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Auch kurze Texte können erbaulich sein

Auch kurze Texte können erbaulich sein
#1
24.03.2021, 12:14 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11.04.2021, 16:32 von Likeplacid. Bearbeitungsgrund: Das Wort "vor" entfernt, das Wort "man" hinzugefügt (Satz: Schopenhauer forderte...) )
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Wie groß kann ein Gedanke sein? Wie groß kann ein großartiges philosophisches System sein? Man sagt ja oft, Systeme seien in der Philosophie nicht mehr möglich, seit dem Siegeszug der Sprachphilosophie. Die Psychologie hat auch ihr übriges getan den Glauben an großartige philosophische Systeme zu vernichten

Philosophische Wahrheit sollte nicht weit entfernt sein von der Wahrheit an sich. Die findet man spontan mit dem gesunden Menschenverstand, oder etwas umständlich mit Hilfe von Theorien und Experimenten (in den Naturwissenschaften). 

Ich frage mich daher wieso es überhaupt noch dicke philosophische Bücher gibt. Und es gibt noch immer Leute, die glauben, dass sie diese dicken Bücher durchlesen müssen, um Bescheid zu wissen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: ich weiß nie über die Lehre eines "großen Philosophen Bescheid" (z.B. Kant) und zwar sinkt das Bescheid wissen rapide, je mehr ich von ihm lese. Denn es passt meistens gar nicht alles zusammen was er geschrieben hat, oder zumindest ergibt all dies nicht wirklich einen zusammenhängenden Sinn, von dem man sagen kann "Das habe ich vorher nicht gewusst." 

Schopenhauer forderte man soll die "Die vierfache Wurzel des zureichendes Grundes" lesen bevor man sich an sich an sein dicken Wälzer wagen darf. Das habe ich befolgt, aber es hat nichts gebracht. Er hat diese Forderung vermutlich nur aus Verbohrtheit aufgestellt. Jetzt kann er sich nicht wehren, er ist ja tot. Aber das muss man in Kauf nehmen, wenn man philosophische Bände in die Welt setzt.. 

Nietzsche forderte man soll "seinen Zarathrustra" zwei mal lesen (MINDESTENS), sonst könne man sich nicht als sein Schüler bezeichnen, oder was auch immer. 

Meine bescheidene Meinung ist: man kann sowohl Nietzsche wie auch Schopenhauer an irgendeiner Stelle anfangen zu lesen. Man versteht das meiste sofort und oftmals hat es eine wohltuende Wirkung. Eine solche Wirkung beim Leser zu erzeugen war aber vielleicht gar nicht deren Absicht. Ist mir aber egal.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#2
24.03.2021, 16:34 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24.03.2021, 16:35 von ichbinmehr.)
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Ich habe mich früher oft selbst abgewertet, weil ich die Meinung von mir hatte, dass ich zu wenig Bücher Wissen habe. Gerade im Bereich Philosophie habe ich null Ahnung von dem was andere Philosophen, für sich herausgefunden haben. Auf der Ebene der Philosophie kann ich nicht mitreden, weil meine Sprache naiv ist, weil ich mich nicht beziehe sondern selbst denke. Und doch würde ich mich als Philosophin betrachten. Genauso wie ich mich als Psychologin betrachten muss, auch wenn ich keine bin und mir sicher ganz viel Fachwissen fehlt.  Wenn man selber denken und fühlen kann, muss man nicht so viel lesen. Lesen muss ich immer dann, wenn ich Inspiration brauche weil ich keinen Zugang zu mir selbst habe. Manchmal lese ich eine Seite, klappe das Buch zu und dann schreibe 5 Stunden an einem eigenen Text. Wir sind es nur nicht gewohnt uns selbst zu würdigen, weshalb wir uns an anderen Menschen orientieren. Wenn wir lernen uns selbst zu würdigen, dann sind wir immer weniger von äußeren Autoritäten abhängig. Ich finde deine Texte oft sehr wertvoll. Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst deine Gedanken zu teilen.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#3
25.04.2021, 14:25
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Ich bin auch naiv. Wer nicht naiv ist, kann nicht philosphieren. Je länger die Philosophiegeschichte andauert, desto unwahrscheinlicher wird es einen Gedanken zu denken, den noch keiner gedacht hat. Und obwohl ich das weiß kommt es mir immer wieder so vor als würde ich was denken, was noch keiner gedacht hat.

Ich habe nur ein Mal ein philosophisches Werk bis zum Ende durchgelesen. Das war vor mehr als 30 Jahren. Ich  brauchte zum Durchlesen einige Wochen. Da ich sonst nicht so viele Bücher hatte und keine Lust hatte in die Leihbücherei zu gehen las ich es nochmals. Es war ein Buch von Ken Wilber, das er selbst nicht mehr gut findet. Ich fand es danach auch nicht mehr so gut, aber es hat mich tief geprägt. Es hat mir einen Zugang  in mehrere Denkwelten verschafft. Die Grundaussage des Buches ist ungefähr: alles Bewusstsein ist eins. Und zudem sind Geist und Materie eins. Wenn das wirklich so sein sollte, dann könnte man ja völlig den Boden unter den Füßen verlieren.  Jetzt bin ich aber ganz schön vom Thema abgekommen. Es sollte doch um kurze Texte gehen. Ich habe es hinzugefügt, damit keiner denkt ich hätte mein Leben lang nur einzelne Abschnitte von philosophischen Werken gelesen.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#4
25.04.2021, 17:22
[+] 2 User sagen Danke! Jenny_88 für diesen Beitrag
Ich interessiere mich sehr für Philosophie, kenne aber so gut wie keine philosophischen Werke.
Wie passt das zusammen? wink1 

Mich interessiert das Thema an sich, ich rede sehr gerne mit anderen Menschen über philosophische Gedanken, tausche mich aus, teile meine Meinung mit und lerne die Meinung des anderen kennen. Manchmal ändert sich dadurch meine eigene Meinung, manchmal auch nicht.
Dasselbe gilt für Bücher. Ich lese sie, schaue mir an, was ich aus diesem Büchern mitnehmen kann oder will und nehme diese Inhalte mit - manchmal nur für wenige Wochen, manchmal für ein ganzes Leben. Das hängt ganz davon ab, ob ich Meinungen, die ich habe, behalte oder noch einmal ändere.

Die Beschäftigung mit Philosophie bedeutet für mich nicht nur, sich Bücherwissen dazu anzueignen, sondern auch, sich selbstständig mit philosophischen Fragen auseinanderzusetzen, sich eine eigene (oftmals sogar von der Literatur völlig unabhängige) Meinung dazu zu bilden und diese Meinung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Und Philosophie bedeutet für mich auch mehr als nur die Beschäftigung mit besonders abstrakten Fragen (wenngleich die besonders abstrakten Fragen natürlich Teil der Philosophie sind wink1 ). Ich finde philosophische Literatur manchmal sehr hochtrabend und schwer verständlich formuliert, als wäre es etwas Erstrebenswertes, wenn nur ein kleiner Kreis aus Auserwählten meine Texte verstehen kann. Solche Texte lege ich, ehrlich gesagt, nicht selten genervt zur Seite. Natürlich möchte ich diesen Texten jetzt auf keinen Fall ihren philosophischen Gehalt absprechen, ich spreche ihnen lediglich die Eigenschaft ab, auf mich interessant zu wirken. grin 

Und ich bin keinesfalls der Meinung, dass Menschen wie Kant, Nietzsche und Rousseau den Fachbereich der Philosophie für sich gepachtet haben, sondern dass Philosophie noch viel weiter geht. Oft findet man Philosophie in den kurzen, leicht verständlichen Sätzen, ausgesprochen eben von jenen von Menschen, die man mit diesem Fachbereich vielleicht eher nicht in Verbindung gebracht hätte. So sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beispielsweise in seiner TV-Ansprache um Ostern 2020 herum: "Die Pandemie ist eine Prüfung unserer Menschlichkeit. Sie ruft das Schlechteste und das Beste in den Menschen hervor." Dieser Satz ist für mich hoch philosophisch, und ich denke heute, ein Jahr später, immer noch sehr häufig über diesen Satz nach.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#5
25.04.2021, 17:39
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Ich halte es da u.a. mit Sokrates. Die Philosophie findet auf dem "Marktplatz" statt bigwink
„Ein Ding zu werden, bedeutet ein Ding zu kennen.“
„Seine Form einzunehmen heißt, zu beginnen, seine Existenz zu begreifen.“
 Zitat aus Star Trek, Deep Space 9, S06E04 "Behind The Lines"


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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#6
25.04.2021, 23:35
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Es ist ja auch eine Sache über etwas zu reden und etwas zu leben. Rousseau zum Beispiel, der wurde in meiner Erzieherausbildung rauf und runter gekaut, denn er war wohl der erste Pädagoge, der das Kind nicht als kleinen Erwachsenen verstand, sondern als ein Kind das besondere Bedürfnisse hat. Dass Rousseau dann aber seine eigenen Kinder weggegeben hat, weil er mit denen nicht klar kam, sagt etwas über seine Glaubwürdigkeit als Pädagoge aus.

Was ich damit sagen will, jeder kann Theorien stricken. Für mich ist es wichtig, ob etwas auch konkret lebbar ist, ob man es auf den Boden bringen kann. Deshalb brauche ich paralleil zum philosophieren auch den Bezug zum einem eigenen Leben, wo ich konkret prüfe, ja erforsche, wie sich die Ideale die ich habe, konkret umsetzten lassen. Wie stehen meine Ideale im Bezug zu meinen konkreten Bedürfnissen? Manche Ideale musste ich verwerfen, weil sie schlicht unrealistisch waren.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#7
28.04.2021, 14:19 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.04.2021, 14:37 von Likeplacid.)
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(25.04.2021, 17:22)Jenny_88 schrieb: So sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beispielsweise in seiner TV-Ansprache um Ostern 2020 herum: "Die Pandemie ist eine Prüfung unserer Menschlichkeit. Sie ruft das Schlechteste und das Beste in den Menschen hervor." Dieser Satz ist für mich hoch philosophisch, und ich denke heute, ein Jahr später, immer noch sehr häufig über diesen Satz nach.

https://www.philomag.de/lexikon/utilitarismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Utilitarismus

(25.04.2021, 23:35)ichbinmehr schrieb: Was ich damit sagen will, jeder kann Theorien stricken. Für mich ist es wichtig, ob etwas auch konkret lebbar ist, ob man es auf den Boden bringen kann. 

Nicht jeder kann Theorien stricken. Ich z.B. kann es.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#8
30.04.2021, 10:21
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(25.04.2021, 17:22)Jenny_88 schrieb: So sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beispielsweise in seiner TV-Ansprache um Ostern 2020 herum: "Die Pandemie ist eine Prüfung unserer Menschlichkeit. Sie ruft das Schlechteste und das Beste in den Menschen hervor." Dieser Satz ist für mich hoch philosophisch, und ich denke heute, ein Jahr später, immer noch sehr häufig über diesen Satz nach.

devil Kann man eigentlich nicht mehr philosophieren ohne dass irgendjemand das C-Thema ins Spiel bringen muss? 

Ich werde mich der philosophischen Schule Steinmeiers vorerst nicht anschließen. Aber späte Bekehrungen auf dem Sterbebett können ja hin und wieder passieren.  devil

Im übrigen wünsche ich allen Kranken Besserung, so auch mir. Ich bin nämlich nicht ganz richtig im Kopf. 
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#9
30.04.2021, 11:19
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Zitat:Kann man eigentlich nicht mehr philosophieren ohne dass irgendjemand das C-Thema ins Spiel bringen muss?

Im C Thema ist alles enthalten und deshalb sehr fruchtbar. Zudem noch mit Erfahrugen verknüpft, die uns alle zur Zeit irgendwie betreffen, zu denen wir also einen emotionalen Bezug habe. Man ist mit ganz konkreten Bedürfnissen und auch mit Tabus konfrontiert, die man nicht theoretisch erdenken kann. Man kann über Emotionen nicht hinwegdenken. Sie werden sich dann melden. Die Konfrontation mit der Realität ist ein Lehrer für den Philosophen.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#10
30.04.2021, 15:29 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.04.2021, 15:37 von Jenny_88.)
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(30.04.2021, 10:21)Likeplacid schrieb: devil  Kann man eigentlich nicht mehr philosophieren ohne dass irgendjemand das C-Thema ins Spiel bringen muss? 

Ich werde mich der philosophischen Schule Steinmeiers vorerst nicht anschließen. Aber späte Bekehrungen auf dem Sterbebett können ja hin und wieder passieren. devil


Na ja, die Pandemie ist im Moment weltweit allgegenwärtig, und deshalb kommt das Thema auch immer wieder bei verschiedenen Anlässen auf den Tisch bzw. nimmt einen überproportionalen Platz in den Köpfen der Menschen ein. Ich kann jeden verstehen, der das Thema inzwischen nicht mehr hören kann, aber ich fürchte, es ist trotzdem unvermeidbar, immer wieder damit konfrontiert zu werden.



Aber ich hatte mit meinem Beitrag nicht die Absicht, den Fokus dieser Diskussion auf das Coronavirus zu lenken, sondern ich habe dieses Beispiel gewählt, um etwas anderes anschaulich zu machen: nämlich dass eben manchmal philosophisch sehr gehaltvolle Worte, vielleicht sogar die gehaltvollsten und einprägsamsten, aus dem Mund eines Menschen kommen, den man eigentlich so gar nicht in die Kategorie "Philosophie" einordnen würde. Warum sage ich "die gehaltvollsten und einprägsamsten"? Weil sie kurz, prägnant und nah am Leben sind. In meinen Augen hat Herr Steinmeier in einem einzigen, leicht verständlichen Satz - ob nun bewusst oder unbewusst - eine philosophische Wahrheit ausgesprochen: nämlich dass sich das wahre Selbst eines Menschen in Gefahren- und Krisensituationen zeigt, weil ich solchen Situationen alle Schichten abfallen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens über seine Persönlichkeit stülpt, die sich quasi um den wahren Kern legen und diesen verbergen. In diesem Kern liegen, völlig blank und ungeschminkt, die besten und schlechtesten Eigenschaften eines Menschen. Oft ist dieser Kern sogar so gut verborgen, dass der Betreffende selbst keinen Zugang mehr dazu hat, also seine eigenen besten und schlechtesten Eigenschaften gar nicht kennt. Die Schichten um diesen Kern herum aufrechtzuerhalten, kostet Energie, die wir aber in Krisen- oder Gefahrensituationen i. d. R. nicht mehr haben oder für andere Dinge aufwenden müssen/möchten. Salopp gesagt: Den Menschen ist es in einer solchen Situation schlichtweg egal, ob die anderen den wahren Kern der Persönlichkeit sehen können oder nicht. Die Masken, die man im Alltag trägt, spielen dann einfach keine Rolle mehr. Das alles sage ich übrigens völlig ohne Wertung: Menschen tun so etwas ja nicht im Bösen, sie tun es oftmals nicht einmal bewusst - sie tun es halt einfach.



Ich wette, wenn Herr Steinmeier jetzt meinen Beitrag lesen würde, würde er sich denken: "Was interpretiert sie da in meine Worte rein? glare Das war doch nur eine Osteransprache!" Hier geht es mir aber tatsächlich gar nicht so sehr darum, welche Gedanken er hatte, als er diesen Satz sagte, sondern um die Gedanken, die ich mir machte, als ich diesen Satz hörte. Und darum, dass mich solche Sätze wie dieser, die einfach so im Alltag fallen, oftmals viel mehr ins Nachdenken bringen und auch viel mehr berühren als die Aufsätze von Immanuel Kant, wenngleich ich auch ihn für einen herausragenden Philosophen halte.


(30.04.2021, 11:19)ichbinmehr schrieb: Die Konfrontation mit der Realität ist ein Lehrer für den Philosophen.


Oh ja, das ist wahr! Dem möchte ich gerne ausdrücklich zustimmen.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#11
30.04.2021, 21:33
[+] 1 User sagt Danke! ichbinmehr für diesen Beitrag
Zitat:nämlich dass sich das wahre Selbst eines Menschen in Gefahren- und Krisensituationen zeigt, weil ich solchen Situationen alle Schichten abfallen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens über seine Persönlichkeit stülpt, die sich quasi um den wahren Kern legen und diesen verbergen.

Das habe ich auch so erlebt. Glaubst du dass man den Kern ohne Krisensituation erreichen kann?
Bei mir verdichten sich die Schichten um den Kern immer wieder.
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#12
01.05.2021, 02:23
Ich verbiete hiermit weitere Diskussion zum C-Thema in diesem Thread.  wall
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#13
01.05.2021, 10:28
[+] 1 User sagt Danke! Jenny_88 für diesen Beitrag
Zitat:Ich verbiete hiermit weitere Diskussion zum C-Thema in diesem Thread.  wall


Puh, da bin ich aber froh, dass ich mir von niemandem den Mund verbieten lassen muss! grin grin grin 
Außerdem bist du es doch, der das Thema hier immer wieder auf das Coronavirus lenkt, während ich über den wahren Kern des menschlichen Selbst reden möchte ... augenroll


Zitat:Das habe ich auch so erlebt. Glaubst du dass man den Kern ohne Krisensituation erreichen kann?

Bei mir verdichten sich die Schichten um den Kern immer wieder.


Ich bin fest davon überzeugt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. happy 

Ich denke, Krisensituationen gehören zu den schnellsten Methoden, diesen Kern freizulegen, aber leider auch zu den schonungslosesten und grausamsten.

Eine andere Methode, den Kern freizulegen, ist meiner Meinung nach die Arbeit an sich selbst: Dies setzt erst einmal voraus, dass man bereit ist, sich selbst zu 100 % anzunehmen, so wie man ist. Denn wenn man in der Lage ist, sich selbst vollständig anzunehmen, dann ist man auch bereit, auf den eigenen Kern draufzuschauen. Andernfalls wird man seinen Kern niemals in seiner Gänze erkennen, weil man immer wieder dazu neigen wird, Teile davon zu verleugnen, sich schönzureden oder ähnliches. Nehmen wir als Beispiel einen Menschen, der vor vielen Dingen im Leben Angst hat, aber gerne mutig wäre. Seine Ängste sind ein Teil dieses Kerns, doch weil er nicht zu seinen Ängsten steht bzw. diesen Teil von sich nicht annehmen kann, wird er sich nicht nur gegenüber seinen Mitmenschen mutiger geben als er wirklich ist, sondern er wird sich auch selbst mit der Zeit einreden, dass er keine Ängste hat - und das wirklich glauben. Wenn dieser Mensch sich nun entschließt, auf seinen Kern zu schauen, wird es ihm durch lange und harte Arbeit an sich selbst und Persönlichkeitsentwicklung bestimmt gelingen, zum Teil auf seinen Kern zu stoßen, d. h. er wird Dinge über sich erfahren und lernen, die er vorher nicht wusste. Und das ist auch schon sehr wertvoll. Aber die Angst wird er möglicherweise niemals entdecken, weil er sie nicht sehen will, weil er einfach nicht bereit ist, ihren Anblick zu ertragen. Wenn der gleiche Mensch hingegen seine Innenschau mit dem Ansatz vollzieht, dass er sich selbst zu 100 % akzeptieren wird, dann wird er völlig neutral auf seinen Kern schauen, und dann wird es ihm auch gelingen, seine Angst anzuschauen und erst einmal einfach nur zu akzeptieren, dass sie da ist. Nachdem dieser Schritt vollzogen ist, kann er dann immer noch entscheiden, was er mit dieser Angst machen möchte: Er könnte sich zum Beispiel dazu entscheiden, seine Angst liebevoll anzunehmen, denn sie ist nicht nur ein Teil von ihm, sondern sie ist Teil eines jeden Menschen. Angst hat sehr wichtige Funktionen, sie hat über alle Evolutionsstufen hinweg unser Überleben gesichert. Möglicherweise könnte er auch erkennen, dass Angst und Mut einander nicht ausschließen, d. h. dass man im Leben Angst haben, aber trotzdem sehr mutig sein kann. Mut bedeutet ja schließlich nicht die völlige Abwesenheit von Angst, ganz im Gegenteil. Meiner Meinung nach wäre Mut ohne Angst nicht möglich, denn Mut ist die Überwindung von Angst, und wie will man etwas überwinden, was gar nicht da ist? In seinem Kern wird er allerdings nicht einfach nur die Angst selbst finden, sondern auch den Ursprung seiner Angst. Vielleicht wird er sich auch dazu entschließen, an seiner Angst zu arbeiten und sie aufzulösen, indem er an ihrem Ursprung arbeitet. Er könnte entscheiden, seinen Kern (oder zumindest diesen Teil seines Kerns) künftig nicht mehr zu verstecken, sondern seinen Mitmenschen offen zu zeigen. Oder er entschließt sich, diesen Kern weiterhin vor seinen Mitmenschen zu verbergen, aber dann tut er es immerhin bewusst, aus einem ganz bestimmten und möglicherweise auch sinnvollen Grund heraus, denn nicht immer ist es ratsam, jedem seinen Kern zu zeigen.  wink1 Doch er selbst weiß um seine Existenz und Beschaffenheit, und dieses Wissen gibt ihm ein ganzes Stück Kontrolle über die Schichten zurück, die diesen Kern umschließen.

Wichtig ist mir an dieser Stelle noch zu sagen: Diese Methode, den eigenen Kern freizulegen, kann man nur selbst durchführen, niemand anderes kann das für einen tun. Natürlich können andere Menschen oder auch Situationen den Anstoß dazu geben, sie können auch unterstützen, aber die Arbeit an sich (also die Entscheidung, sich selbst zu 100 % zu akzeptieren, vollkommen ehrlich auf seinen Kern zu schauen und dann damit zu arbeiten) leistet man im Grund selbst, und sie kann nur dann gelingen, wenn man diese Arbeit auch wirklich aus tiefstem Herzen leisten will.

Das ist meine Meinung dazu, wie ist deine Meinung? happy
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#14
01.05.2021, 10:53 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.05.2021, 10:59 von Likeplacid.)
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Aus der Sicht der Herrschenden sind diejenigen Bürger die Besten, die alle Vorschriften und Verbote befolgen. 

Wenn ein Herrschender einen Bürger als gut bezeichnet, dann wohl am ehesten einen solchen Bürger der immer und unter allen Umständen folgsam ist.  

Wenn ein Herrschender einen Bürger als schlecht bezeichnet, dann wohl am ehesten einen solchen Bürger, der gelegentlich oder ständig nicht folgsam ist. 

Das Beste am Bürger ist, aus Sicht der Herrschenden,  also seine Folgsamkeit.

Falls jemand nicht weiß worauf sich das bezieht, weil er den Thread nicht verfolgt hat: Es bezieht sich auf das Steinmeier - Zitat "Die Pandemie ist eine Prüfung unserer Menschlichkeit. Sie ruft das Schlechteste und das Beste in den Menschen hervor."
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RE: Auch kurze Texte können erbaulich sein
#15
01.05.2021, 11:23
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Zitat:Aus der Sicht der Herrschenden sind diejenigen Bürger die Besten, die alle Vorschriften und Verbote befolgen. 

Wenn ein Herrschender einen Bürger als gut bezeichnet, dann wohl am ehesten einen solchen Bürger der immer und unter allen Umständen folgsam ist.  

Wenn ein Herrschender einen Bürger als schlecht bezeichnet, dann wohl am ehesten einen solchen Bürger, der gelegentlich oder ständig nicht folgsam ist. 

Das Beste am Bürger ist, aus Sicht der Herrschenden,  also seine Folgsamkeit.


Das ist ein sehr interessanter Punkt.
Ich gebe zu, das war zwar nicht der Gedanke, den ich hatte, als ich Herrn Steinmeiers Satz hörte, aber höchst interessant finde ich diesen Gedanken trotzdem. Denn bei mir werfen deine Worte gerade die Frage auf: Wer definiert, was gut und schlecht ist? Und wer definiert somit, welche Eigenschaften im Kern eines Menschen zu den besten und zu den schrecklichsten gehören?

Um bei deinem Beispiel mit dem Herrschenden und den Bürgern zu bleiben:

Die Nicht-Folgsamkeit ist aus Sicht des Herrschenden natürlich schlecht, denn aus Sicht des Herrschenden haben die von ihm aufgestellten Gesetze einen Grund. Er hat diese Gesetze möglicherweise zum Schutz aller seiner Bürger aufgestellt, und es sind schließlich die Gesetze, die eine Gesellschaft zusammenhalten und das Land vor dem Chaos einer Anarchie bewahren.

Aus Sicht des Bürgers hingegen ist gelegentliche Nicht-Folgsamkeit etwas Gutes, weil er erkannt hat, dass manche Gesetze ihn nicht schützen, sondern ihm und/oder anderen Mitbürgern schaden. Und es zeugt von Verstand und Mündigkeit, nicht alles bedingungslos hinzunehmen, was der Herrschende beschließt, sondern es kritisch zu hinterfragen.

Wer hat Recht?
Und wer entscheidet, wer Recht hat?

Eine Charaktereigenschaft, die für einen Menschen wunderschön ist, kann in den Augen eines anderen Menschen schrecklich sein. Beide haben ihren Standpunkt, sie sind beide fest überzeugt von ihrem Standpunkt, beide haben ihre Gründe, warum sie diesen Standpunkt für sich gewählt haben. Für beide ist ihr jeweiliger Standpunkt also der Richtige.
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