dem ich etwas gewinne und aber auch einen Preis bezahle, zb meine Gesundheit einbüße. Und wenn ich mich entscheide entsprechend meiner innere Natur zu leben und dafür in gewisser Hinsicht aus dem Leben im System aussteigen muss, vielleicht mit wenig Geld zurecht kommen muss, nicht mehr am Konsum teilnehmen kann, womöglich Missachtung ernte für meinen Lebensstil, dann zahle ich auch einen Preis. Wenn einem beide Aspekte der Entscheidung bewusst sind, hat man die freie Wahl und erkennt, nicht das System zwingt mich, sondern ich habe einen Entscheidungskonflikt. 

Für mich war es sehr wichtig, mir das erstmal bewusst zu machen, dass ich gar keinen Kampf gegen das System führe, sondern gegen mich selbst. Es stehen einfach zwei Bedürfnis-Lager gegenüber, die in mir selbst ausgehandelt werden müssen. Das war dann eine ganz andere Voraussetzung, als das Gefühl zu haben, dass das System entscheidet, wie ich lebe und schlafe. Und dann kann es sogar sein, dass sich innere Konflikte zunehmend auflösen, um so länger wir diese betrachten. 

Deshalb hängt mein Leben aus meiner jetzigen Erkenntnis nicht mehr maßgeblich, vom gesellschaftlichen Diskurs ab, nicht von politischen Entscheidungen, nicht vom äußeren Autoritäten, sondern von mir selbst. Und doch kann ich das so empfinden, wenn ich meine Entscheidungsfreiheit nach außen projiziere, weil mir nicht alle Aspekte bewusst sind und meine inneren Zwiespalt noch nicht als Innen Konflikt spüre, sondern abspalte. 

Ich glaube es bringt wenig sich Gedanken, um die so genannte Schlaf Hygiene zu machen, wenn ein Grundbedürfnis nicht erfüllt ist. Wenn ich nicht ausschlafen kann, dann habe ich das Gefühl, ein ganz essenzielles Grundbedürfnis ist nicht erfüllt. Das beeinträchtigt meine Gesundheit, meine geistige und emotionale Verfassung. Ich weiß wie ich mich am Tag fühle, wenn ich ausschlafe und wie ich mich fühle, wenn ich nach 5 Stunden geweckt werde. Ich bin nicht mehr bereit mir diese Gewalt, wie ich das heute empfinde, anzutun. Und doch verstehe ich, warum ich mir das all die Jahre angetan habe. Ich wusste nicht, dass ich eine Alternative habe. Ich habe diese nicht gesehen. Ich wusste nicht, dass ich anders für mich entscheiden darf. Das hatte mir niemand beigebracht. 

Manchmal wenn ich mich mit der Frage beschäftige, aus dem System auszusteigen, erscheint mir mein Wunsch auszuschlafen selbst manchmal unrealistisch. Das kommt daher, dass der Teil in mir der sagt er wäre der Realist, keine Ahnung von Liebe hat. Und oft denkt er, die Welt sei so wie er sie sich konstruiert. Lange Zeit glaubte ich ihm. Ich hielt mich immer für einen Realisten. Dabei war er nur ein Abbild dessen, was ich als Rahmenbedingungen des Lebens, oft von von lieblosen Menschen vorgebt bekam. Der Träumer den sehe ich immer weniger als Realitätsverweigerer, sondern als realistischen Befreier. Aber das muss man sich wohl trauen, oder vom Leben dazu gedrängt werden. Bei mir ist es oft letzteres. 

Immer wenn meine sehnsuchtsvollen Träume mich riefen, versagte ich mir diese, weil ich diese mit der harten Realität abgleichen musste. So versagte ich mir meine Träume. Dann begann ich jedoch an diesem so genannten Realisten zu zweifeln und frage mich: Was wenn das doch möglich ist? Was wenn ich mir nur genug Liebe entgegnen bringen muss? Das gelingt mir aber erst seitdem mich das Leben an den Abgrund gedrängt hat. Erst seitdem ich im Grunde keine Wahl mehr habe. Es ist bei mir so eine Mischung aus 1. ich bin krank genug und 2. ich hab endlich die Kraft der Liebe erkannt.

Was wenn Selbstliebe ansteckend wäre und andere Menschen immer mehr Einklang mit ihrer inneren Natur zu leben können? Was wenn es doch möglich wäre, ein anderes Leben zu erfahren als eins als Gefangener im System? 

Wie soll denn diese Freiheit entstehen wenn nicht in mir durch mich? 

Wer soll mich erhören, wenn ich mich nicht selbst höre?

Und ich glaube, ich weiß warum ich lange Zeit keinen Zugang zu dieser Selbstwirksamkeit hatte. Ich hatte Angst! Denn das Bewusstsein dafür, dass du den Hebel deiner Entscheidung und die Umstände deines Lebens selbst in der Hand hast und du ganz alleine deinen Hebel umlegen musst, womöglich entgegen aller Anderen, womöglich entgegen einer ganzen kollektiven Werteebene macht erstmal klein und einsam. Manchmal lachen sie dich aus. Manchmal stellen sie dich in Frage. Manchmal bekämpfen sie dich. Dann ist es leichter sich selbst zu verleugnen. Ich vermute, dass das ist der eigentliche Grund ist, warum wir unsere eigene Macht auf das System projizieren, um diese Angst selbstverantwortlich zu sein, zu entgehen.

Das ist nicht zynisch oder überheblich gemeint, sondern ein Ausdruck des Mitgefühls, denn ich weiß wie viel Angst das macht, aus der Selbstverleugnung herauszutreten. Wie unmöglich das erscheint. Du denkst, dass ist aber leider zu schön um wahr zu sein. Ich kann verstehen wie man auf die Idee kommt, keine Wahl zu haben, denn ich habe das ja selbst mein ganzes Leben so empfunden.

Was wäre denn wenn wir eines Tages entscheiden würden, dass wir unser inneren und äußeren Kinder nicht mehr aus dem Schlaf reißen werden?

Jetzt verstehe ich warum, ich mich mein ganzes Leben lang ohnmächtig fühlen musste, um mit euch aufzustehen. Um zu verstehen wie das ist, keine Wahl zu haben. Um mit euch ganz in die Knie zu gehen, und dann ganz langsam mit euch aufzustehen. Manche Menschen kann man nur erreichen, erheben, wenn man zuvor einmal mit ihnen in die Knie geht und dort verweilen kann. Für mich hat das Thema Schlafqualität sehr viel mit Selbstermächtigung zu tun.

 Langschläger an die Macht!  happy
 
Sehr wichtiger Artikel und wichtiges Thema!

Wenn's um Schlaf und Schlafzeiten geht bin ich stets zur Stelle und plädiere für einen natürlichen Schlafrhythmus, der sich sowohl am Individuum als auch am sonnengesteuerten Tag-Nachtrhythmus orientiert. Erstmals darüber nachgedacht habe ich, als ich feststellte, dass Kinder und Jugendliche in der Schule regelmäßig einschlafen, weil 8 Uhr Beginn einfach viel zu früh ist. Ich war sogar mal an einer Grundschule wo der Unterricht schon um 7:40 Uhr begann... Es ist ja sogar mittlerweile durch Studien und Forschung gut belegt, dass Kinder und Jugendliche profitieren würden, wenn die Schule später, z.B. um 9 Uhr beginnen würde. Aber hier schießen die Arbeitszeiten der Eltern quer.

Wir haben alles durchgetaktet und schein-optimiert, vernachlässigen dabei aber enorm unsere Natur. Die lässt sich eben nicht ausschalten oder "wegtrainieren". Kein Tier stellt sich einen Wecker. Ich freue mich auf den Tag, an dem wir wieder nach unserem natürlichen Rhythmus leben dürfen. normal
Ja das glaube ich auch, dass die Arbeitszeiten der Eltern ein Problem darstellen. Und so ist das immer wenn wir etwas ändern wollen. Ich habe mal versucht Kindern beizubringen wertschätztend mit Emotionen umzugehen. Ich hatte die Rechnung aber ohne die Eltern und Kollegen gemacht. 

Um so eine Veränderung zu bewirken braucht
es oft einen Ruck, der durch das ganze System geht, denn sonst werden andere Teile des Systems die neue Entwicklung wieder blockieren. Und das passiert selten.  Es müsste etwas völlig Unvorhersehbares passieren. So etwas wie ein Virus vielleicht, der die ganze Welt lahmlegt. Dessen Auswirkung womöglich die kollektive Werteebenehin zu mehr Lebensqualität transformiert.  wink1