Klartraumforum

Normale Version: Virtueller Kapitalismus und Freizeitversklavung
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Sogar in unseren Landen (Ösi-Land, AUT) gibt es die immer noch. Z.B. gleich bei uns im Kaff die Käsemacherwelten. Da gibts ernsthaft Leute, die das noch gerne machen. Haben nur einen Handgriff zu tätigen und tratschen daneben mit den Kolleginnen. Aber das sind eben nur wenige. Wie es den anderen geht, möchte ich nicht wissen. Und vor 17 Jahren war ich auch mal für einen Ferialjob in solch einem "Höllenjob". Sollte mindestens 2 Wochen dort bleiben. Verabschiedete mich aber schon nach 1,5 Tagen in der Mittagspause biggrin, weil es mir unmöglich erschien, das auch noch eine weitere Sekunde zu machen, ohne durchzudrehen. Natürlich war ich da noch bei meinen Eltern zu Hause und hatte keine Hypotheken oder sonstwas am Start.
Vielleicht betreiben jene, die es wirklich "gern" machen als eine Art Meditation skeptic

PS: 5 Jahre später war ich doch noch mal in einer Gemüsefabrik tätig, wo mir eine Maschine zugeteilt wurde, die ich mit Kartonbündel (die zu Schachteln gemacht wurden) füttern musste. Im Sekundentakt. Und schwer waren die auch noch. War hart. Aber am nächsten Tag bekam ich zu meiner rechten noch eine Maschine hinzugestellt. Die hatte auch gewaltigen Hunger. Gab mir den Rest wall. Hielt ich wenigstens 3 Tage durch tongue .
Also wenn die Maschinen schon so schlau sind, dass sie aus einfacher Pappe Schachteln machen können, werden die wohl auch so weit sein, sich selber füttern zu können, die Biester angry. Soviel dazu, was sinnvoll daran sein sollte.
Ich oute mich mal als Throne Rush Spieler der knappe 30 Euro investierte. Ja, man hat immer das Gefühl man muss mit seinen Mitstreitern mithalten können. Für mich persönlich macht der Reiz des Spieles allerdings der Aufbau Aspekt am meisten aus. Man sieht da z.B. seine Burg wachsen, baut immer mehr Gebäude sodass man an Stärke gewinnt und verdrängt das es nur etwas virtuelles ist. Allerdings macht mir das soviel Spass das es mich in meinem Alltag glücklicher macht.

Zu Fabriken, Industrien und unnützlicher Jobs: Naja, wenn man nur arbeitet um Geld zu verdienen und sein Leben zu finanzieren ist die Industrie spitze - Vergleichsweise zu Handwerksjobs verdient man in der Industrie das doppelte und hat wirklich extrem viel weniger Stress und Belastung :/ Ich verdiene jetzt doppelt so viel wie auf dem Bau und habe wirklich pro Monat 30 Stunden mehr Freizeit. Da juckts mich wenig wie sinnvoll meine Arbeit ist. Mehr Geld und mehr Freizeit = Ich kann mich mit Sachen beschäftigen, die ich in einen anderen Job nicht machen könnte big
Also zu Sinnhaftigkeit von Spielen hab ich glaub ich eine andere Meinung als spell... Ich tu mir aber schwer, es genau zu benennen. Sagen wir mal, ich liebe das Kulturgut "Spiel" in seinen verschiedensten Formen - wenn ich selber welche doof finde, ist das für mich kein Grund, einen Systemfehler zu orten.

Das Problem einer spezifischen Form der Belohnungs-Gamification ist mir allerdings bewusst. Das halte ich tatsächlich für eine Fehlfunktion des Menschen (genauso wie die Gier nach Süßkram, die evolutionär bedingt ist, aber keinen Sinn macht). In der Vergangenheit wurden Belohnungen ja entweder von der Natur oder von Mitmenschen vergeben; wir haben jetzt gewissermaßen einen Shortcut gefunden, Maschinen, die uns Belohnungen geben. Der Suchtfaktor ist ein Problem...

Aber das ist wiederum nicht beschränkt auf Spiele. Ich habe immer wieder überlegt, ob ich als Komponist nicht unwillentlich eine Art Drogenhersteller bin - auch in der Musik gibt es vorherrschende Belohnungsmechanismen; Musik, die gefällt, ist voll davon, und macht auch süchtig. Im Moment habe ich mich damit abgefunden, musikalische Drogen herzustellen - weil mir der andere Weg, Musik, die nicht gefällt, zu schreiben, auch nicht liegt. Ich bin eben musiksüchtig, und ich bin auch spielesüchtig.

Aber etwas ist an diesen Süchten, das mich trotzdem optimistisch stimmt: Der Charakter der Menschen, die davon betroffen sind. Ich erlebe sowohl Gamer als auch Musikbegeisterte als überdurchschnittlich freundliche Leute. Insofern sind es vielleicht Drogen mit positiven Nebenwirkungen? Ich weiß es nicht.
(Und ich rede jetzt nicht von WoW-Sucht, die wohl ein echtes Problem darstellt. Vielmehr von den kleinen Süchten des Alltags, wie eben, dass man überhaupt Spiele liebt und davon fasziniert ist)

Ich mag auch Konkurrenzspiele, und Kriegsspiele... das liegt u.a. daran, dass für mich das Spielen selbst eine Art Freiraum bildet, in dem es mir erlaubt ist, aus meiner alltäglichen Rolle auszubrechen. Ich will auch mal richtig fies sein können, ohne dass es negative Konsequenzen gibt. Und wenn zwei Freunde versuchen, richtig fies zum anderen sein, dann macht das Spaß. (Wenn einer davon diese Fiesheit eben nicht mag, dann funktioniert das nicht, aber das ist eben typabhängig).

Wichtig ist dabei, die Ziele des Spieles richtig zu werten: Es geht eben nicht darum, zu gewinnen. Es geht darum, auf einen Gewinn hinzuspielen, auf die Art und Weise, die einem in dem Moment eben Freude macht. Wenn es nur ums Gewinnen ginge, könnte man sich das Spiel davor sparen.bigwink

ß ß ß ß ß

Zitat:2. Aber es ist halt so! Ich weiß, dass diese Aussage sehr provokativ ist, denn sie regt mich sonst auch immer auf, aber unser System ist so und es wird sich nichts großartig ändern. Ganz einfach deshalb, weil Menschen so sind.
Ich empfehle, um diese Meinung zu ändern, dich ausführlich mit anderen Kulturen zu beschäftigen. Menschen können sehr sehr unterschiedlich sein. Wir sind es mittlerweile gewohnt, in einem bestimmten System mit bestimmten Menschentypen zu leben, aber die Annahme, es läge in der menschlichen Natur, und könne nicht anders sein, halte ich für schlicht falsch.
Es gab soviele ganz andere Gesellschaften auf der Welt - viele davon natürlich noch unangenehmer als die unsrige, aber viele auch besser - und zudem verändert sich auch unsere noch sehr schnell, was wir vermutlich erst merken, wenn etwas bestimmtes ganz anders geworden ist. Mein go-to-Beispiel sind LGBT-Rechte und Frauenrechte, die in der westlichen Welt auf dem Vormarsch sind. Das passiert nicht von selber, und es gibt ja auch erheblichen Widerstand, und es ist auch nicht garantiert, dass die erkämpften Rechte so bleiben. Es gibt überall leider auch Menschen, die wieder zurück in die patriarchalische Gesellschaft wollen, Frauen an den Herd und Schwule an den Pranger...

Zitat:Muss spellbounds letzten Beitrag voll und ganz unterschreiben. Einen wichtigen Punkt - und von dem ich auch betroffen bin - hat er aber noch vergessen: DIE KINDERERZIEHUNG.
Wie jetzt, spell hat die Erziehung vergessen??biggrin
SCNR

Den weiteren Punkten in Bezug auf bedingungsloses Grundeinkommen stimme ich voll zu.thumbsu
(17.03.2015, 14:09)Zuckerwatte schrieb: [ -> ]1. Ich glaube, Leute, die nicht einfach so leben und zufrieden sind, sondern große Ziele haben, sind die einzigen, die daran leiden. Und auch die, die mit ihrer (eigentlich okayer) Einstellung am Ende nichts erreichen und an alles zweifeln. Sag ich aus eigener Erfahrung. Aber na gut, davon hab ich ja noch nicht so viel..
nur die leiden? zumindest leiden die mehr, ja.
die erreichen nix? ich habe schon was erreicht.
aber stell dir mal vor, plötzlich gäbe es bedingungsloses grundeinkommen. egal wie es finanziert wird, es funktioniert. meinst du die leute würden so weiter arbeiten wie bisher, wenn sie es nicht mehr müssten? und daran zeigt sich doch auch, was diese leute von ihrer arbeit wirklich halten.

Zitat:2. Aber es ist halt so! Ich weiß, dass diese Aussage sehr provokativ ist, denn sie regt mich sonst auch immer auf, aber unser System ist so und es wird sich nichts großartig ändern. Ganz einfach deshalb, weil Menschen so sind.
nein, von alleine ändert sich nichts.

Zitat:3. Was würde(s)t du/ihr denn genau ändern wollen? Ich meine, müsste man sich nicht erst um die ernsteren Probleme kümmern? Diktaturen, Welthunger, Krieg? (Auch wenn auch das zur Menschheit dazu gehört und sowieso nie komplett geändert werden könnte.)
was sind denn die ernsteren probleme? die von dir erwähnten beispiele erscheinen mir ernst, aber nicht die wurzel des übels. die frage ist doch vielmehr, warum gibt es sowas wie diktaturen, welthunger, krieg? und zu sagen, das läge in der menschlichen natur, ist überhaupt keine erklärung, sondern quasi religiös: eine ausrede, damit man das nicht weiter hinterfragen muss.
was will ich ändern? ich bleibe unpolitisch, ich konzentriere mich darauf selbst und zusammen mit freunden mehr zu verstehen. die fähigkeit von empathie in den menschen zu wecken. leuten denen es schlecht geht zu helfen. und damit meine ich v.a. psychisch schlecht.

(19.03.2015, 10:56)gnutl schrieb: [ -> ]Sagen wir mal, ich liebe das Kulturgut "Spiel" in seinen verschiedensten Formen - wenn ich selber welche doof finde, ist das für mich kein Grund, einen Systemfehler zu orten.
nur weil ich einen systemfehler in spielen finde, heißt das nicht, dass ich spiele doof fände. ich mag spiele. aber nicht aufgrund dieses fehlers, sondern trotzdem. na, teilweise auch aufgrund des fehlers. aber nur insofern ich eben selbst diesen fehler habe und somit kompatibel bin, eingefangen werden kann. auch mich machen virtuelle belohnungen an. auch ich zocke. aber das heißt ja nicht, dass ich es nicht dennoch analysieren könnte.

Zitat:Das Problem einer spezifischen Form der Belohnungs-Gamification ist mir allerdings bewusst. Das halte ich tatsächlich für eine Fehlfunktion des Menschen (genauso wie die Gier nach Süßkram, die evolutionär bedingt ist, aber keinen Sinn macht). In der Vergangenheit wurden Belohnungen ja entweder von der Natur oder von Mitmenschen vergeben; wir haben jetzt gewissermaßen einen Shortcut gefunden, Maschinen, die uns Belohnungen geben. Der Suchtfaktor ist ein Problem...
du siehst in der sucht ein problem. ich sehe sucht nicht unbedingt als notwendigen mechanismus an. sucht entsteht aufgrund von verdrängtem mangel. es geht bei süchten stets um ersatz. deshalb muss musik oder auch spiele nicht süchtig machen, sondern kann sogar heilsam sein. weil es nicht unweigerlich mit der befriedigung künstlicher bedürfnisse zusammenhängt, auch wenn es häufig der fall ist. deshalb muss authentische musik auch nicht nicht-gefallen. sie gefällt bloß auf andere weise. und vielleicht anderen leuten - solchen, bei denen die realitätsakzeptanzdrogen nicht mehr funktionieren.

belohnung ist deshalb nicht sinnlos, weil es belohnung ist. belohnung macht nicht per se süchtig. belohnung kann anekeln. das hängt vom bewusstsein ab. mittlerweile ist mein heißhunger auf kuchen extrem gering. man kann mich mit kuchen nicht mehr locken. manchmal mag ich welchen, aber bei mir läuten nicht sofort die glocken, wenn jemand sagt, es gäbe kuchen.

also was ist die alternative zu virtueller belohnung? belohnung durch menschen ist genau der selbe fehler. außer du meinst das hier anders. belohnung ganz prinzipiell ist schon kapitalistischen geistes verwandt. wahre belohnung besteht darin, wenn man keine belohnung mehr braucht, weil die tätigkeit die man vollbringt selbst erfüllend ist, selbst "belohnt". somit ist sie intrinsisch. alle belohnung basiert darauf auf extrinsität. wenn quests in einem spiel richtig kreativ und spaßig desinged wären, wären questrewards völlig irrelevant. und das ist auch meine kritik an gamification. sich selbst belohnungen dafür zu geben, dass man einen klartraum hatte, stuft den klartraum herab. ja noch weiter: den klartraum als belohnung für eine klartraumtechnik anzusehen stuft die praxis herab. sie ist nicht mehr selbstzweck und darum ist an ihr etwas faul.

alle dinge und tätigkeiten, die auf einen andern zweck als um ihrer selbst willen hinarbeiten, sind verdächtig. - nicht, dass in einer sowieso maroden welt extrinsität vermeidbar oder prinzipiell problematisch wäre. man kann ziele am herzen aufglühen lassen und mit hoher motivation selbst das kaputte system bemühen und sie zu verwirklichen. aber sobald das system kaputt ist - und das ist ja unser aller traum - wird es diese notwendigkeit nicht mehr geben. dann gibt es nur noch freiheit und muße.


Zitat:Ich will auch mal richtig fies sein können, ohne dass es negative Konsequenzen gibt.
klar, möglich, dass das jemandem beizeiten irgendwie weiterhilft.


Zitat:ß ß ß ß ß
? ? ? ? ?

Zitat:
Zitat:Muss spellbounds letzten Beitrag voll und ganz unterschreiben. Einen wichtigen Punkt - und von dem ich auch betroffen bin - hat er aber noch vergessen: DIE KINDERERZIEHUNG.
Wie jetzt, spell hat die Erziehung vergessen??biggrin
SCNR
mitnichten. ich habe sie bewusst nicht explizit erwähnt, und doch steuert alles darauf hin, wenn ich sage, dass weder politik die lösung ist, noch medien das problem, und mitnichten die evolution die erklärung sind.

aber ich fühle, es ist zu früh, um darüber etwas zu sagen.
Der frühe Vogel fängt den Wurm big.
nicht wenn er zu mitternacht losflattert.
Zitat:und so findet sich das kapitalistische prinzip selbst noch in reinen open- source games wieder, die keinen cent an in-game währung verdienen, noch nicht einmal an dem spiel selbst; nämlich in der unkreativität des erfolgskonzeptes, das allen spielen, sogar den analogen brett- und ballspielen usw., eigentümlich ist, so verschieden und innovativ sie ansonsten auch alle sein mögen: es geht um gewinnen und verlieren, um haben oder nicht haben, um besser werden, erwerben, tauschen, sich schmücken, ehrfurcht einflößen, um gewalt als grundlage für eine gesellschaftsordnung und im speziellen für die eigene macht und den spaß. auch in spielen, die ohne gewalt auskommen, handelt es sich doch meistens ums gewinnen und verlieren und so ist dies wohl ein grundtrauma, das man in der zivilisation der menschheit verorten kann, das bisher nicht aufgearbeitet wurde.

wo verlust kompensiert wird durch materielle aneignung, wo das recht des stärkeren oder klügeren gilt. scheinbar ein prinzip von evolution überhaupt, findet dieses gesetz ein heraklit, ein plato, ein hobbes, ein kant, ein darwin und sogar ein freud in der gesamten natur wieder, das er so alltäglich bei sich und im verlauf der geschichte erlebt hat und mit genug projektionskraft und selektiver wahrnehmung im leben der tiere und pflanzen ebenso verortet.

auch auf die gefahr hin, hier hochsensible persönlichektein zu verletzen (und das meine ich ganz und gar nicht ironisch) - ich lese aus diesem text (und aus dem anderen ext aus dem eingangspost) eigentlich meine einstellung zu "badges" und "trophies" und zu "virtuellen Belohnungen".
*Konflikt-Gebiet betret*
*Umschau, ob die Luft rein ist*
...
*Kwalitatieven Beitrak verfass*

(29.04.2016, 09:30)Uefken schrieb: [ -> ]
Zitat:und so findet sich das kapitalistische prinzip selbst noch in reinen open- source games wieder, die keinen cent an in-game währung verdienen, noch nicht einmal an dem spiel selbst; nämlich in der unkreativität des erfolgskonzeptes, das allen spielen, sogar den analogen brett- und ballspielen usw., eigentümlich ist, so verschieden und innovativ sie ansonsten auch alle sein mögen: es geht um gewinnen und verlieren, um haben oder nicht haben, um besser werden, erwerben, tauschen, sich schmücken, ehrfurcht einflößen, um gewalt als grundlage für eine gesellschaftsordnung und im speziellen für die eigene macht und den spaß. auch in spielen, die ohne gewalt auskommen, handelt es sich doch meistens ums gewinnen und verlieren und so ist dies wohl ein grundtrauma, das man in der zivilisation der menschheit verorten kann, das bisher nicht aufgearbeitet wurde.

wo verlust kompensiert wird durch materielle aneignung, wo das recht des stärkeren oder klügeren gilt. scheinbar ein prinzip von evolution überhaupt, findet dieses gesetz ein heraklit, ein plato, ein hobbes, ein kant, ein darwin und sogar ein freud in der gesamten natur wieder, das er so alltäglich bei sich und im verlauf der geschichte erlebt hat und mit genug projektionskraft und selektiver wahrnehmung im leben der tiere und pflanzen ebenso verortet.

auch auf die gefahr hin, hier hochsensible persönlichektein zu verletzen (und das meine ich ganz und gar nicht ironisch) - ich lese aus diesem text (und aus dem anderen ext aus dem eingangspost) eigentlich meine einstellung zu "badges" und "trophies" und zu "virtuellen Belohnungen".

Uefken, ich gebe dir recht, dass man aus diesem Text bzw. dieser Meinung auch das herauslesen kann, was du zum Thema Trophäen beigetragen hast. Ich möchte mich jedoch auch mal aussprechen und zwar dafür, dass man alles, wirklich alles, in jeder erdenklichen Art Weise deuten und um-deuten (ja, auch im Sinne von 'um', wie umschmeißen) kann. Wenn die Argumentatiosgrundlage sich dadurch konstituiert, dass man 'Belohungssysteme' grundsätzlich als kapitalistisch bezeichnet, dann läuft meiner Ansicht nach, irgendetwas Grundsätzliches nicht ganz gerade.

Leider kann man sich in alles hineinsteigern, sogar in die Annahme, man sei 'höchst objektiv' oder so biggrin, deshalb möchte ich mich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen (sei dies somit gesagt!). Will sagen, ich finde es gut und sehr wichtig, solche Themen, Strukturen und grundsätzlichen Muster und Tendenzen zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen, jedoch halte ich es für überzogen, wenn man zu sehr in eine 'Extremposition' verfällt. Ich kenne es von mir selbst, das soetwas schnell passiert (vor allem wenn man sowieso zu s/w-Denken neigt)... aber vor dem Hintergrund meiner Worte, möchte ich nochmal folgendes anmerken:

Hinterfragt, seid kritisch, seid wachsam und geht mit offenen Sinnen durch die Welt, ABER lasst uns doch gewisse Dinge auch einfach mal sein - lasst ein Brettspiel ein Brettspiel sein und lasst Trophäen Trophäen sein. Nichts davon ist von Grund auf 'schlecht', schädlich oder gar bösartig. Dazu fällt mir ein schönes Zitat ein von Anais Nin: "We don’t see things as they are; we see them as we are."


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Ach und am Rande sei bemerkt (ich muss ja meinem Troll-Dasein nachkommenbiggrin): Selbst das Abrufen neuer E-Mails, Chat-Nachrichten oder Forums-Beiträgen wirkt im menschlichen Gehirn als 'Belohnung'. So scheinen wir nunmal zu funktionieren - wenn das kapitalistisch ist, dann bleibt wohl nur eines: In Askese leben und in die Wildnis auswandern. *Ach ne, Moment mal, das ist ja dann auch wieder ein Belohnungseffekt... Hmm, Mist aber auch*... biggrin Nur als Denkanstoß. Ich gönne mir jetzt ein Glas Saft, als Belohnung für meinen universitären Fleiß *hust*.

*Konflikt-Gebiet wieder verlass*
*Aus sicherer Entfernung beobachte, was passiert*
...biggrin

Rhetor

(29.04.2016, 10:03)Mrs. Mortisaga schrieb: [ -> ]Selbst das Abrufen neuer E-Mails, Chat-Nachrichten oder Forums-Beiträgen wirkt im menschlichen Gehirn als 'Belohnung'.

Außerdem ist das Belohnungszentrum im Gehirn gleichzeitig das Lernzentrum, lokalisiert im Nucleus accumbens. Lernen hat somit insbesondere einen starken Belohnungseffekt.

Wenn Belohnung grundsätzlich kapitalistisch wäre, dann wäre also (Weiter)bildung und Lernen an sich schon kapitalistisch.
Das entspricht dann aber definitiv nicht mehr meiner Vorstellung von Kapitalismus.
(29.04.2016, 10:41)Rhetor schrieb: [ -> ]
(29.04.2016, 10:03)Mrs. Mortisaga schrieb: [ -> ]Selbst das Abrufen neuer E-Mails, Chat-Nachrichten oder Forums-Beiträgen wirkt im menschlichen Gehirn als 'Belohnung'.

Außerdem ist das Belohnungszentrum im Gehirn gleichzeitig das Lernzentrum, lokalisiert im Nucleus accumbens. Lernen hat somit insbesondere einen starken Belohnungseffekt.

Wenn Belohnung grundsätzlich kapitalistisch wäre, dann wäre also (Weiter)bildung und Lernen an sich schon kapitalistisch.
Das entspricht dann aber definitiv nicht mehr meiner Vorstellung von Kapitalismus.

thumbsu
Danke dir, bin ganz deiner Meinung!
irgendwas Neues zu verstehen ist doch das geilste überhaupt big
Danke, liebe Amygdala biggrin

Ob man Kapitalismus gut findet oder nicht, liegt hauptsächlich daran, ob man Kapital hat oder nicht tongue
(29.04.2016, 11:36)Raipat schrieb: [ -> ]Ob man Kapitalismus gut findet oder nicht, liegt hauptsächlich daran, ob man Kapital hat oder nicht tongue

haha biggrinthumbsu
(29.04.2016, 09:30)Uefken schrieb: [ -> ]auch auf die gefahr hin, hier hochsensible persönlichektein zu verletzen (und das meine ich ganz und gar nicht ironisch) - ich lese aus diesem text (und aus dem anderen ext aus dem eingangspost) eigentlich meine einstellung zu "badges" und "trophies" und zu "virtuellen Belohnungen".

@ Uefken, in irgendeiner Form geringschätziges Gehabe und Gerede ist das Problem und nicht die sachliche Auseinandersetzung. Und Spell ist gestern schützend eingesprungen, ich finde das prima! Ich fühle mich auf einem Forum sehr gut aufgehoben, auf dem die Leute so aufmerksam und menschlich sind, dass sie einen gleich unterstützen, sobald es vom Sachlichen im schlechten Sinne abdriftet.

Viele Grüße
Schuhbewegtsich
oh. also zum einen find ich paar beiträge witzig (morti und raipat) und zum anderen danke schuh, genau das ist es. es geht um die menschliche implikation. aber es ist schon auch thematisch die frage, inwiefern das nun überinterpretiert ist wenn man jegliche trophäen, spiele, belohnungen als schädlich betrachtet. also thematisch mein senf:

ich hab den post in diesem thread ursprünglich aus einer "philosophischen laune" heraus geschrieben, wie ich es öfters mal gerne mache. d.h. ich hab eine idee, die ich geil finde, weil sie zu ungewöhnlichen konsequenzen führt und erörtere die einfach mal. sie erscheint mir dann auch plausibel, so ists nicht. aber trotzdem heißt es nicht, dass ich von der theorie dann felsenfest überzeugt wäre. wie auch immer ich darüber mal gedacht haben mag, sehe ich es mittlerweile jedenfalls so: der kapitalistische geist nimmt alles ein, spiele, belohnungen, usw. aus diesem heraus werden auch spiele programmiert. dennoch heißt das nicht, dass spiele und auch belohnungen nicht auch aus einem anderen geist heraus wahrgenommen oder erzeugt werden können. wer frei von kapitalismus ist, kann spaß haben. und manchmal sogar, wer kapitalistisch ist, weil es auch hier ja nicht nur ein off/on gibt.

Rhetor

(29.04.2016, 11:36)Raipat schrieb: [ -> ]irgendwas Neues zu verstehen ist doch das geilste überhaupt big
Danke, liebe Amygdala biggrin

Ähm, die ist ganz im Gegenteil für die unschönen Erfahrungen zuständig, insb. Angst.
Gewissermaßen der Gegenspieler des Nucleus accumbens.

Zitat:Ob man Kapitalismus gut findet oder nicht, liegt hauptsächlich daran, ob man Kapital hat oder nicht tongue

Und was ist denn das größte und wichtigste Kapital, das wir haben? Unser Planet Erde.
Eine Wirtschaftsform, die auf unendliches Wachstum angelegt ist, wird auf Dauer unsere Lebensgrundlage vernichten.
Wir werden uns daher möglichst bald eine (funktionierende!) Alternative überlegen müssen. fear
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