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Die Sucht und das Suchen» Was passiert bei Zucker-Verzicht?

RE: Die Sucht und das Suchen
#31
10.07.2020, 21:27 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.07.2020, 21:31 von Liri.)
"Manchmal denke ich, wenn mir wenigstens mein Aussehen "egaler" wäre, dann könnte ich die Sache etwas entspannter angehen. "

Ich bezog mich auf diesen Satz.
~ Nachad hobi no driabadramd ~


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RE: Die Sucht und das Suchen
#32
10.07.2020, 22:57
(10.07.2020, 21:27)Liri schrieb: "Manchmal denke ich, wenn mir wenigstens mein Aussehen "egaler" wäre, dann könnte ich die Sache etwas entspannter angehen. "

Ich bezog mich auf diesen Satz.

Ich weiß. Ich fragte mich nur, worauf du hinaus wolltest bzw. was dir an dem Satz nicht klar ist/war.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#33
10.07.2020, 23:23
[+] 1 User sagt Danke! ichbinmehr für diesen Beitrag
Vielen Dank Nuevo. Deine Anteilnahme und dein Verständnis hat mich sehr berührt.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#34
11.07.2020, 01:18
[+] 3 User sagen Danke! Liri für diesen Beitrag
Was ich meinte, in etwa, ist: Hat gutes Aussehen wirklich zwingend was mit dem Idealgewicht zu tun?

Ich war schwer krebskrank und hab in der Zeit öfters Komplimente für meine tolle Figur bekommen. Ich sah aber eigentlich aus wie ein Gespenst und durch den Nährstoffmangel hatte ich nur noch die Hälfte der Haare, die ich jetzt zum Glück wieder habe.

Da ist mir aufgefallen, was für ein perverses Schönheitsideal hier herrscht. Wenn man eine Todkranke als gutaussehend einstuft.
~ Nachad hobi no driabadramd ~


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RE: Die Sucht und das Suchen
#35
11.07.2020, 10:43
(10.07.2020, 23:23)ichbinmehr schrieb: Vielen Dank Nuevo. Deine Anteilnahme und dein Verständnis hat mich sehr berührt.

Ja, das habe ich auch gedacht. normal
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RE: Die Sucht und das Suchen
#36
11.07.2020, 10:49
[+] 1 User sagt Danke! Bultungin für diesen Beitrag
(11.07.2020, 01:18)Liri schrieb: Was ich meinte, in etwa, ist: Hat gutes Aussehen wirklich zwingend was mit dem Idealgewicht zu tun?

Ich war schwer krebskrank und hab in der Zeit öfters Komplimente für meine tolle Figur bekommen. Ich sah aber eigentlich aus wie ein Gespenst und durch den Nährstoffmangel hatte ich nur noch die Hälfte der Haare, die ich jetzt zum Glück wieder habe.

Da ist mir aufgefallen, was für ein perverses Schönheitsideal hier herrscht. Wenn man eine Todkranke als gutaussehend einstuft.

Das tut mir Leid, dass du sowas durchlebt hast.

Zu deiner Frage, ob gutes Aussehen zwingend etwas mit Idealgewicht zu tun hat: Ja und nein. Wenn Idealgewicht meint "normschön", dann wird das in den meisten Fällen als gutaussehend wahrgenommen, ja. Daran schließt sich natürlich dann die Frage, wie wichtig es sein mag, normschön zu sein. Ich glaube darauf wolltest du auch hinaus. Normschön sein bedeutet für mich z.B. weniger Auseinandersetzung, weniger Anecken, mehr Anerkennung und Wertschätzung. Für andere ist es der Job, das Haus, das Auto - für mich ist es das Aussehen. Ich möchte nicht, dass Menschen aus meiner Körperform schlussfolgern, wie ich bin oder nicht bin - das fühlt sich für mich blöd an und ich hab es leider auch zuhauf erlebt.

Und ich gebe dir voll recht, dass das aktuelle Ideal "pervers" ist. Zudem sind nur sehr wenige Frauen genetisch dazu in der Lage so auszusehen und zwar "mühelos".
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RE: Die Sucht und das Suchen
#37
11.07.2020, 11:25 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11.07.2020, 11:28 von Liri.)
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Och, ich seh immer wieder Frauen mit ein bisschen mehr auf den Rippen, die echt wunderschön sind... grin

Aber diese Bemerkung ist ziemlich off topic, ich weiß schon.

Nur, nicht anecken zu wollen ist ja praktisch nicht möglich, außer du schränkst dich extrem ein. Du wirst es nicht allen rechtmachen können und wenn du deinen Körper als Statussymbol siehst wie ein Auto... ich weiß jetzt nicht, wie ich das finden soll. Keine Ahnung.
~ Nachad hobi no driabadramd ~


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RE: Die Sucht und das Suchen
#38
11.07.2020, 11:41
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(11.07.2020, 11:25)Liri schrieb: Och, ich seh immer wieder Frauen mit ein bisschen mehr auf den Rippen, die echt wunderschön sind... grin

Aber diese Bemerkung ist ziemlich off topic, ich weiß schon.

Nur, nicht anecken zu wollen ist ja praktisch nicht möglich, außer du schränkst dich extrem ein. Du wirst es nicht allen rechtmachen können und wenn du deinen Körper als Statussymbol siehst wie ein Auto...  ich weiß jetzt nicht, wie ich das finden soll. Keine Ahnung.

Mein Körper ist kein Auto. Ich weiß, dass ein Großteil der Menschen vom Aussehen her auf einen Menschen schließt. Mein Ziel ist es nicht, mich dem anzupassen und es allen recht zu machen. Ich empfinde es schlicht als unangenehm, DASS Menschen das tun (vom Körper auf den Menschen schließen).

Ich finde einen höheren Körperfettanteil bei Frauen auch sehr attraktiv. Aber eben nicht bei mir selbst. Eine heterosexuelle Frau mag vielleicht eine V-Form bei einem Mann oder Vollbart - an sich selbst möchte sie das aber unter Umständen nicht haben. grin

Und ja, das ist ziemlich Off-topic, hier soll es ja um Sucht und Suchtbewältigung gehen. Ich finde die Thematik allerdings hochinteressant, sodass wir dazu vielleicht einen extra Thread eröffnen könnten, wenn uns danach ist. thumbsu
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RE: Die Sucht und das Suchen
#39
11.07.2020, 16:42
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Ich finde es ist gut die Wut zu äußern. Es ist ja die Wut über das aufgezwunge Rollenklische der Frau, die ja durch die Gesellschaft systematisch gezwungen wird, ihren Körper als Statusbymbol zu erfahren. Damit meine ich nicht dass es Frauen da schlechter geht als den Männern, denn die haben genau ihre Themen wo sie in Rollenklisches gezwungen werden. Zb Männer weinen nicht. usw. All diese Dogmas erzeugen Sucht und Gewalt, gegen sich und andere, weil unsere Natur systematisch unterdrückt wird.

Und dann gibt es eben Menschen, die sich dagegen wehren, weil sie unabhängig von Rollen Klisches leben wollen. Die Wut ist ein Befreier, der diese genormten Rolle in die wir alle hineingedrängt werden, befreit.

Ich glaube diese Wut richtet sich nicht gegen jemand spezielles, sondern gegen das System von dem wir aber alle ein Teil dessen sind. Wir haben das Sytem gegen das wir uns manchmal bewusst abgrenzen internalisiert und kämpfen oft gegen uns selbst.

Süchte sind Symptome einer einer fehlenden bedingungslosen Liebe, in die wir oft schon hineingeboren wurden. Und so haben wir diese Lieblosigkeit auch wieder internalisiert. Und wir projizieren diesen Kampf oft nach Außen, weil wir die unbewusste Übernahme der Lieblosigkeit im Außen leicher sehen können.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#40
16.07.2020, 15:37
[+] 1 User sagt Danke! glider für diesen Beitrag
Da ich dank dieses Threads, den ich bis jetzt nur verfolgte, gestern eine ausgiebige Diskussion mit meiner Schokoladensüchtigen Tochter hatte (statt Schlabberkleidern hatte sie hautenge Jeans an und ich sah, wie dünn sie gerade wieder ist...), möchte ich jetzt auch meine Meinung dazu schreiben:
Zitat:Bist du süchtig? Jein
Wonach suchtest du? ewige Gesundheit, ein genussvolles Leben
Welche Erfahrungen hast du mit Sucht?
Vielleicht bin ich Aepfelsüchtig(Gemüse und Obst), Yogasüchtig, Joggingsüchtig und Alkohlsüchtig

Wie gehst du mit (deiner) Sucht um?
Ich kann sie jederzeit soweit kontrollieren, dass ich werder mich noch andere damit schädige (ich fahre nie Auto, wenn ich Alkohol getrunken habe usw.) 

Aber alle diese Angewohnheiten brauche ich möglichst täglich. Sind es deswegen Süchte? Sie sind entstanden aus meiner Suche nach einem genussvollen Leben bei voller Gesundheit.
Wenn ich sie täglich habe, wie auch meine 1-2 Mal tägliche warme Dusche usw. fühle ich mich wohl in meiner Haut. Ohne meine Angewohnheiten fehlt mir etwas und ich fühle mich etwas verstimmt.

Am meisten schränken mich vielleicht meine Obst und Gemüsesucht und Yogasucht ein. Ich kann nicht ohne meine Yogamatte in die Ferien. Uebernachtungen in SAC-Hütten stressen mich deswegen und ich versuche, sie beim Wandern zu vermeiden (bzw. mache solche Touren nicht). Vielleicht bin ich so gesehen auch Komfortsüchtig?

Schokolade (Zucker) wird den Babies schon mit der Muttermilch, die ziemlich süss ist, zur täglichen, genussvollen Gewohnheit. Je älter man wird, desto schwieriger wird es von einer Gewohnheit wegzukommen. Aber ist es deshalb eine Sucht?
Für meine Tochter wurde Schokolade zur Sucht und sie macht  sogar gerade eine Therapie, da sie ohne (jetzt vorallem vegane) Schokolade eine Art Entzugsbeschwerden bekommt. 

Meine Gewohnheiten bereiten mir keine Entzugserscheinungen, aber ohne sie fehlt mir etwas im täglichen leben: mein Genuss!
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RE: Die Sucht und das Suchen
#41
16.07.2020, 16:44
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Ja, ich glaube, Sucht zeichnet vor allem aus, dass sie schädigt. Ich bin z. B. mit Sicherheit Kaffeeabhängig, aber der schädliche Faktor fehlt, Also ist das weder für mich noch für irgendwen anderen ein Problem, weil ich Kaffee sehr gut vertrage. Im Gegensatz zu z. B. Alkohol, das ein Zellgift ist,oder Nikotin, ist das schon eine sehr harmlose Abhängigkeit.

Noch jemand bekennende H2O Süchtige? Vitaminabhängige? Entzugserscheinungen, wenn über mehrere Tage keine Kalorien zugeführt werden?

xD
~ Nachad hobi no driabadramd ~


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RE: Die Sucht und das Suchen
#42
16.07.2020, 18:41
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Wann ist ein Verhalten Sucht?

Ich glaube wenn ein Verhalten hinterfragt werden soll, dann treten Nebenwirkungen ins Bewusstsein.

Ich habe früher öfters Alkohol getrunken, weil das in meinem sozialen Umfeld einfach normal war, damit die Anpassung durch kleine Ausbrüche zu regulieren. Das hat Jahre lang funktioniert, ohne dass es ein Problem gab. Irgendwann habe ich dann immer öfter Nebenwirkungen vom Alkohol trinken bekommen, so dass die Lust Alkohol zu trinken immer geringer wurde. Das führte dann dazu, dass ich fast gar nichts mehr trinke. Ich überlege mir immer gut, ob ich die Nebenwirkungen in kauf nehmen möchte. Da vergeht die Lust meist.

Erst später erkannte ich, dass mir Alkohol in früheren Jahren dazu diente Emotionen zu regulieren, vor allem um Dampf abzulassen und Euphorie zu erzeugen. Zu der Zeit wo die Nebenwirkungen entstanden, lernte ich meine Emotionen bewusster wahrzunehmen und auszudrücken. Es war also ein schleichender Übergang von einer Form der Selbstregulation zu einer neuen bewussteren Form. Und es konnte nur gelingen, weil ich ohnehin in einem Veränderungsprozess war, der mir die Möglichkeiten dazu gab.

Wenn ich heute auf meinen alten Freudeskreis schaue, die weiterhin jedes Wochenende trinken, dann denke ich manchmal oh man gut das ich das hinter mir habe. Manchmal habe ich sie abgewertet, weil ich mich für was besseres hielt, weil ich das ja nicht mehr brauche. Aber dann habe ich eine Wertschätzung für ihre Form der Regulation finden können, als ich erkannte: Sie sind darauf angewiesen. Ich erkannte das voller Demut. Es gibt  nichts zu verurteilen. 

Ich glaube man kann das Loslassen der Sucht nicht erzwingen, weil für einen Menschen auch einfach die Zeit reif sein muss, eine bewusstere Regulation zu finden. Daztu bruacht es Voraussetzungen, Umstände und genug Kraft. Deshalb kann man das nicht von Außen regulieren und sagen, dieser Mensch müsste sein Verhalten ändern. Da ist einer der was schädliches tut. Es braucht einen Zugang zu Ressourcen um die Regulation anderweitig vornehmen zu können. Und die ist nicht immer vorhanden. Solange diese nicht vorhanden ist, ist das Verhalten genau richtig. Es erfüllt einen Zweck.

Ja und wann ist ein Verhalten eine Sucht?

Ich würde sagen, wenn sie dir selbst lästig wird, dir schadet, anderen schadet. Wenn du selbst im Bestreben bist, dich verändern zu wollen. Manche Menschen leben ganz zufrieden mit ihrer Sucht, auch in Co- Abhängigkeitsverhältnissen. Es muss die eigene Einsicht und Kraft da sein, aus dem Verhalten auszubrechen und etwas neues zu erschaffen. Vorher macht das Aufgeben eines Verhaltens wenig Sinn, denn es hat ja eine Funktion. Diese Funktion wird, oft aber gar nicht gesehen, weil wir urteilend auf die Schädigung schauen, die ja oft auch entsteht.

Dabei sind ja die Chancen Süchte zu verändern, um ein vielfaches größer, wenn man die Funktion die die Sucht erfüllt mal voll anerkennt! Ihr wirklich dankt! Denn Süchte sichern unser Überleben. Zwar sind diese Überlebensstratgie manchmal obsolet geworden, aber irgenwann waren diese notwendig. Wer das einmal wertschätzen kann, der befindet sich bereits im Heilungsprozess der Sucht.

Und dann dann kann man diese evtl. bewusst auf eine günstigeren Strategie verschieben, einen Weg suchen sich das auf eine andere Weise zu geben, was man da braucht. Süchte regulieren uns ja oft im Außen. Wenn wir die Funktion der Sucht wieder verinnerlichen können, kann das äußere verhalten loslassen.

Nur ... und da kommt mein spirituelles Weltbild wieder ins Spiel, vieles von dem was wir als normal empfinden ist letztlich so eine im außen ausgeteragene Selbstgelulation, weil wir den Zugang zu unserem Selbst verloren haben. Diesen Zugang findet man ja nicht von heute auf morgen, weshalb die Süchte manchmal einfach so stehen bleiben müssen. Die absolute Freiheit von Süchten ist meiner Ansicht nach utoptisch.

In einem anderen Bewusstseinszustand musste ich mal ne ganze Woche nicht essen, nicht trinken und nicht schlafen. Wobei ich mich gezungen habe ab und zu mal nen Schluck zu trinken, weil ich Angst hatte ich bilde mir das ein und verdurste vielleicht doch. Es gab da einfach kein Ich mehr, welches noch essen oder schlafen musste. Da sah ich, dass diese Verhaltenseisen alle nur der Reglulation dienten und das unter diesen ein Teil untere Unbewusstheit begraben liegt.

Aber nur weil ich das erkannt habe, muss ich ja nicht gleich daraus die Idee machen, das Lichtnahrung und Ohne Schlaf sein zielführend gesund, weise und sprituell sei. Ich habe es einfach sehen dürfen, aber dann muss ich ja mit dem Menschen leben der ich in meinem Ich bin, sobald das Ich wieder auftaucht. Und für den ist das gar nicht unbedingt erstrebenwert, so zu leben. Und wenn ander Menschen auf Zucker, Kaffe, Alkohol etc verzichten, dann ist das deren Weg und vielleicht passt das zu ihrem Leben, aber ich denke man sollte keine Vergleiche anstellen und etwas anstreben was nicht zum eigenen Wesen passt.

Selbst wenn es jemand gäbe der nicht mehr essen bräuchte und damit 120 Jahre als wird, und eine tolle Energie hat, dann heisst das noch lange nicht, dass das für mich der Weg ist, der mich glücklich und gesund macht. Man muss den Blick den man nach Außen wendet wo man andere Mensche sieht, die irgenwas können, die vielleichten eine schlanken, muskulösen und fitten Körper haben der so und so ausssieht, abwenden und nach Innen schauen zu sich! Da kann man Gesundheit finden, nur da!


Alles anderes ist noch der Trübtraum indem man sich immer wieder verliert, dem man hinterher rennt.
Bedingungslose Selbstliebe ist das gesündeste was man sich gebeb kann. Gerade durch die Annahme meiner Fehler habe ich unglaublich viel gelernt, mehr als ich durch eine äußere angestrebte Perfektion lernen könnte. Deshalb gehören meine Süchte zu mir, solange sie bleiben wollen.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#43
23.07.2020, 15:34
Was auch eine Ursache für Süchte sein kann sind frühe Traumata. Hier mal ein Text über Entwicklungstraumata, der mein persönliches Trauma ganz gut beschreibt

http://traumaheilung.de/entwicklungstrau...69de1401fa

Auf Grund meiner Traumatisierung konnte ich mich sehr lange gar nicht selbstständig regulieren und war immer auf eine Person im Außen abgewiesen, die mir zb gut zuredete, mit Sicherheit und Schutz gab, oder auch durch die ich freudige Gefühle erst empfinden konnte. Ich brauche sehr viel Aufmerksamkeit. Durch meinen spirituellen Anspruch der Unabhängigkeit an mich, spreche ich mir dieses Bedürfnis nach Aufmerksamkeit auch oft ab, weil ich Unabhängig sein möchte. Aber im Grunde ist das wieder wenig mitfühlend, weil ich mir die Aufmerksamkeit die ich brauche noch nicht immer geben kann. Ich wünschte ich könnte, aber ich kann es noch nicht. Wer jedoch nie genug aufmerksamkeit erhalten hat, der fühlt sich auch immer schlecht wenn er mal welche einfordert, weil er ja denkt, dass sei verboten.

Da ich jetzt schon ein paar Jahre an dem Problem arbeite, um mir das möglichst selbst zu geben, was mir während der ganzen Kindheit gefehlt hat, ist es jetzt schon etwas besser geworden, aber ganz werde ich dieses Problem, dieses Trauma vielleicht nie auflösen können. Das ist schlimm, wenn man weiß, dass es nie ein Ende hat und man deshalb immer benachteiligt ist, den Menschen gegenüber die einfach frei leben können und nicht bei allem eine Hürde sehen. Ich habe mich lange Zeit so gefühlt, als sei ich dem Leben nicht gewachsen. Die kleinsten Herausforderungen waren Hürden, an denen ich gescheitert bin.

Suchtmittel sind für Menschen mit Traumata oft auch ein Ersatz für eine fehlende normale Entwicklung. Bei mir ist das auch so, dass mein "Window of Toleranz" wie im Text oben beschrieben, Glück fast nicht zulassen kann. Unter der Sucht zu Essen liegt der Wunsch nach Nähe und Kontakt mit einer sicheren Person, die mich erfreut. Aber das kann ich nicht machen. Ich bin Abhängig von der Reaktion des Gegenübers. Manchmal trifft man solche Personen, die einem das geben. Aber wie im Text beschrieben neige ich auch dazu, mir Leute zu suchen, die eben nicht sicher sind, so dass mir das Trauma immer wieder in der Reinzinierung begegnet. Manchmal war habe ich meine Erfahrungen dann auch wieder in ein sprirituelles Gewand gekleitet, nach dem Motto, nur wenn man mit sich allein sein kann, kann man das All-Eine sein, aber im Grunde bestätigt das ja auch wieder das traumatsierte Selbstbild, der permanenten Zurückweisung, die mir mein Leben lang passiert ist. 

Eine der wenigen sicheren Methoden um Glücksgefühle zu erzeugen ist für mich zu essen. Klar gibts andere Dinge die Glücklich machen können, aber die sind eben nicht sicher. Ich kann auch Glücksgefühle in der Meditation oder beim Radfahren haben, aber eben nicht sicher. Mal kommen sie und mal nicht. Oft wenn ich Handlungen wiederhole bleiben diese aus. Nur das Essen ist Sicher. Manchmal bin ich ziemlich hilflos, das alles aufzuarbeiten was in meinem Leben durch das Trauma zerstört wurde. Ist manchmal schwer das anzunehmen, und doch versuche ich das, weil ich keine andere Wahl habe.


Zitat:Wie Dami schreibt:

"Ich erlebe viele Menschen, die verzweifelt auf der Suche nach Gründen sind, warum bestimmte Dinge in ihrem Leben nicht funktionieren.

Ich war lange auf der Suche, was in meinem Leben schief gegangen ist oder warum bestimmte Dinge nicht funktioniert haben. Natürlich gibt es die offensichtlichen Ereignisse, wie Gewalt und Misshandlung. Aber es gibt auch die viel subtileren Dinge, die uns daran gehindert haben zu lernen und eine tiefgreifende Wirkung darauf haben, wie gut wir uns regulieren können, wie glücklich wir sein können, wie stressresistent wir sind."


Oft schauen wir bei Süchten nur an der Oberfläche, versuchen das schädliche Verhalten irgendwie abzustellen aber, manchmal sitzen die Ursachen so tief, dass die oberflächliche Verhaltensänderung nicht funktionieren kann. Deshalb war ich persönlich auch immer gegen verhaltenstherpeutische Interventionen, weil mir nur eine Tiefen- und Traumapsychologische Betrachtungsweise helfen konnte. Wenn überhaupt, denn manchmal kann man so schlimm das klingt nichts tun, außer zu akzeptieren dass man ein bestimmtes Problem hat.

Denn das was man in frühster Kindheit täglich verpasst hat, wie will man das aufarbeiten? Ich arbeite meist 24/7 an mir, aber manches ist nicht zu erlösen. Man kann das dann nur noch abtrauern, dass man es nie lösen kann. Manche Zeitfenster für Entwicklung schließen sich leider. Manchmal denke ich ich müsste wirklich neu geboren werden, in eine neue liebevolle Familie, um das aufzuarbeiten was in mir noch brach liegt.

Aber ich habe ja auch die andere Seite in mir, nämlich die spirituelle Seite, die in meiner Dunklelheit das Licht sehen kann. Dann denke ich wieder: Es ist niemald zu spät für eine glückliche Kindheit. Dann mache ich wieder Heilungserfahrungen. Dann kann ich sehen, dass meine größten Unzulänglichkeiten mir meine wichtigsten Erkenntnisse über mein Sein geliefert haben. Alles hat zwei Seiten. Das Trauma kann als Schatz angesehen werden, denn wer sowas erlebt hat, blickt einfach tiefer, als Menschen die ihr Leben immer an der Oberfläche lösen können.

Aber irgendwas bleibt leider immer gleich, dass man mit dem was man täglich leistet im Grunde von fast niemandem gesehen wird. Denn das was man als schwerst traumatisierter Mensch leistet können nur diejenigen sehen, die selbst diese schwerwiegenden Erfahrungen im Leben gemacht haben. Und so bleibt man von 99% der Menschen ungesehen, muss oft dopplet so hart arbeiten wie andere um normale Situationen zu bewältigen. Und damit hat sich wieder nichts verändert. Das macht das Gefühl des Traumas so unendlich. Nur dass man irgenwann zu sich selbst sagen kann, Ich sehe dich (mich). Und das ist toll wenn man das kann, und sich ein Stück weit die Abhängigkeit auflöst, aber es bleibt immer etwas das schmerzlich fehlt, ganz gleich wie viel Selbstfürsorge man erlernt hat.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#44
25.07.2020, 22:02 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2020, 22:04 von Bultungin.)
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Wann wird ein Verhalten zur Sucht?

Das finde ich auch eine total interessante Frage. Zum Einen hilft mir die Klassifikation durch das "Abhängigkeitssyndrom" im ICD 10:

  1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, ein Suchtmittel zu konsumieren
  2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums des Suchtmittels
  3. Eine körperliche spezifische Entzugssymptomatik bei Beendigung oder Reduktion des Konsums
  4. Nachweis einer Toleranzentwicklung: Um die ursprünglich durch niedrigere Mengen des Suchtmittels erreichten Wirkungen hervorzurufen, wurden zunehmend höhere Mengen der Substanz erforderlich
  5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen und Vergnügen zugunsten des Suchtmittelkonsums und/oder erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen
  6. Anhaltender, fortgesetzter Substanzgebrauch trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (körperlicher, psychischer und/oder sozialer Art).

Bei mir treffen alle Punkte außer Punkt 5 zu. Und die einzelnen Punkte zeigen auch ganz gut auf, worin die "Schädlichkeit" des Verhaltens und die "Extremität" liegen. Das unterscheidet beispielsweise auch jemanden, der mal ein Gläschen zu viel trinkt von jemandem, der das jeden Tag tut und vor allem tun muss, um auf ein bestimmtes Level des Wohlbefindens zu kommen.

Was ich auch noch wichtig finde: Bei Sucht findet vieles heimlich statt, weil eine Sucht schambesetzt ist - schließlich gibt sie über uns preis, dass wir uns in ihrer Hinsicht nicht beherrschen können, nicht disziplinieren können und nicht Herr unseres Verstandes sind. Das klassische Dilemma der Kreatürlichkeit des Menschen. An dieser Stelle übrigens eine Buchempfehlung von mir für alle, die mehr über Esssucht und Übergewicht erfahren wollen und zwar aus erster Hand:

"Weil ich ein Dicker bin" von Bertram Eisenhauer

Mich haut diese autobiographische Darbietung von Herrn Eisenhauer aktuell total um. Hart, ehrlich, zynisch, mal hoffnungsvoll und letztendlich nüchtern, realistisch ehrlich. Zumal er auch sprachlich auf den Punkt bringt, was Essproblematik und Übergewicht emotional mit einem macht, was es gesellschaftlich bedeutet, was es gesundheitlich bedeutet und und und. Besonders gut gefällt mir, dass das Ganze nicht oberflächlich bleibt, obwohl man es annehmen könnte wenn es um Übergewicht geht. Aber es ist so: Als nicht-schlanke Person bist du permanent mit dir selbst konfrontiert.
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RE: Die Sucht und das Suchen
#45
25.07.2020, 23:48
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Ab wann beginnt für dich "Übergewicht"?
~ Nachad hobi no driabadramd ~


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